Abo

„Ich dachte, ich sterbe jetzt“Fehde zwischen zwei Familien in Köln endet mit Haftstrafen

Lesezeit 3 Minuten
amtsgericht

Der Prozess wurde vor dem Amtsgericht in Köln verhandelt.

Die Tochter eines der Angeklagten war in das andere Lager einer verfeindeten Familie gewechselt.

„Ich dachte, das war’s, ich sterbe jetzt“, sagte ein 59-jähriger Mann, als er am Freitag im Kölner Amtsgericht den Angriff schilderte, dem er und seine Frau im Herbst 2019 ausgesetzt waren. „Das war der Horror“, berichtete die 61-Jährige im Zeugenstand.

Der gefährlichen Körperverletzung angeklagt waren zwei Brüder und ein dritter Mann, gegen den das Verfahren allerdings abgetrennt wurde, weil er nicht vor Gericht erscheinen konnte. Nach einem Rechtsgespräch legten die beiden Männer, 44 und 47 Jahre alt, über ihre Verteidiger ein weitgehendes Geständnis ab, sodass etliche Zeugen nicht gehört werden mussten.

Köln: Streit eskalierte vor einem Restaurant in Buchheim

Grund der brutalen Attacke an Allerheiligen war eine Fehde zwischen verfeindeten Familien. Eine Tochter des 44-jährigen Angeklagten war auf die andere Seite gewechselt. Noch immer empfindet er es so, als wäre sie ihm von der anderen Familie, zu der die angegriffenen Eheleute gehören, entzogen worden.

Alles zum Thema Amts- und Landgericht Köln

In der Nähe eines Restaurants in Buchheim eskalierte der Streit. Die Brüder, die einen Jungen zum Auskundschaften vorgeschickt hatten, verließen das Lokal und steuerten auf den Renault zu, in dem das Ehepaar saß. Sie rissen die Türen auf und begannen, die Opfer mit Schlägen zu traktieren. Der Anklage zufolge würgte einer der Täter den Mann mit einem Kabel. Auch ein Messer sei im Spiel gewesen, sagte der Zeuge.

Köln: Zeuge filmte Auseinandersetzung aus seinem Auto

„Stirb, du Sau“, habe der jüngere Täter gesagt, und der ältere habe ihn angefeuert: „Stich ihn ab!“ In der Anklage heißt es, ein Angeklagter habe der Frau, als sie schließlich neben dem Auto stand, mit einer ausholenden Beinbewegung einen so heftigen Tritt versetzt, dass sie hingefallen sei. Dieser Moment ist auf einem Video zu sehen, das ein Unbeteiligter aus einem gegenüber geparkten Wagen mit seinem Smartphone gemacht hat.

Wie unversöhnlich sich die Parteien gegenüberstehen, zeigte sich auch im Gericht. In einer Pause gerieten Prozessbesucher im Flur aneinander, Geschrei entstand, der Vorsitzende Richter betätigte den Notruf, und Justizwachtmeister stürzten herbei, um die Kontrahenten zu trennen.

Das Schöffengericht mochte in seiner Bewertung nicht so weit gehen wie die Staatsanwältin, die das Würgen als eine „das Leben gefährdende Behandlung“ eingestuft hatte. Den nicht vorbestraften 47-jährigen, dem es eine günstige Sozialprognose bescheinigte, verurteilte es zu acht Monaten Haft, die es zur Bewährung aussetzte. „Ich habe die Kontrolle verloren, ich habe so etwas noch nie gemacht“, hatte er nach dem Plädoyer seines Verteidigers gesagt.

Der jüngere Bruder ist unter anderem wegen Betrugsdelikten vielfach vorbestraft und hat die Tat unter laufender Bewährung begangen. Unter Einbeziehung früherer Strafen verhängte das Gericht gegen ihn eine Sanktion von einem Jahr und vier Monaten ohne Bewährung. Auch er hatte in seinem Schlusswort beteuert, das Geschehen tue ihm leid. Er habe sich verändert und gehe nun einer geregelten Arbeit nach. Gleichwohl klang der große Groll an: „Die haben mir die Tochter weggenommen. Es gibt keinen Kontakt mehr.“

KStA abonnieren