Leser erkennen historisches FotoRätsel um mysteriösen Kölner Schornstein gelöst

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Der Schornstein der Ziegelei stand bis Anfang der 1960er Jahre.

Der Schornstein der Ziegelei stand bis Anfang der 1960er Jahre.

Ensen-Westhoven – Das Archiv-Team der Bürgervereinigung Ensen-Westhoven stieß an seine Grenzen, als es um die Interpretation von Fotos ehemaliger Industrieanlagen auf Westhovener Gebiet ging. Da war ein Schornstein zu sehen, der laut Recherchen von Hobby-Archivar Jörg Pfennig und seinem Team nicht identisch war mit dem weithin bekannten Schornstein der Ziegelei.

Frage an die Leser

Ein historisches Foto mit dem fraglichen Schornstein wurde in der Zeitung abgedruckt. „Wer kennt den?“ lautete die Frage an die Leserschaft, die in der Berichterstattung des „Kölner Stadt-Anzeiger“ über die jüngste Ausstellung des Archivs der Bürgervereinigung Ensen-Westhoven zu lesen war. Der Aufruf stieß auf große Resonanz, wie Jörg Pfennig erfreut konstatierte. „Mehr als 15 Anrufe und Hinweise gingen ein“ , berichtet der Hobby-Archivar; viele Leserinnen und Leser haben lebhafte Erinnerungen an die Industrievergangenheit ihres Ortes. Und hier ist die Auflösung:

Anfang der 60er Jahre gesprengt

Es gab in Westhoven zwei große Schornsteine. Der eine gehörte zum Ringofen der Ziegelei Offermann und befand sich auf dem Gelände Oberstraße/Nikolausstraße hinter dem Fußballplatz des SV Westhoven. Dieser Schornstein wurde Anfang der 60er Jahre gesprengt. „Viele Anrufer konnten sich noch an diesen Schornstein erinnern“, schildert Pfennig.

Auf dem späteren Postgelände stand der gesuchte Schornstein.

Auf dem späteren Postgelände stand der gesuchte Schornstein.

Der zweite Schornstein, um den es in der Fragestellung ging, lag auf dem ehemaligen Postgelände zwischen Nikolausstraße und Berliner Straße, wo inzwischen ein attraktives Wohngebiet entstanden ist. „Er stand direkt an der Straßenbahnlinie P, heute Linie 7“, hat Pfennig erfahren. Der Schornstein gehörte zu den Fabrikhallen der Firma Mannesmann Mulag, die während des Ersten Weltkrieges dort Lastwagen herstellten. Die Hallen wurden in den 30er Jahren anderweitig genutzt. Der Schornstein, der die Hallen überragte, wurde erst in den 1960er Jahren gesprengt, „und zwar später als der Schornstein der Ziegelei“, wurde den Archivmit-arbeitern der Bürgervereinigung berichtet.

Anrufer konnte sich erinnern

Die Anrufer teilten der Bürgervereinigung ihre Erinnerungen mit. „Meine Mutter arbeitete gegenüber – bei Massey Harris. Wenn während des Krieges Fliegeralarm war, mussten alle in dem Gebäude mit dem Schornstein Schutz suchen, denn dort war es am sichersten“, hieß es. Wieder andere Zeitzeugen sagten: „Der Schornstein stand nach dem Krieg da wie ein Denkmal – un op eimol wor e fott.“

Schreinerei und eine Kartonagenfabrik

Weiter wurde berichtet, dass sich in den Fabrikhallen nach dem Krieg diverse Firmen niedergelassen hatten. Dazu zählten eine Schreinerei und eine Kartonagenfabrik. Die Post nutzte später die Hallen unter anderem zur Lagerung und Montage von Fernmeldekabeln beziehungsweise Kabeltrommeln. „Daher auch der Name Postgelände“, erinnerten sich Anrufer. „Die Frage, wann der Schornstein letztendlich gesprengt wurde, blieb leider bislang noch unbeantwortet“, sagt Pfennig und hofft auf weitere Rückmeldungen.

Einige Leserinnen und Leser erinnerten sich an die Haltestelle Nikolausstraße, von wo aus Nebengleise zum Landmaschinenhersteller Massey-Harris/Ferguson (später Citroën) führten, und auch an die Anschlussgleise zum Postgelände.

Pfennig stellt fest, „dass die positive Resonanz auf die Frage dazu beigetragen hat, ein besseres Bild über diesen Teil unseres Vorortes und seiner Geschichte zu erlangen. Insbesondere für die Bewohner des Postgeländes kann das ein interessanter Beitrag zur Vergangenheit ihres neuen Zuhauses sein“.

Wechselvolle industrielle Geschichte

Das Archiv der Bürgervereinigung plant für das kommende Jahr eine weitere Ausstellung über die wechselvolle industrielle Geschichte dieses Teils von Ensen-Westhoven bis weit in die Westhovener Aue. Pfennig kündigt an: „Im Vorfeld dieser Ausstellung werden wir noch einmal die Bürgerinnen und Bürger bitten, mit ihren Erinnerungen und Geschichten einen Beitrag zu leisten“.

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