Seit 35 Jahren illustriert Dorothee Wolters für „Zartbitter e.V.“ Materialien gegen sexuellen Missbrauch an Jungen und Mädchen.
Porträt„Diese Illustratorin brauchen wir für unsere Präventionsarbeit!“

Die Kölner Illustratorin Dorothee Wolters mit ihrem Markenzeichen: einem ihrer vielen Wimmelbilder.
Copyright: Uwe Weiser
„Ich möchte niemals eine reine Schönheit produzierende Grafikerin werden!“ Dieser einen Sache war sich Dorothee Wolters schon während ihres Studiums der Angewandten Kunst Ende der Sechziger Jahre an der Berliner Hochschule der Künste (HdK) sehr gewiss.
Wer die bundesweit beliebten Wimmelbilder der heute 75-jährigen Kölner Illustratorin kennt, die an die dutzend von Wolters gestalteten Kinder- und Schulbücher, ihre Broschüren durchblättert, einen Blick auf die von ihr gestalteten Präventionsplakate wirft, ahnt, was Wolters selbst von sich sagt: Diese Illustratorin ist am besten darin, wohinter sie inhaltlich steht, womit sie eine Botschaft vermitteln, aufklären, politisch agieren kann. Das tat sie schon als Studentin in der antiimperialistischen Solidaritätsbewegung mit Vietnam. Und das tut sie seit 35 Jahren auch gemeinsam mit „Zartbitter“, der Kölner Fach- und Beratungsstelle gegen sexuellen Missbrauch an Jungen und Mädchen, die unter anderem „wir helfen“ finanziell unterstützt.
35 Jahre kreative, präventive Zusammenarbeit
Deren Geschäftsführerin Ursula Enders erinnert sich noch haargenau an die Anfänge ihrer produktiven Liaison: „Es war im Sommer 1990 als ich im Flittarder Jugendzentrum Pauline ein Plakat für einen Wen-Do-Kurs sah, auf dem ein Mädchen abgebildet war, das sich gegen Angriffe wehrt. Diese Power, die das illustrierte Mädchen ausstrahlte, diese klare Körpersprache, mit der sie ihr Nein zum Ausdruck brachte, hat mich fasziniert. Ich dachte mir sofort: Diese Illustratorin hat es verstanden, und sieht das Mädchen nicht nur als Opfer! Sie ist es, sie brauchen wir für die Gestaltung eines Präventionsplakats.“ Gedacht getan: Am Tag darauf schickt Enders eine Mitarbeiterin zu Wolters, mit dem Auftrag, sie für die Zusammenarbeit mit „Zartbitter“ zu gewinnen.

Jedes Kind hat das Recht am eigenen Bild: Illustration von Dorothee Wolters für„ Zartbitter“-Kinderrechte-Materialien
Copyright: Dorothee Wolters
Wolters, inzwischen Mutter von drei Töchtern, ist zu dieser Zeit als freiberufliche Grafikerin in Köln tätig – unter anderem illustriert sie Elternbriefe im Auftrag des Jugendamts, Schulbücher für verschiedene Verlage, gestaltet Layouts und Flyer für Wohlfahrtsverbände und andere Organisationen. „Da mir das Thema Präventionsarbeit sehr am Herzen lag, sagte ich sofort zu.“ Aus dem Auftrag für ein Plakat wird ein gemeinsames Kinderbuchprojekt. Denn schnell ist klar: Mit den seinerzeit meist in Grau-, Schwarz- oder Sepia-Tönen gehalten Präventionsmaterialien, die eine düstere Ausweglosigkeit ausstrahlten, sind Wolters und Enders nicht d`d'accord.
Vitalität und Lebenswillen statt Ausweglosigkeit hervorheben
„Wir möchten von sexualisierter Gewalt betroffene Kinder generell und somit auch in den Illustrationen nicht auf ihre Erlebnisse reduzieren, sondern ihren Lebenswillen hervorheben“, sagt Wolters. „Deshalb stellen wir bis heute keine Gewaltszenen dar, sondern die Momente davor. Schließlich möchten wir mit den Darstellungen nicht schockieren, sondern die Widerstandskraft der jungen Betroffenen stärken und die Erwachsenen in die Verantwortung nehmen“, ergänzt Enders – und blickt zurück ins Jahr 1990, als das gemeinsame Buchprojekt Gestalt annimmt.

Seit 35 Jahren arbeiten sie zusammen: Dorothee Wolters und Ursula Enders, Gründerin und Geschäftsführerin von Zartbitter e.V., der Kölner Fachberatungsstelle gegen sexuellen Missbrauch an Jungen und Mädchen.
Copyright: Uwe Weiser
„Mein Lektor Rainer Osnowski, heutiger Geschäftsführer der Lit. Cologne, war damals auf Dienstreise in New York, um sich unter anderem amerikanische Präventionsbilderbücher anzuschauen, die er deutschsprachig verlegen wollte. Die sehr verhaltenstherapeutisch ausgerichteten Bücher entsprachen aber nicht unserem Präventionskonzept. Ich protestierte. Rainer entgegnete: Dann schreib doch selber eins.“ Zwei Tage später schickt Enders Rainer Osnowski das Manuskript für das Bilderbuch „Schön blöd. Über schöne und blöde Gefühle“, das ein Jahr später erscheint – illustriert von Dorothee Wolters in gewohnt lebensfrohem Stil, der mit wenigen Strichen und keiner einzigen Sprechblase sämtliche kindliche Emotionen transportiert.
Klassiker der Präventionsarbeit: Von schönen und blöden Gefühlen
Das Buch, inzwischen in zig Auflagen erschienen, wird zu einem Klassiker der Präventionsarbeit. Seine zentralen Botschaften sind bis heute aktuell. „Nicht zuletzt, da es die Ambivalenz im Verhalten von Erwachsenen beschreibt und somit Kindern auch die Erlaubnis gibt, das Verhalten von geliebten Erwachsenen kritisieren zu können“, sagt Enders. Wenn beispielsweise der geschätzte Opa, der doch so tolle Fahrradtouren mit den Enkelkindern unternimmt, sie ständig gegen ihren Willen fotografieren möchte.
Wir möchten von sexualisierter Gewalt betroffene Kinder generell und somit auch in den Illustrationen nicht auf ihre Erlebnisse reduzieren, sondern ihren Lebenswillen hervorheben
Faszinierend an den Bildern von „Schön blöd“ und charakteristisch für fast alle Illustrationen von Wolters sind die verschiedenen kindlichen Charaktere, die unterschiedlichen „Typen“, die sie trotz teils „schwerer“ Thematik leicht ins Bild bringt. „Die Illustrationen müssen fröhlich gestaltet sein, damit sie ihren Zweck erfüllen: Kinder, Eltern und pädagogisches Fachpersonal dazu zu ermutigen, das Thema sexualisierte Übergriffe und Kinderrechte anzugehen, ohne dass Panik entsteht“, sagt Wolters. „Aus unserer langjährigen Beratungspraxis wissen wir, dass viele Kinder beginnen, ihre Geschichte oder die eines anderen Kindes, zu erzählen, wenn sie die Illustrationen angeguckt haben. Diese helfen auch Eltern, an die Heilungschancen ihrer Kinder zu glauben“, sagt Enders.
Kindliche Vorbilder aus dem reichen Familienleben
Nicht selten kommt es vor, dass als Vorlage für die ein oder andere „Type“ ein Kind aus Wolters Familienleben dient. „Ich war selbstständig, konnte meine Zeit frei einteilen. Deshalb hatten wir immer viele Schulfreundinnen und -freunde meiner Töchter an unserer Mittagstafel. Jedes dieser Kinder war ein eigener Charakter, den ich gerne studierte. Dann kamen die Enkelkinder, mit ihren Freunden. Diesen Kindern ist in all ihrer Unterschiedlichkeit eines gemein: ihre enorme Vitalität.“

Alle Kinder haben Rechte, auch im Karneval
Copyright: Dorothee Wolters
Sie alle und noch viel mehr kindliche Typen finden sich wieder in den Wimmelbildern, die Wolters in den Folgejahren – für Zartbitter, aber auch für (Sport-)Verbände, Kirchen, für Jugendmusikschulen, die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung sowie andere Initiativen produziert. Und die, viele Jahre analog als Aquarell, später digital am Rechner produziert, zu ihrem Markenzeichen werden. Deren wichtigste Botschaft: „Kinder brauchen Bewegung, Freude, ungeteilte Unterstützung der Erwachsenen, die ihnen auf Augenhöhe begegnen, kurz, sie brauchen beides: Schutz und Freiheit.“
Kinder sind an vielen Illustrationen maßgeblich beteiligt
Was Dorothee Wolters an der Kooperation mit Zartbitter in all den 35 Jahren besonders fasziniert hat? „Der partizipativ-kooperative Schaffensprozess.“ „Der auch viel Leidensfähigkeit voraussetzt“, wirft Enders scherzend ein. Schließlich würde jedes Kind, das in einem (Wimmel-)Bild erscheint, „penibel durchdiskutiert und ausgezählt“ – nach Gefühlen, Körperhaltung, Geschlecht, Herkunft, religiöser oder sexueller Orientierung, nach Beeinträchtigung oder eben nicht. „Wichtig ist uns auch das Feedback der Kinder, die am Schaffensprozess vieler pädagogischer Illustrationen, in denen es um persönliche und Kinderrechte geht, maßgeblich beteiligt sind.“ Wolters erinnert sich an ein Mädchen, das spontan monierte, als es die Vorlage für ein Kinderrechte-Wimmelbild sah: „Da fehlt ein Kind mit Kopftuch!“
Das schönste Feedback auf ihre Arbeit? „Ist, wenn unsere Materialien ein Kind zum Sprechen bringen“, sagt Wolters. Oder wenn eine erwachsene Person sagt: „Das Bilderbuch habe ich schon als Kind in der Kita gelesen.“
Ausstellung: Wer sich von den lebensfrohen Illustrationen Wolters ein eigenes Bild machen möchte, hat noch bis 15. November die Chance dazu. Im VHS-Studienhaus am Neumarkt, Cäcilienstraße 35, ist bis dahin die Zartbitter-Ausstellung „Alle Kinder haben persönliche Rechte!“ mit 70 Illustrationen von Wolters zu sehen – täglich von 9 bis 21 Uhr.
So können Sie helfen

Auszug aus dem neuen „wir helfen“-Folder 2025_2026
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