Hobby-SerieDer Mann der 1500 Kölsch-Gläser

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Markus Thienel hat 1500 Kölsch-Gläser.

Manche Gläser gibt es wie Sand am Meer, andere sind ausgesprochen selten“, meint Markus Thienel über das teils massenhafte, teils rare Vorkommen von Kölsch-Glas-Editionen aus dem Brauerei-Sektor. Der Kölsch-Glas-Sammler muss es wissen. Rund 1500 Exemplare stehen in eigens für sie angeschafften Vitrinen. In seiner Sammler-Karriere hat er schon viele Stücke kommen und gehen sehen, der jetzige Bestand ist das Resultat aus 29 Jahren aktiver Sammelleidenschaft.

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Erste Funde auf dem Trödelmarkt

Ein paar begehrte Raritäten fehlen immer noch, für sie würde er die Reihen auf den Glas-Böden seiner Vitrinen noch ein bisschen enger zusammenrücken. „Am Anfang habe ich alles an Gläsern gesammelt, was ich bekommen konnte“, erzählt der 45-Jährige, der in Longerich lebt. Neben Kölsch-Stangen seien auch Cola- und Weizen-Gläser dabei gewesen. „Nach zwei bis drei Jahren habe ich erkannt, es gibt zu viele Gläser, ich muss mich spezialisieren“, schildert er, „seitdem habe ich nur noch Kölsch-Gläser gesammelt.“ Seine ersten Funde machte er auf dem Trödelmarkt, heutzutage nutzt der Versicherungskaufmann im Innendienst vorwiegend virtuelle Verkaufsportale. Interessante Einzelstücke und ganze Sammlungen werden bei Ebay & Co angeboten, vier Sammlungen zwischen 500 und 3000 Kölsch-Gläsern hat Thienel selbst schon im Laufe der Jahre aufgekauft.

Spezialisiert auf Brauerei-Gläser 

Als er die erste große Sammlung erwarb, war das für ihn der Auslöser, sich auf dem Kölsch-Sektor nochmals zu spezialisieren. „Seitdem“, erzählt er, „sammle ich nur noch reine Brauerei-Gläser.“ Was nicht in seinen Bestand passt, wird wieder veräußert, mittlerweile sucht er gezielt nach bestimmten Einzelstücken. Ganz oben auf seiner Wunschliste steht ein Kölsch-Glas der Brauerei Kolter aus den frühen Nachkriegsjahren. Bis es seinen Platz in Markus Thienels Sammlung einnehmen kann, wird es durch eine Fälschung vertreten. Früher sei er auf die ein oder andere Fälschungen hereingefallen, gibt er zu, mittlerweile hat er sich das nötige Wissen angeeignet, um solchen Täuschungen nicht mehr aufzusitzen. „Eine Fälschung erkennt man am Glas, an der Eichung und an der Art, wie das Emblem gestaltet ist“, erklärt der Fachmann.

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Das Belcher-Kölsch wurde eigens für eine Tatort-Folge aus dem Jahr 2000 erfunden.

Fiktive Kölsch-Marke für den Tatort

Zu seinen Lieblingsstücken zählen Gläser von Creischer, Gaffel, Kess, ABD, Balchem und Dom Kölsch aus den 1940er bis 1970er Jahren. Er besitzt Musterstücke, die nie in Produktion gegangen sind, und eines, das es, genau genommen, gar nicht gibt. Das Glas der fiktiven Marke Belcher Kölsch entstammt einem Tatort aus dem Jahre 2000, weil sich keine der existierenden Kölsch-Brauereien mit dem schlechten Image des dargestellten Bier-Produzenten identifizieren wollte, griffen die Tatort-Macher in die Requisiten-Trickkiste und erfanden kurzerhand das Belcher Kölsch. Ansonsten strotzt Thienels Sammlung nur so vor real existierenden Vertretern aus dem Kölsch-Business: Gilden, Früh, Sester, Peters, Reissdorf und Küppers sind nur einige von insgesamt 91 Brauereien, deren Gläser bei ihm vertreten sind. Neukreationen, wie sie regelmäßig von Peters und Gaffel auf den Markt kommen, kauft er der Vollständigkeit halber nach.

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Allein zwei seiner 22 Hängevitrinen werden vom 1. FC Köln besetzt. Für den Fußball-affinen Hobby-Sportler haben die Vereinsgläser einen besonderen Stellenwert, mit Hennes-Variationen und Spieler-Köpfen verziert, dokumentieren sie Meisterschafts- und Pokalsiege, manche tragen auch markige Fan-Parolen wie „Wir halten dem 1. FC die Stange“. „Aus den Sammlergläsern wird natürlich nicht getrunken“, betont Thienel, „dafür sind gerade die seltenen Stücke zu wertvoll.“ Zwischen einem und fünfhundert Euro sind seine Exponate wert, dabei sind die ältesten naturgemäß auch die wertvollsten. Was ihn an seinem Hobby reize, sei eben auch der Bezug zur Geschichte Kölns und zur Kölsch-Metropole selbst, resümiert der Brauerei-Kölsch-Glas-Sammler. Beim Anblick der Gläser, deren Entstehungszeit bis in die 1930er Jahre zurückreicht, tritt ihre Funktion als Trinkgefäß tatsächlich in den Hintergrund. Eher sind sie als Zeitdokumente zu betrachten und schon deshalb unbedingt erhaltenswert. Für den Fall, dass sich ein durstiger Besucher bei ihm einstellt, hält Markus Thienel alltagstaugliche Kölsch-Gläser im Küchenschrank bereit.

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