Der Prozess um eine Drogenfahrt im ICE brachte ein Scharmützel zwischen Verteidiger und Staatsanwalt mit sich.
„Hinterhältige Aktion“Kölner Verteidiger attackiert Staatsanwalt bei Drogen-Prozess
Ein Drogenkurier aus den Niederlanden muss für dreieinhalb Jahre ins Gefängnis – Zollfahnder hatten den Mann im Bereich Köln-Mülheim mit einem Kilogramm Kokain im ICE erwischt. Beim Prozess vor dem Kölner Landgericht gab es Streit um vorhandene Chat-Protokolle. Verteidiger Markus Haupt sprach von einer möglichen „hinterhältigen Aktion“ der Staatsanwaltschaft.
Köln-Mülheim: Mit einem Kokain-„Geschenk“ im ICE
Auf der Anklagebank saß ein gelernter Elektriker aus Rotterdam. Er berichtete von Mietschulden und seiner schwangeren Freundin, weshalb er einen zwielichtigen Bekannten, mit dem er in seiner Stammkneipe manchmal Billard spiele und Bier trinke, um finanzielle Hilfe gebeten habe. Um den Rauswurf aus seiner Wohnung zu verhindern, habe er 1400 Euro gebraucht, sagte der 30-Jährige.
Der Bekannte, ein Drogendealer, habe ihm das Geld aber nicht leihen wollen. Er sollte es sich mit einem „Job“ verdienen. Der sah vor, Drogen von Holland über die Grenze nach Deutschland zu transportieren. Der Angeklagte erhielt vergangenen September zwei Geschenkpakete, eins mit Parfüm, eins mit dem Kokain, und verstaute diese in einem Koffer. Dann setzte er sich in den Zug.
Alles zum Thema Amts- und Landgericht Köln
- Urteil Richter nennt Schockanruf bei 93-jähriger Leverkusenerin „ekelerregend“
- Urteil am Kölner Gericht Komplize von Thomas Drach muss lange ins Gefängnis
- Weiberfastnacht auf der Uniwiese Kölner wurde das Ohr abgebissen –Täter äußert sich beim Prozess
- Nach Farbattacke Nächster Anschlag auf das Kölner Landgericht – diesmal stank es bestialisch
- Von co/pop bis FC-Endspiel Was diese Woche in Köln wichtig wird
- Prozess Schockanrufe in Leverkusen sollen Täterin siebeneinhalb Jahre in Haft bringen
- Verletzte sagt zu Prozessauftakt aus Augenzeugin schildert Rocker-Hinrichtung in Köln
Kölner Zollfahnder fanden Drogen-Block im Gepäck
In Köln kontrollierten drei Zollfahnder den Reisenden, der ihnen offenbar verdächtig vorkam. „Ich möchte meine Familie in Frankfurt besuchen“, sagte der Mann, doch die Beamten ließen sich nicht davon abbringen, die „Geschenke“ zu untersuchen. Sie öffneten an einem Paket zunächst leicht die Verpackung und entdeckten den Kilo-Block Kokain, nochmals umwickelt mit Frischhaltefolie.
Dem Richter erklärte der Beschuldigte, von einer Haschisch-Lieferung ausgegangen zu sein. Der Staatsanwalt zweifelte das an und verwies auf die Auswertung von Chat-Protokollen, in denen von Kokain zumindest die Rede war. Auch zeigten diese, dass es wohl nicht das erste Drogendelikt des Beschuldigten sei. Das Problem: Verteidiger und Richter kannten die Auswertung gar nicht.
Kölner Verteidiger geht auf Staatsanwalt los
Der Staatsanwalt hatte die neuen Dokumente am Prozesstag überreicht. Verteidiger Haupt zeigte sich erbost darüber, dass die Einlassung des Angeklagten abgewartet wurde, um erst dann explizit auf die neuen Beweismittel hinzuweisen. „Die Rechte der Verteidigung wurden beschränkt“, sagte der Anwalt. „Ich habe hier nichts hinterhältig aus der Tasche gezogen“, entgegnete der Staatsanwalt.
Der Ankläger verwies darauf, das Dokument dem Richter vor Verhandlungsbeginn übergeben zu haben. Doch der hatte der Auswertung nach dem Hinweis, sie sei nicht tatrelevant, offenbar keine Bedeutung zugesprochen. Ins Gewicht fielen die Chats im Urteil dann auch nicht. Der Richter hob sogar den Haftbefehl auf. Der Täter darf gegen Zahlung von 2000 Euro zu seiner schwangeren Freundin, kann später in Holland die Haft antreten.