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Fall von 94-jähriger KölnerinPetition gegen Mietkündigungen im Alter erreicht Berlin – 60.000 Unterschriften

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Die Eigenbedarfskündigung, die Paula Hilsemer (heute 95) an Heiligabend 2024 erhielt, war der Auslöser für eine Petition, die jetzt den Bundestag erreicht.

Die Eigenbedarfskündigung, die Paula Hilsemer (heute 95) an Heiligabend 2024 erhielt, war der Auslöser für eine Petition, die jetzt den Bundestag erreicht.

Die Petition gegen die Kündigung von über 65-jährigen Mietern haben mehr als 60.000 Menschen unterzeichnet. Jetzt hat Initiator Kalle Gerigk sie in Berlin übergeben.

Der Fall der seinerzeit 94-jährigen Kölnerin Paula Hilsemer, die nach 70 Jahren als Mieterin wegen Eigenbedarfs gekündigt worden war, sorgte bundesweit für Schlagzeilen. Mithilfe des Kölner Aktivisten Kalle Gerigk hatte Hilsemer sich gegen die Klage gewehrt – auch dank öffentlichen Drucks nahm die Vermieterin schließlich Abstand von ihrer Forderung. Gerigk, der selbst vor Jahren zwangsgeräumt worden war und dadurch über Köln hinaus Bekanntheit erlangte, nahm den Fall der heute 95-Jährigen zum Anlass für eine Petition: Die Forderung, dass Menschen ab 65 Jahren nicht mehr gekündigt werden dürfe, unterschrieben binnen weniger Wochen mehr als 60.000 Menschen. Am Montagnachmittag hat Gerigk die Petition vor dem Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz in Berlin übergeben.

Wohnen ist ein Menschenrecht, niemand sollte aus seiner Wohnung verdrängt werden, nur weil jemand anderes Anspruch auf Eigenbedarf erhebt
Kalle Gerigk, Kölner Miet-Aktivist

Gerigk begründet die Petition mit eingeschränkten Möglichkeiten von Menschen im Alter – das betreffe sowohl die Finanzen wie die Mobilität. Eine Eigenbedarfskündigung bedeute für viele ältere Menschen den Verlust ihres vertrauten Umfelds, ihrer sozialen Sicherheit und Lebensqualität. „Das ist so nicht hinnehmbar.“ Die Petition begreift er nur als „ersten wichtigen Schritt hin zu einem generellen Verbot von Eigenbedarfskündigungen“. Wohnen sei ein Menschenrecht, „niemand sollte aus seiner Wohnung verdrängt werden, nur weil jemand anderes Anspruch auf Eigenbedarf erhebt“, sagt der Kölner Mieter-Aktivist.

Kalle Gerigk wurde bekannt, als er selbst zwangsgeräumt werden sollte.

Kalle Gerigk wurde bekannt, als er selbst zwangsgeräumt werden sollte.

So weit geht die Petition nicht. Die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner fordern eine Überarbeitung des Mietrechts, um ältere Menschen besser zu schützen, sowie eine verstärkte Förderung altersgerechten und barrierefreien Wohnraums. Paula Hilsemer hatte die Eigenbedarfskündigung im vergangenen Jahr an Heiligabend erhalten. Der Kölner Mieterverein hatte die Klage als mutmaßlich „nicht hinnehmbaren Härtefall“ eingeschätzt. Die Vermieterin hatte schließlich auf einen Gerichtsentscheid verzichtet.

Paula Hilsemer, die im Sommer ihren 95. Geburtstag feierte, sagt: „Ich danke allen, die mich unterstützt und die Petition unterschrieben haben. Ohne euch hätte ich mein Zuhause verloren. Ich wünsche mir, dass kein Mensch mehr das durchmachen muss, was ich erlebt habe.“

Wenn Petitionen binnen sechs Wochen mindestens 30.000 Unterschriften erhalten, werden sie vom Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags beraten. Gerigks Forderung nach einem Verbot von Eigenbedarfskündigungen an ältere Menschen hatte die Schwelle überschritten.