Bestens integriertEntsetzen in Kölner Veedel über drohende Abschiebung

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Gemeinsam gegen die Abschiebung: Najib Ramz, Susanna Zeltinger, der betroffene Fazal Rabi Rahimzai und 'Foodangels'-Betreiber Mazlom Sediqi (v.l.n.r.).

Köln-Weidenpesch/Mauenheim – 8879381-423. Für das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Berlin ist der Fall von Fazal Rabi Rahimzai nur eine Nummer – unter der am 20. September der Ablehnungsbescheid seines Asylantrags eingegangen ist. Doch für den Afghanen selbst wäre damit all sein beruflicher Erfolg und seine Integration in Deutschland vergebens, wenn er  zurück nach Frankreich müsste.

Hier hatte er seinen EU-Erstantrag gestellt. Der 36-Jährige müsste bei Null anfangen. Und ein erfolgreicher Gastro-Betrieb in Köln wüsste nicht mehr weiter, wenn er gehen müsste.

Seit 2017 ist Rahimzai in Deutschland, seit dreieinhalb Jahren arbeitet er im Bistro und Lieferservice „Foodangels“ von Inhaber Mazlom Sediqi an der Etzelstraße 222a, und mittlerweile ist er dort eine Art zweiter Chef. „Er ist unter meinen zwölf Beschäftigten mein bester Mitarbeiter. Ohne ihn wüsste ich nicht, was ich machen sollte.“

Der Geflüchtete ist in Köln bestens integriert

Rahimzai sei bestens integriert und völlig rechtschaffen, zahlt Steuern und Sozialabgaben. Umso größer der Schock, als vor wenigen Tagen das Hauptzollamt in den Laden kam, mit der Aufforderung an ihn, das Land zu verlassen. „Es ist ein Unding. Wir haben lange gebraucht, bis er so viel kann wie jetzt. Ohnehin haben wir in der Gastronomie ein großes Personalproblem.“

Um seine Abschiebung zu verhindern und Öffentlichkeit herzustellen, hat sich ein Bündnis in der Nachbarschaft gebildet, unter anderem mit Susanne Zeltinger sowie „Für Nippes“-Vorsitzenden Najib Ramz aus der benachbarten Mauenheimer Nibelungensiedlung. „Wie kann man einfach so einen funktionierenden Betrieb zum Stillstand bringen?“, wundert sich Ramz. „Und das bei einem Menschen, der absolut keine Probleme macht, ganz im Gegenteil.“ Tatsächlich hat der Betrieb in jüngerer Zeit ein kleines Wunder vollbracht: Er ist eine kleine Oase in der rauen, wenig prestigeträchtigen Hochhaussiedlung, und hat das Umfeld aufgewertet.

Bruder wurde von den Taliban ermordet

Das Restaurant, das alles frisch zubereitet, hat eine große Terrasse mit viel Grün. Immer mehr Passanten machen Halt und kehren ein – was vor Jahren noch undenkbar gewesen wäre. Man wollte die Siedlung eher so schnell wie möglich hinter sich lassen.

„Wir hatten auf der Straße vor dem Laden häufig Krawalle zwischen Jugendlichen, die teils aus der ganzen Stadt angereist kamen. Das war ihre Arena“, erinnert sich Sediqi. „Man konnte vorher hier nicht sitzen. Jetzt ist die Lage endlich beruhigt, und es gibt ganz viele, die sich endlich trauen, zu uns zu kommen.“

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Rahimzai hat in seinem Heimatland als Militärpolizist mit den US-Streitkräften zusammengearbeitet. Sein Bruder wurde von den Taliban ermordet, was für ihn den Ausschlag zur Flucht gab. Seine – aus Angst vor weiteren Racheakten der Islamisten – im Versteck in Kabul lebende Familie mit drei Kindern unterstützt er mit Überweisungen in die Heimat.

Inzwischen schlagen die Ungewissheiten auf Rahimzais Gesundheit durch. Bereits diagnostiziert sind eine posttraumatische Belastungsstörung, eine reaktive Depression und eine psychische Dekompensation. Er ist auf Tabletten angewiesen, um schlafen zu können. Mit einem großen Aufruf an Stadt, Politik und Flüchtlingsinitiativen versucht das Bündnis nun, seinen Verbleib doch noch zu erreichen.

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