Kürzere Betreuung wegen PersonalnotKölner Kitas bieten immer weniger 45-Stunden-Plätze an

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Kinder-Gummistiefel mit Blumen hängen an einem Zaun einer Kindertagesstätte.

Kölner Kitas müssen wegen des Personalmangels häufig ihre Öffnungszeiten einschränken oder können nur einen Teil der Kinder betreuen.

Um Familie und Beruf unter einen Hut zu bekommen, sind Eltern auf verlässliche Betreuungszeiten angewiesen. Doch daran scheitert es.

Die meisten Eltern wünschen sich eine möglichst flexible Betreuung ihrer Kinder, denn anders ist eine Vereinbarung von Beruf und Familie kaum zu schaffen. Und so ist auch die maximale Betreuungszeit von 45 Stunden pro Woche die am häufigsten gewählte in Kölner Kitas. Das bedeutet in der Regel, dass das Kind bis spätestens 16.30 Uhr abgeholt werden muss. Nur wenige Kitas schließen erst um 17 Uhr. Doch aufgrund des dramatischen Personalmangels müssen immer mehr Einrichtungen ihre Öffnungszeiten verkürzen, häufig auch langfristig.

Das führt auch dazu, dass die Anzahl der 45-Stunden-Plätze deutlich sinkt: Im Kita-Jahr 2021/22 gab es nach Angabe der Stadt rund 12.000 solcher Plätze in städtischen Kitas. Zum Vergleich: Gleichzeitig gab es lediglich 4000 Verträge für 35 Wochenstunden und gerade einmal 100 für 25 Wochenstunden. Im Mai 2023 ist die Zahl der 45-Stunden-Plätze schon nur noch bei 11.000. Im kommenden Kita-Jahr, das im August beginnt, rechnet die Stadt mit einem weiteren Rückgang.

Köln: 200 unbesetzte Stellen in städtischen Kitas

Die Zahl der Kinder, die auch tatsächlich 45 Stunden pro Woche die Kita besuchen, dürfte indes um ein Vielfaches niedriger sein. Denn kaum eine Einrichtung leidet nicht unter Personalnot. Allein in den rund 218 städtischen Kitas gibt es rund 200 unbesetzte Stellen. Die Folge: Öffnungszeiten werden gekürzt, Gruppen geschlossen oder zusammengelegt, Kinder nicht mehr an allen Tagen betreut. Laut Verwaltung sind die Einschränkungen oft „so tiefgreifend, dass Kinder beispielsweise nur jeden zweiten Tag im Wechsel betreut werden können oder längerfristig nur von 8 bis 14 Uhr“.

Die beiden Kinder von Amanda Burger (Name geändert) sind durchschnittlich an zwei Tagen pro Woche zu Hause und nur an drei Tagen in der Kita. Regelmäßig wird sie – so wie die anderen Eltern der städtischen Kita in Zollstock – von den Mitarbeitenden angefleht, das Kind bitte wieder mitzunehmen oder zumindest früher abzuholen. Denn es fehlt schlicht an Fachkräften, um alle zu betreuen.

Die Entwicklung ist erschreckend. Wir planen von Tag zu Tag und schauen morgens, ob wir die Kinder bringen können und beide arbeiten können
Amanda Burger (Name geändert), Mutter von zwei Kindern

Seit zwei Monaten sind in der Kita die Öffnungszeiten wegen Personalmangels gekürzt: Kinder, deren Eltern 45-Stunden-Verträge abgeschlossen haben, können von frühestens 8 Uhr bis spätestens 16 Uhr kommen statt von 7.30 Uhr bis 16.30 Uhr. Täglich eine Stunde weniger Betreuung summiert sich auf fünf in der Woche. „Wir zahlen trotzdem für beide Kinder die vollen 45 Stunden“, sagt Amanda Burger. Mit dem Elternbeirat sei bereits darüber diskutiert worden, dass es künftig grundsätzlich nur noch 35- statt 45-Stunden-Verträge geben könnte.

„Die Entwicklung ist erschreckend. Wir planen von Tag zu Tag und schauen morgens, ob wir die Kinder bringen können und beide arbeiten können“, sagt Burger. Eine Gruppe der Einrichtung wurde bereits geschlossen, die Kinder auf die übrigen Gruppen aufgeteilt. „Die wechselnden Erzieherinnen sind vor allem für kleine Kinder wie meinen zweijährigen Sohn schwierig. Sie können keine Beziehung aufbauen.“ Auch Ausflüge oder Aktivitäten würden wegen der fehlenden Mitarbeitenden nicht mehr stattfinden.

Kölner Kitas: Notbetreuung und verkürzte Öffnungszeiten sind Alltag

Die Kita in Zollstock ist kein Einzelfall, sondern eher die erschreckende Regel – und betrifft nicht nur städtische Einrichtungen, sondern auch kirchliche und freie Träger. Eine Kita in Bilderstöckchen betreute Kinder über Monate nach einem Rotationssystem: Kinder durften nur an zwei oder drei Tagen pro Woche und für weniger Stunden als sonst in die Kita. Eine Einrichtung in Nippes öffnet täglich nur noch von 7.30 bis 14.30 Uhr.

Tatjana Tauschs Kinder besuchen eine katholische Kita. „Alle Eltern mit 45-Stunden-Verträgen wurden gefragt, ob sie in 35-Stunden-Verträge wechseln wollen. Verbunden mit dem Hinweis, die Kita habe ansonsten alle Möglichkeiten ausgeschöpft, um die Personalnot zu lösen“, berichtet die Mutter, die eigentlich anders heißt. Neuen Familien würden ab Sommer ausschließlich 35 Stunden angeboten.

Auch wenn bisher niemand zum Wechseln gezwungen worden sei: „Die Aufregung in der Elternschaft ist riesig“, sagt Tausch. „In der Vergangenheit gab es schon so oft gekürzte Betreuungszeiten und Notbetreuung. Was ist, wenn irgendwann nur noch so wenig Personal da ist, dass man Gruppen oder sogar die ganze Kita schließen muss?“ Sechs offene Stellen seien durch Zeitarbeitskräfte besetzt worden. „In der Gruppe meiner Tochter haben innerhalb eines Jahres schon zehn verschiedene Erzieherinnen gearbeitet. Wie soll sie denn da eine Bindung aufbauen?“, so Tausch.

Die Stadt Bonn bietet in vielen ihrer städtischen Kitas ab Sommer für neue Kinder grundsätzlich nur noch 35- statt 45-Stunden-Verträge an. In Köln ist das laut Stadtverwaltung nicht geplant. Es solle auch weiterhin eine 45-Stunden-Betreuung angeboten werden. Die Eltern würden jedoch „verstärkt auf die allgemein herausfordernde Personalsituation hingewiesen und intensiv über die jeweilige Personalausstattung der Kita informiert“, teilt eine Stadtsprecherin auf Nachfrage mit. Sie räumt ein, dass „nicht immer Lösungen gefunden werden, die zur vollsten Zufriedenheit und einer bedarfsgerechten Betreuungszeit führen“.


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