Handwerk im HintertreffenBeim Neujahrsempfang in Porz kritisieren Redner auch die Kölner Politik scharf

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Ein Mann mit grauem Haar und Brille steht in einem Saal am Rednerpult.

Karl-Heinz Miebach, Vorsitzender des Vereins selbständiger Handwerksmeister Porz, spricht im Porzer Rathaussaal.

Die Repräsentanten des Kölner Handwerks kritisierten den unvorhersehbaren Kurs der Bundesregierung, aber auch die mangelnde Ausstattung der Berufsschulen in Köln. 

Karl-Heinz Miebach kam ziemlich schnell auf Touren. „Kommen wir zur Abrechnung“, sagte der Vorsitzende des Vereins Selbständiger Handwerksmeister bei dessen Neujahrsempfang im Porzer Rathaussaal. Rund die Hälfte der deutschen Wirtschaftsbranchen rechne für 2024 mit rückläufigen Geschäften, ein nennenswerter Teil erwarte Stagnation. Doch schlimmer als die Daten aus einer Umfrage des Institut der deutschen Wirtschaft wiegen für Miebach die Diskussionen. Er nannte das Hin und Her bei den Themen Heizungen, Bauförderung, Landwirtschaft und die Streichung der E-Autoförderung sowie das Lieferkettengesetz. „Die Unsicherheit darüber, was wohl als Nächstes abgeschafft, eingeführt oder umgemodelt wird, verhindert aktuell mehr Investitionen als der gestiegene Leitzins.“

Miebach wünscht der Regierung drei Nüsse für Aschenbrödel

Miebach betonte, dass Deutschland viele Menschen aufnehme, es aber nicht schaffe, sie in Arbeit zu bringen, wo sie gebraucht werden, „selbst wenn sie dafür qualifiziert sind“. Gleichzeitig warnte er davor, dass die AfD und rechte Netzwerke versuchen, etwa Protestbewegungen für sich zu instrumentalisieren. In diesem wie auch an einigen anderen Stellen zitierte Miebach öfter aus dem Jahresrückblick 2023 des Kabarettisten Dieter Nuhr. „Allen, die nun Björn Höcke und seiner AfD hinterherlaufen möchte, der das Land wieder arisch machen möchte, denen sei gesagt, dass es in Deutschland ohne Migranten verdammt ungemütlich wird.“ Der Vorsitzende der Porzer Handwerksmeister griff viele weitere bundespolitische wie europäische Themen auf, die Auswirkungen haben. Nicht nur für die großen Unternehmen, sondern auch für die vor der Haustür, in Porz.

Ein Mann mit roter Krawatte steht an einem Rednerpult.

Hans Peter Wollseifer, Präsident der Handwerkskammer zu Köln, am Rednerpult.

Der Bundesregierung wünschte er wie in dem Märchenfilm vom Aschenbrödel drei Haselnüsse. Darin enthalten sein sollte eine zeitgemäße Schuldenbremse. Die müsse so reformiert werden, dass zusätzliche staatliche Leistungen enge Grenzen gesetzt werden. „Investitionen in Straßen, Schienen, Brücken, Klimaprojekte und Bildung sollten leichter werden.“ Inneren Zusammenhalt, wünscht sich Miebach ebenfalls. Helfen würden Gesetze, die mit Blick auf das Fortschrittsversprechen der Regierung als politischer Erfolg gelten und nicht selbst von den Verantwortlichen zerredet werden. Zuletzt brauche die Regierung handwerkliches Geschick. „Gutes Handwerk in der Politik gelingt, wenn die Ideen zu Ende gedacht und die Folgen bedacht werden.“

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Präsident der Handwerkskammer Köln kritisiert zu viel Bürokratie

Während der CDU-Europaabgeordnete Axel Voss für die anstehende Europawahl in diesem Jahr warb, betonte Kölns Bürgermeister Ralph Elster in seiner Rede, wie wichtig das Handwerk für Köln sei. Es sei „mit Abstand der wichtigste Wirtschaftsfaktor, Arbeitgeber und Ausbilder“. Im Handwerk sei die Lage aber angespannt, sagte Hans Peter Wollseifer, Präsident der Handwerkskammer zu Köln. Wollseifer kritisierte unter anderem die „überbordende Bürokratie“, die Zeit, Kapazität und Kraft binden, die an anderen Stellen „deutlich besser und effektiver zum Einsatz kommen könnte“. Als Beispiel nannte er Dokumentationspflicht, Lieferkettengesetz, Abgasnormen, Chemikalienverordnungen und vieles mehr.

Zum Abschluss formulierte Wollseifer eine Forderung, die die Handwerker an die Stadt Köln haben, nämlich die Neuauflage der Mittelstand- und Handwerksvereinbarung. Bei dieser sind Themen wie Verkehrskonzepte, aber auch die Entwicklung der Berufsschulen vorgesehen. Gerade zum letzten Punkt nannte Wollseifer das Beispiel, dass die Uni Köln für 400 Millionen Euro ein neues Institut für Chemie bauen wird. Das sei gut für die jungen Leute, die in topausgerüsteten Bildungsstätten studieren können. „Aber wenn unsere jungen Leute im Handwerk in Bruchbuden sitzen müssen, die schon nicht mehr verkehrssicher sind“, so Wollseifer, der damit zwischen den Zeilen den baulichen Zustand des Berufskollegs Porz meinte, „dann ist das keine gleichwertige Bildung.“ Da müsse in Zukunft mehr drauf geachtet werden.

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