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„Weniger attraktiv“Kölner Versicherer DEVK rückt von seinem 144-Meter Büroturm ab

6 min
So sah der Siegerentwurf für das Hochhaus aus.

So sah der Siegerentwurf für das Hochhaus aus.

Einen dreistelligen Millionenbetrag wollte die DEVK eigentlich in ein Hochhaus investieren. Im Rathaus ist die Rede vom „Einstieg in den Ausstieg“.

Der Kölner Versicherer DEVK nimmt Abstand von seinem geplanten 144 Meter hohen Büroturm, für den ein Investitionsvolumen im mittleren dreistelligen Millionenbereich vorgesehen war. Weil die Baupreise gestiegen sind, der Trend zum Home-Office zugenommen hat und das Interesse von Mietern für die Büroflächen im Hochhaus nachgelassen habe, bezeichnet die DEVK das Großbauprojekt an der Zoobrücke als „weniger attraktiv“ und prüft „alternative Nutzungskonzepte“. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Was hat die DEVK an der Stelle zuletzt geplant?

Die Architekten von JSWD hatten das Verfahren für den DEVK-Neubau an der Riehler Straße gewonnen, ihr Entwurf sah ein 144 Meter und ein 44 Meter hohes Gebäude für größtenteils Büros vor, sie sind verbunden über einen fünfgeschossigen Sockel. Sie sollten das Zooparkhaus mit knapp 400 Stellplätzen ersetzen, es wird stattdessen eine auch öffentlich nutzbare Tiefgarage gebaut. Der Bau sollte 2029 starten und 2032 fertiggestellt sein, das hatte die DEVK noch im Februar mitgeteilt.

Der Neubau wäre mit 144 Metern nach dem Mediapark-Turm (149 Meter) und dem Colonia-Turm (147 Meter), auch bekannt als Axa-Hochhaus, das dritthöchste Haus in Köln geworden. Die bisherige Zentrale direkt gegenüber stammt aus dem Jahr 1984. Die DEVK lässt sie gerade sanieren und nutzt übergangsweise ein Haus am Rheinpark. Im Sommer 2022 sprach der Versicherer von einer Gesamtinvestition von rund 750 Millionen Euro.

Gottfried Rüßmann (links) übergibt das Amt des Vorstandsvorsitzenden der DEVK zum Jahresanfang 2026 an seinen Nachfolger Michael Knaup.

Gottfried Rüßmann (links) übergibt das Amt des Vorstandsvorsitzenden der DEVK zum Jahresanfang 2026 an seinen Nachfolger Michael Knaup.

Und das war es jetzt mit dem Hochhaus in dieser Form?

Die DEVK lässt diese konkrete Frage in der Pressemitteilung unbeantwortet. Auf Nachfrage sagte eine Sprecherin: „Nein, das ist nicht entschieden. Derzeit prüfen wir verschiedene Alternativen.“ Allerdings schreibt die DEVK in der Mitteilung selbst von einer „ursprünglichen“ Idee eines 144-Meter-Hochhauses. Und: „Steigende Baukosten und ein angespannter Gewerbeimmobilienmarkt machen das Projekt in seiner bisherigen Form weniger attraktiv.“ Zudem spricht sie von einer „Neuausrichtung des Bauvorhabens“.

Hinter vorgehaltener Hand bezweifeln im Kölner Rathaus einige stark, dass das Hochhaus noch kommt, die Rede ist vom „Einstieg in den Ausstieg“. Und das hat demnach auch mit der Vorgeschichte zu tun.

Was ist denn die Vorgeschichte?

Die DEVK hat vor allem in den vergangenen drei Jahren viel Druck auf Verwaltung und Stadtrat gemacht. Im Juli 2022 etwa teilte das damalige Vorstandsmitglied Bernd Zens mit: „Nach nunmehr drei Jahren Gesprächen mit der Stadt, bei denen immer wieder neue Termine angekündigt wurden, verlieren wir langsam den Glauben an Zusagen seitens der Stadt.“ Nur drei Wochen später stoppte die DEVK laut Zens ihre 170-Millionen-Euro-Sanierung, er sagte: „Wir haben die Sanierung erst einmal auf Eis gelegt. Es macht keinen Sinn, in Köln zu sanieren, wenn wir hier nicht neu bauen können.“

Das war es?

Nein. Im Dezember 2023 sagte der Vorstandsvorsitzende Gottfried Rüßmann im Podcast des „Kölner Stadt-Anzeiger“ plötzlich, die DEVK werden den Büroturm erstmal nicht selbst nutzen. Rüßmann bezeichnete ihn als „Kapitalanlagemöglichkeit“, obwohl das Unternehmen selbst eineinhalb Jahre zuvor noch vom „dringenden Bedarf“ sprach, um das Mitarbeiterwachstum aufzufangen.

Nach Rüßmanns Aussagen war ein Teil des Rates irritiert, unter anderem sagte Grünen-Fraktionschefin Christiane Martin: „Wenn das Hochhaus in der geplanten Höhe nicht benötigt wird, ist das Vorhaben neu zu beurteilen.“ Die DEVK reagierte mit einer Pressemitteilung, darin sprach Rüßmann von einem „Sturm im Wasserglas“. Das neue Hochhaus sei „unerlässlich“.

Wie bewertet die DEVK ihr Vorgehen heute?

Die Sprecherin teilte mit: „Die Entscheidung, unsere DEVK-Zentrale zu sanieren, war mit großen Herausforderungen verbunden. Unser Gebäude war stark sanierungsbedürftig, und wir mussten rasch handeln, um den Betrieb sicherzustellen und das Wohlergehen unserer Mitarbeitenden zu gewährleisten.“

Man bekenne sich zum Standort Köln, das Vorgehen „war und ist stets von Verantwortung gegenüber unseren Mitarbeitenden und dem Unternehmen getragen“. Zens ist seit März in Rente, Rüßmann folgt Ende des Jahres. Michael Knaup ist sein Nachfolger. Auf die Frage, welche Rolle die Neubesetzung des Vorstandes in der Hochhaus-Frage spielte, antwortete die Sprecherin: „Keine“. 

So sah der Siegerentwurf für das DEVK-Hochhaus aus.

So sah der Siegerentwurf für das DEVK-Hochhaus aus.

Wem gehört denn das Grundstück, auf dem das Zooparkhaus steht?

Der Stadt. Und deshalb waren von Anfang an Verwaltung und Rat involviert. Im vergangenen Jahr hat der Liegenschaftsausschuss zugestimmt, dass die DEVK das Areal zunächst bis zum 31. Dezemeber 2026 erhält und zwar über eine sogenannte Anhandgabe. In dieser Zeit kann das Unternehmen, in dem Fall die DEVK, Details wie Planungsrecht und Finanzierung klären, ohne dass die Stadt mit anderen Interessenten verhandeln darf.

Und wie geht es jetzt weiter?

Das ist unklar. Die DEVK will weiter das Grundstück von der Stadt kaufen und das Parkhaus abbrechen, um die „alternativen Nutzungskonzepte“ zu prüfen. Wie diese aussehen, sagt sie nicht. Zumindest soll die Zentrale laut ihrer Aussage erweitert werden. Nun teilte Rüßmann mit: „Bevor wir neue Pläne entwickeln, ist uns der enge Austausch mit der Stadt besonders wichtig.“ Die DEVK braucht ja für den Kauf des Grundstücks ein Votum der Kölner Politik. 

Was sagen der städtische Zoo und die Stadtverwaltung?

Zoo-Geschäftsführer Christopher Landsberg sagte: „Wir brauchen auf jeden Fall Parkplätze an der Stelle, und zwar eher mehr statt weniger.“ Die Stadt teilte mit: „Wir stehen zu den Überlegungen mit der DEVK im Austausch und stehen weiteren Gesprächen offen gegenüber.“

Wie ist denn überhaupt der aktuelle Sachstand?

Vor zwei Jahren hat die Politik beschlossen, das Verfahren für den nötigen Bebauungsplan für das Vorhaben zu starten und die Öffentlichkeit zu beteiligen. Das erfolgte nun im Juni. Zuvor war wie berichtet der zweistufige Architektenwettbewerb durchgeführt worden, den die DEVK selbst bezahlte. Ob das neue Hochhaus den Welterbe-Status des Doms gefährdet, prüft ein Experte. Seinem vorläufigen Urteil zufolge beeinträchtige der 144-Meter-Bau die historische Stadtsilhouette nur „moderat“.

Das DEVK-Hochhaus wird derzeit saniert.

Das DEVK-Hochhaus wird derzeit saniert.

Wie hoch darf man in Köln überhaupt bauen?

Anfang Februar hat der Stadtentwicklungsausschuss des Stadtrates das neue Höhenentwicklungskonzept beschlossen. Es war nötig geworden, weil es eben keine festen Regeln außerhalb der Innenstadt gab und es deshalb immer wieder zu Streit kam, unter anderem zwischen Investoren und der Politik. Das neue Konzept sieht unter bestimmten Bedingungen neue Hochhäuser bis zu einer Maximalhöhe von 148 Metern vor. Es gilt für das Stadtgebiet bis zum Äußeren Grüngürtel. Vorher lag nur ein Höhenkonzept für die Innenstadt vor, die Maximalhöhe betrug 22,50 Meter.

Die Stadt Köln will neue Hochhäuser vor allem in der sogenannten Inneren Stadt sehen. Sie reicht vom Inneren Grüngürtel bis an den Äußeren Grüngürtel. Wann immer in diesem Bereich der Bau von Gebäuden ab 40 Metern Höhe – oder 30 Prozent höher als die Umgebungsbebauung – geplant wird, soll das Konzept helfen, Projekte zu bewerten und zu steuern.

Warum ist das nötig?

Der frühere Frankfurter Planungsdezernent Martin Wentz hatte das Fehlen eines Höhenkonzpetes im Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ schon 2022 kritisiert. Die Main-Metropole gilt als Hochhaus-Hauptstadt in Deutschland, bekannt wegen ihrer Banken-Türme.

Konkret zum Fall der DEVK hatte er gesagt: „Das führt nur zu langen Verhandlungen und Druck. Das zeigt das aktuelle Beispiel aus Köln, dass der Versicherer DEVK droht, ins Umland abzuwandern, wenn die Stadt seine Pläne nicht unterstützt. Das muss der Politik in den Ohren klingeln, zumal öffentlich der Eindruck entsteht, die Stadt sei erpressbar.“