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Kölner Drehbuchautor„Bei einer Komödie sollte immer ein bisschen Schmerz dabei sein“

4 min
Gespräch mit Drehbuchautor und Regisseur Sathyan Ramesh zu seinem neuen Film „Nächte vor Hochzeiten“ am 9. August in der ARD.

Gespräch mit Drehbuchautor und Regisseur Sathyan Ramesh zu seinem neuen Film „Nächte vor Hochzeiten“ am 9. August in der ARD.

Sathyan Ramesh spricht über sein Drehbuch zum ARD-Film „Nächte vor Hochzeiten“, über Köln und was für ihn eine gute Geschichte ausmacht.

Ob es nun ein gutes Timing ist oder nicht – darüber hat sich Drehbuchautor Sathyan Ramesh keine Gedanken gemacht. „Nächte vor Hochzeiten“ wird am 9. August im Ersten ausgestrahlt – mitten in der Heiratssaison. Wer den Film sieht, könnte aber ins Grübeln geraten: Habe ich wirklich die richtige Person an meiner Seite? Soll das wirklich der Lebenspartner sein – für immer und ewig? Mély (Seyneb Saleh) und Paul (Anton Spieker) treffen sich zufällig vor einer Karaokebar und feiern ihren jeweiligen Junggesellenabschied. Als ein Mann Pauls Freund rassistisch beleidigt, geht eine Prügelei los.

Dabei werden Mély und Paul verletzt und müssen in die Notaufnahme. Sie lernen sich kennen, finden sich gut und verlieben sich. Das bringt ihr Leben durcheinander. „Dass sich zwei, die andere heiraten sollen, verlieben, fand ich eine reizvolle Idee“, sagt Ramesh über sein Drehbuch zum Film (Regie: Ingo Rasper). Wir treffen den 57-Jährigen in einem Café am Brüsseler Platz. Er kommt gerne her, in der Kirche Sankt Michael hat er vor 13 Jahren selber geheiratet. Einen Junggesellenabschied, kurz JGA, hatte er jedoch nicht, auch habe er noch nie an einem teilgenommen, verrät er.

„Nächte vor Hochzeiten“: Sathyan Ramesh kann Bedeutung von JGAs verstehen

Der Hype um die JGAs, der durch Hollywoodfilme wie „Hangover“ ausgelöst wurde, scheint ihm aber gerechtfertigt. „Seit ich verheiratet bin, fühlt sich meine Beziehung vollkommen anders an und ich kann nicht festmachen, was das ist. Vielleicht war es das sich ‚einander zu versprechen‘ vor all den Menschen. Damit hatte ich nicht gerechnet, wir waren immerhin vorher schon 15 Jahre zusammen. Den Abschied also groß zu begehen, finde ich vollkommen angemessen“, sagt Ramesh. Der Kölner schreibt seit über 20 Jahren Bücher für Film und Fernsehen, führte punktuell auch Regie, zum Beispiel bei „Schöne Frauen“ von 2004, einem Roadmovie unter anderem mit Julia Jäger und Ina Müller.

Seyneb Saleh (r.) und Anton Spieker (2.v.l.) spielen Paul und Mély. Die beiden treffen sich auf ihren JGAs zufällig vor einer Karaokebar und verlieben sich.

Seyneb Saleh (r.) und Anton Spieker (2.v.l.) spielen Paul und Mély. Die beiden treffen sich auf ihren JGAs zufällig vor einer Karaokebar und verlieben sich.

Zuletzt schrieb er die Bücher für „Endlich Witwer“ mit Joachim Król in der Hauptrolle oder „Schlaflos in Portugal“, er arbeitete auch an ein paar Folgen von „Türkisch für Anfänger“ mit. Für das Theater schrieb er ebenfalls Stücke, er unterrichtete etwa 20 Jahre an der Arturo Schauspielschule in Köln. „Nächte vor Hochzeiten“ war ursprünglich ein Abschlussstück für die Schüler. „Die Stückvorlage für das Drehbuch war als Musical geschrieben und spielte nur in einer Nacht in der Karaokebar. Der Produzent des Films wollte aber wissen, wie es danach mit den beiden weitergeht. Während der nächsten Drehbuchfassungen wurden es immer weniger Szenen in der Karaokebar, bis sie schließlich gar nicht mehr hineingingen. Jetzt nenne ich ihn immer meinen Karaoke-Film ohne Karaoke“, sagt Ramesh. Mit dem Filmergebnis sei er zufrieden, doch das war nicht immer so.

„Eine Regisseurin, mit der ich nie wieder etwas zu tun haben will, hat einmal das Drehbuch komplett umgeschrieben während des Drehs. Aber ich habe Glück, denn dass ich von einer Verfilmung meiner Bücher enttäuscht bin, ist eine Ausnahme.“ Wie kam er überhaupt zum Schreiben? „Eigentlich wollte ich Schauspieler werden. Ich habe dafür 19 Mal vorgesprochen und bin nie genommen worden.“

Dann hat er doch mal als Schauspieler am Jungen Theater in Bonn gearbeitet. Als dort eine Rolle nicht besetzt war, bewarben ein Freund und er sich darauf. „Um meinem Freund zuzuschauen, habe ich mich in den Saal gesetzt. Und er war so viel besser als ich! Da habe ich gedacht: Ich bin auf der richtigen Seite.“ Also kündigte er und fing bei der frisch gegründeten Kulturzeitung „Steadycam“ an, wo er fünf Jahre das Filmressort leitete. „Einmal habe ich eine Liebesgeschichte erlebt, die nur am Telefon stattfand. Die kam mir so seltsam vor, dass ich dachte, das fühlt sich wie ein Film an und nicht wie das wirkliche Leben.“

Komödie und verpasste Liebe als roter Faden in der Filmografie

Also fing er mit Drehbuchschreiben an. Sein zweites wurde dann auch verfilmt. „Ich habe nichts studiert. Beim Schreiben kann man Techniken erlernen und sich Handwerk aneignen, aber am Ende glaube ich: Man hat es oder man hat es nicht.“ Ramesh hatte immer schon ein Faible für das Genre der Komödie, die sich durch seine Filmografie zieht. „Was sich auch durchzieht, ist das Thema Liebe: verpasste Liebe.“ Eine gute Geschichte ist für ihn, wenn sie nicht vorhersehbar sei, sie müsse unterhalten und berühren. Und: „Es muss immer was dabei sein, was einen irritiert. Bei einer Komödie sollte immer auch ein bisschen Schmerz dabei sein und bei einem Drama noch etwas Albernheit.“

In Köln lebt und arbeitet er immer schon. Er hält die Stadt für einen guten Standort für Filmschaffende. In der Branche kenne man sich. Er persönlich besuche Empfänge aber nicht, um Aufträge zu erhalten – sondern aus Privatvergnügen. „Ich kann mich nicht erinnern, dass ich nach einem Branchentreff je was an Land gezogen hätte. Wenn ich heute auf der Berlinale bin, ist das sehr arbeitslastig: Es finden viele Geschäftsgespräche statt. Vor 20 Jahren wurde einfach exzessiv durchgefeiert – das vermisse ich.“

Nächte vor Hochzeiten, Samstag, 9. August um 20.15 Uhr im Ersten, ab Donnerstag, 7. August in der Mediathek.