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RettungsaktionSeilbahn-Drama mit Happy-End

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Spektakulärer Einsatz an der Kölner Seilbahn: Eine Windböe hatte eine Gondel entgleisen lassen, Höhenretter befreien Fahrgäste.

Spektakulärer Einsatz an der Kölner Seilbahn: Eine Windböe hatte eine Gondel entgleisen lassen, Höhenretter befreien Fahrgäste.

Köln – Als sich nach mehr als drei Stunden Warten die Tür der Gondel in 40 Metern Höhe öffnet und der Familienvater mit seinem drei Monate alten Säugling im Arm langsam an einem Seil hinabgelassen wird, halten alle den Atem an. Vater und Kind hängen über dem dunklen Rhein, im Sturm baumelt das Seil hin und her, bis beide sicher auf einem Löschboot der Feuerwehr in Empfang genommen werden. Nun lassen Höhenretter die Frau hinab, der zweijährige Sohn der Familie bleibt bis zuletzt mit einem Retter in der Gondel, der sich dann mit dem Kind zusammen abseilt – der Junge nuckelt an seinem Schnuller, während er gerettet wird. Mittlerweile ist es 21.20 Uhr.

Es ist der dramatische Höhepunkt einer Rettungsaktion, die am Dienstag um 17 Uhr begonnen hat – als die Seilbahn plötzlich still steht. Es soll die letzte Fahrt sein, nur zwei Gondeln sind noch besetzt. In einer sitzt die Familie, in einer anderen sind zwei Cousins (22, 23) aus den USA. Eine Windböe erwischt die Gondel der Amerikaner, eines von vier Rädern springt vom Seil, die Gondel verkantet sich, was die komplette Bahn zum Stillstand bringt.

Eine Sturmwarnung des Deutschen Wetterdienstes gab es schon am Dienstagsmorgen, die Seilbahn war trotzdem in Betrieb. „Die Bahn hat einen eigenen Windmesser“, sagt KVB-Sprecher Franz Wolf Ramien. „An dem orientieren wir uns.“ Ab einer Windgeschwindigkeit von 16 Metern pro Sekunde sollen die Gondeln in die Station geholt werden. „Wir holen sie aber immer schon bei 14 Metern rein.“ Jetzt werde ein Gutachter überprüfen, wie es zu dem Unfall kommen konnte, so Ramien: „Um die Frage zu klären, ob es einen technischen Fehler gegeben hat.“

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Gondel entgleist

Die Ausläufer des Hurrikan „Gonzalo“ jedenfalls lassen die Gondel bei ihrer letzten Fahrt des Tages in windiger Höhe entgleisen, kurz vor 18 Uhr steigen vier Höhenretter der Feuerwehr zunächst an Stele 3 der Seilbahn über dem Rheinpark nach oben zu den amerikanischen Touristen. Tyler Bender (23) und Dylan Petraitis (22) werden auf die Wiese abgeseilt, fallen dort zuerst sich und dann ihren Rettern um den Hals. „Good Job!“, sagt Bender. Sie wärmen sich in einem Notarztwagen auf und sagen dann, dass sie jetzt nicht nur ein Bier, sondern viele Biere brauchen.

Währenddessen versuchen Servicekräfte der Kölner Verkehrs-Betriebe mit Hilfe der Feuerwehrleute, die Bahn wieder auf das Seil zu setzen. Gleichzeitig bereitet die Feuerwehr auf der Zoobrücke alles für den schlimmsten Fall vor: Das Abseilen der Familie über dem Rhein. „Wenn wir die Gondel wieder eingleisen können, kann auch die Seilbahn wieder fahren“, sagt Feuerwehrchef Johannes Feyrer.

Gegen 20 Uhr gelingt es tatsächlich. Doch mittlerweile ist schon so viel Zeit vergangen, dass die Einsatzleiter beschließen, die Familie auf das Boot zu retten. Das Risiko, dass die Gondel erneut aus dem Seil springt, ist zu groß. Und die Höhenretter sind mittlerweile auch schon auf der Gondel, nachdem sie sich unter den Blicken vieler Schaulustiger 120 Meter an einem Seil von der Zoobrücke zur Gondel gehangelt haben.

Die Familie wird gleich nach der Rettung vorsorglich ins Krankenhaus gebracht. Der Verkehr auf der Brücke stand stundenlang still, es kam zu einem Auffahrunfall. Im Kölner Norden bildeten sich lange Staus.

Suche nach möglichen Fehlern

KVB und Feuerwehr wollen sich am Mittwoch zu dem Vorfall äußern. Denn es bleiben Fragen offen. Warum war die Seilbahn noch in Betrieb? Warum dauerte die Rettung verhältnismäßig lange? Die Pressestelle der KVB bat am Morgen noch um Geduld. In einer Vorstandssitzung wolle man sich den Fragen widmen - in enger Zusammenarbeit mit der Feuerwehr.

Der Wetterdienst warnt bis Mittwochabend vor starken Gewittern und teilweise sogar Hagelstürmen im Kölner Umland, vereinzelt ist mit Windstärken von bis zu 100 Stundenkilometern zu rechnen. Das entspräche in etwa den Windstärken neun bis zehn. „Man sollte aufpassen, dass man sich nicht unter Bäumen aufhält, da bei starkem Wind Äste und andere Dinge herunterfallen können“, empfiehlt Marcus Beyer vom Deutschen Wetterdienst. (mit tis)

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