Ärger um Sonnenblumen in SülzHobbygärtner gegen Kölner Stadtverwaltung

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Sonnenblumen führen im Kölner Stadtteil Sülz zu Problemen.

  • Die XXL-Blumen sind eine besondere Sorte, vom Viertelsbewohner Walter Hoischen über Jahre liebevoll für die Beete im öffentlichen Raum in Köln-Sülz gezüchtet.
  • Doch in diesem Jahr erlebte der Sülzer Guerilla-Gärtner eine böse Überraschung.
  • „Ich wünsche mir einfach mehr Wertschätzung“, betont er.

Sülz – Was die Kirschbäume für Japan bedeuten, sind die Sonnenblumen für Sülz. Wenn die Tage warm und lang werden, leuchten die goldgelben Blüten entlang der Euskirchener Straße, jedes Jahr wieder. Die Viertelsbewohner freuen sich darauf, Menschen aus anderen Stadtteilen kommen, um sie zu besichtigen und ihre Samen sind heiß begehrt. Mittlerweile haben sie die Reise in die weite Welt angetreten. Die „Sülzer Riesen“ wachsen in England, Schweden und Norwegen. Sonnenblumen-Fans haben Samen in die USA geschmuggelt und nach Australien verschickt.

Denn die XXL-Blumen sind eine besondere Sorte, vom Viertelsbewohner Walter Hoischen über Jahre liebevoll für die Beete im öffentlichen Raum des Viertels gezüchtet. Doch in diesem Jahr erlebte der Sülzer Guerilla-Gärtner eine böse Überraschung: Gerade hatte er die Baumscheibe an der Ecke Euskirchener Straße, Sülzburgstraße mit Setzlingen bestückt, da rückte ein Bagger an und machte das Beet wieder platt. Im Auftrag der Stadt grub der Arbeiter es vollständig um, entfernte den Humusboden und füllte die Baumscheibe mit steiniger Erde.

Das Amt für Landschaftspflege und Grünflächen möchte dort einen Baum setzen, wie Joachim Bauer, stellvertretender Amtsleiter, bestätigt: „Dort wird ein Zierapfel gepflanzt. Das soll bis zum 16. Mai erfolgen.“ Anwohner hätten sich den Baum gewünscht. Die steinige Erde sei das Baumsubstrat, da es optimale Bedingungen für das Anwachsen von Bäumen biete. Die Lavasteine seien das Stützkorn und sorgten für Sauerstoff- und Wasserhaltung.

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Hoischen hat nichts gegen den Baum, ärgert sich aber darüber, dass er nicht über das Vorhaben informiert wurde, bevor er Zeit, Arbeit und Pflanzen investierte. „Ich wünsche mir einfach mehr Wertschätzung“, betont er. Schließlich sind er und sein Projekt der Stadtverwaltung bekannt. Bereits im Jahr 2007 begann er, eben genau an der Ecke der Euskirchener Straße die ersten Sülzer Sonnenblumen zu pflanzen, in die baumlose festgefahrene Baumscheibe, die bislang Müllplatz und Hundepissoir war. Im Laufe der Zeit bepflanzte Hoischen immer mehr brachliegende Baumbeete. Mittlerweile sind es sieben Stellen an der Euskirchener Straße. Inzwischen hat er von der Stadt auch offiziell die Patenschaft für die Beete übernommen.

In Weiden, am Eifelplatz, in Klettenberg und in der Südstadt kümmert er sich ebenfalls um Grün im öffentlichen Raum. Hoischen entfernt die Steine, von denen es in der Erde seiner Meinung nach viel zu viele gibt, und reichert sie mit Pflanzenerde an. Die zusammengeklaubten Steinbrocken verwendet er, um Gabionen als Sitzmöglichkeiten zu bauen.

Walter Hoischen ist bekannt als passionierter Stadt-Gärtner.

Walter Hoischen ist bekannt als passionierter Stadt-Gärtner.

Sie werden oft genutzt, gerade dort wo Bänke fehlen, in Sülz gerne auch von älteren Menschen, die auf dem Weg zum Markt eine Pause einlegen.

Doch die Stadtverwaltung hat ihn aufgefordert, sie wieder abzubauen. Laut Hoischen vor allem aus einem Grund: „Weil ich nicht gefragt habe, ob ich sie aufstellen darf“, schildert er. Und auch sonst kämpft er mit den Verboten der Behörde: „Mein Traum war es, die Euskirchener Straße als Weg zum Auerbachplatz mit Obstbäumen zu bepflanzen“, erzählt er.

Doch der erste kleine Versuch, ein Feigenbaum in einer Baumscheibe, wurde von der Stadtverwaltung wieder zunichte gemacht. Sie entfernte die Pflanze, ebenso wie einen weißen Flieder, den Nachbarn gepflanzt hatten. Auch die Kirschbäume, die Hoischen an der Palanter Straße in die Beete gesetzt hatte, mussten im vergangenen Jahr städtischen Gingko-Bäumen weichen, weil die Verwaltung die Entscheidung, wo welcher Baum stehen soll und die Pflege nicht den Bürgern überlassen möchte. Hoischen befürchtet, dass sie in seinem Fall eine „Salamitaktik“ verfolgt. „Ich habe Angst, dass sie mir nun auch die Baumscheibe gegenüber wegnehmen und vielleicht irgendwann verbieten, die Sonnenblumen zu pflanzen“, sagt er.

„Es gibt aber auch Grenzen”

Doch die Verwaltung weist derartig Pläne von sich: „Selbstverständlich fördern wir Baumpatenschaften und begrüßen es natürlich, wenn beispielsweise Sonnenblumen ausgesät werden“, betont Joachim Bauer. „Es gibt aber auch Grenzen, beispielsweise wenn der Verkehr durch eingebrachte Gegenstände behindert oder der Baum beschädigt wird.“

Hoischen wünscht sich hingegen mehr Spielraum für engagierte Bürger: „Die Verwaltung hat ein antiquiertes und autoritäres Bürgerbild“, findet der Aktivist. Sie würde auf die Einhaltung der Ordnung pochen, um ihrer selbst willen, ohne die Bürger mit ihrem Engagement einzubinden. Dabei habe sich die Stadt das Label „Essbare Stadt“ auf die Fahnen geschrieben. Es sei an der Zeit, das auch umzusetzen. Hoischen verweist auf andere Städte, die insoweit zum Vorbild taugten, wie Andernach. Dort blühen im gesamten Stadtgebiet Nutzpflanzen, die die Bürger pflegen und deren Früchte sie auch ernten dürfen. Hoischen träumt von etwas ähnlichem, dass auch sein Heimatviertel essbar wird.

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