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UntersuchungPrüfer beanstanden Anmietung der Kaufhof-Zentrale durch die Stadt Köln

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Die ehemalige Kaufhof-Zentrale in der Kölner Innenstadt

Die Stadt Köln hat die ehemalige Kaufhof-Zentrale in der Kölner Innenstadt gemietet.

Für die Stadt sei ein „erheblicher finanzieller Nachteil“ entstanden. Verwaltung verlängerte Mietvertrag ohne Ratsbeschluss um fünf Jahre.

Das Rechnungsprüfungsamt (RPA) hat bei einer Untersuchung die Anmietung der ehemaligen Kaufhof-Zentrale durch die Stadt Köln in drei Punkten beanstandet. Wie aus dem Prüfbericht hervorgeht, ist ein „erheblicher finanzieller Nachteil für die Stadt“ entstanden, der auf bis zu 16,8 Millionen Euro steigen kann. Dieser resultiere aus einer „unzureichenden Bedarfsplanung vor der Anmietung“ und der damit verbundenen Verzögerung des Einzugs in die Immobilie. Das RPA ist laut eigener Aussage unabhängig von Weisungen und dafür zuständig, „das ordnungsgemäße, recht- und zweckmäßige sowie wirtschaftliche Verwaltungshandeln zu überprüfen“.

Stadt Köln hat Planungen mehrfach geändert

Die Stadtverwaltung hatte die Planungen, welche Ämter und Dienststellen die ehemalige Kaufhof-Zentrale nutzen sollen, mehrfach umgeworfen. Die Stadt hat laut Prüfbericht bereits 4,2 Millionen Euro für Mietausfälle und Leerstandskosten an den Vermieter Swiss Life bezahlt – die Summe kann bis zum Einzug noch auf 15,3 Millionen Euro steigen. Hinzu kommen 1,5 Millionen Euro für Planungen, die es rückblickend nicht gebraucht hätte.

Mietvertrag ohne Votum des Kölner Stadtrats verlängert

Die Prüfer beanstanden außerdem, dass die Verwaltung zwei Nachträge zum Mietvertrag abgeschlossen hat, ohne den Stadtrat einzubinden – das verstoße gegen die Zuständigkeitsordnung der Stadt Köln. Das Baudezernat wollte in der Ratssitzung vom 3. April dieses Jahres einen Beschluss der Politik einholen, um erstens den Mietvertrag vorzeitig um fünf Jahre bis zum 31. Dezember 2050 verlängern zu können und zweitens weitere 50 Millionen Euro für den Umbau ausgeben zu dürfen. Zu einer Entscheidung kam es jedoch nicht, weil die SPD weiteren Beratungsbedarf anmeldete.

Dennoch unterzeichneten Baudezernent Markus Greitemann als Erster Betriebsleiter der Gebäudewirtschaft und der kaufmännische Geschäftsführer Wolfgang Behrisch am 4. April – also am Tag nach der Ratssitzung – einen Nachtrag zum Mietvertrag und verlängerten diesen damit vorzeitig bis Ende 2050. Bei Mietkosten von 12,3 Millionen Euro pro Jahr verpflichtete sich die Stadt Köln somit dazu, dem Vermieter insgesamt weitere 61,5 Millionen Euro zu bezahlen. Im Gegenzug reduzierte Swiss Life die Ausgleichszahlungen für entgangene Mieteinahmen, weil die Stadt nicht wie verabredet Anfang 2024 eingezogen war, von 19 Millionen Euro auf höchstens 15,3 Millionen Euro. Die vorzeitige Verlängerung werfe aus Sicht des Rechnungsprüfungsamtes „Bedenken bezüglich der Vorgehensweise der Verwaltung auf“, heißt es in dem Prüfbericht.

Auch ein erster Nachtrag zum Mietvertrag vom 5. Juli 2023 hätte nach Ansicht des RPA durch den Stadtrat laufen müssen. Darin verpflichtete sich die Gebäudewirtschaft, dem Vermieter 4,2 Millionen Euro als Ausgleich für den noch nicht erfolgten Einzug zu bezahlen. Die Gebäudewirtschaft sagt, diese Entscheidung sei gedeckt, weil im Mietvertrag ein Budget in Höhe von 27 Millionen Euro für den Umbau des Gebäudes zur Verfügung steht. Diese Argumentation ist für das Rechnungsprüfungsamt nicht nachvollziehbar, da das Mieterausbaubudget keine Ausgleichszahlungen beispielsweise für Mietausfälle und Leerstandskosten vorsehe – so steht es im Prüfbericht.

Es handele sich vielmehr um eine Vereinbarung von neuen finanziellen Verpflichtungen, die laut Zuständigkeitsordnung ab einem Wert von 300.000 Euro netto den zuständigen Ratsgremien und ab 1,5 Millionen Euro dem Rat zur Entscheidung vorgelegt werden müsse, schreiben die Prüfer. Da die maßgeblichen Wertgrenzen um das 14-Fache (Ratsgremien) beziehungsweise das 2,8-Fache (Rat) überschritten wurden, hätte der Rat dem Nachtrag vor der Unterzeichnung zustimmen müssen. Die Verwaltung sieht das anders, darauf weist auch das RPA hin.

Die Prüfer kündigen an, ein Rechtsgutachten in Auftrag zu geben, um eine „einheitliche Auslegung und künftige rechtssichere Formulierung der Zuständigkeitsordnung“ zu gewährleisten. Ob die Missachtung der Zuständigkeitsordnung, die das RPA sieht, Konsequenzen nach sich zieht, obliege der Verwaltung. Auf eine Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ antwortete diese am Montag nicht.

Kosten nicht transparent dargestellt

Das RPA stellt zudem fest, dass die Beschlussvorlagen aus dem Baudezernat, dem die Gebäudewirtschaft untersteht, die voraussichtlichen Kosten für die Anmietung der ehemaligen Kaufhof-Zentrale „nicht ausreichend transparent darstellen“. Als der Stadtrat im Februar 2022 entschied, dass die Gebäudewirtschaft die Immobilie mieten solle, habe es keinerlei Hinweise gegeben, dass das im Mietvertrag enthaltene Ausbaubudget von 27 Millionen Euro nicht ausreichen würde. Das Baudezernat habe stattdessen darauf verwiesen, dass der nicht benötigte Teil dieses Budgets als mietfreie Zeit gutgeschrieben werden könnte. Im April dieses Jahres sollte die Politik dann plötzlich weitere 50 Millionen Euro für den Umbau freigeben – Grüne, SPD, Linke und Volt verwehren bislang ihre Zustimmung und forderten die jetzt erfolgte Untersuchung durch das Rechnungsprüfungsamt.

Greitemann verweist auf Verantwortung anderer Dezernenten

„Der RPA-Bericht zeigt eindeutig: Die Grundsatzentscheidung zur Anmietung war richtig“, sagte Baudezernent Markus Greitemann, der sich zurzeit als Kandidat der CDU um das Oberbürgermeisteramt bewirbt. Das RPA habe 2022 keine Bedenken gegen den Mietvertrag gehabt, „weil klar war: Wir geben teure, veraltete Liegenschaften auf und führen die Verwaltung an modernen Standorten zusammen.“ Greitemann geht in seinem Statement nicht auf den finanziellen Nachteil ein, der der Stadt entstanden ist. Ebenso ließ er die Frage offen, was der Bericht für seine Chancen als OB-Kandidat bedeutet.

Baudezernent Markus Greitemann

Baudezernent Markus Greitemann tritt für die CDU als Kanduidat für das Oberbürgermeisteramt an.

Greitemann sieht auch seine Dezernentenkollegen als Verantwortliche. Das dürfte zu Spannungen führen, sowohl im Falle seiner Wahl zum OB als auch bei einer Rückkehr ins Baudezernat. Er sagte: „Das RPA bestätigt auch, dass die späteren Probleme erst durch zahlreiche Änderungswünsche anderer Dezernenten und des Lenkungskreises strategisches Büroflächenmanagement entstanden sind. Diese Umplanungen haben erhebliche Verzögerungen und Kostensteigerungen verursacht – genau das kritisiert das Rechnungsprüfungsamt zu Recht.“

Er stellte klar, dass er im Gegensatz zum RPA davon überzeugt sei, dass er die politischen Gremien für die Kostenerhöhungen nicht habe beteiligen müssen. Er teile damit die Rechtsauffassung der Verwaltung. „Zum Thema der Zuständigkeitsordnung gibt es unterschiedliche Rechtsauffassungen zwischen Verwaltung und Rechnungsprüfungsamt. Deshalb erklärt das RPA ja auch, ein Rechtsgutachten in Auftrag geben zu wollen, um diese Unstimmigkeiten zu klären. Ich bin überzeugt, dass die Rechtsauffassung der Verwaltung richtig ist.“

Die Gebäude an der Leonhard-Tietz-Straße stehen südöstlich hinter dem Neumarkt und gehören der Agrippa Quartier GmbH & Co., einer der Gesellschafter ist unter anderem Swiss Life Asset Managers. Die Straße ist nach dem Kaufhof-Gründer benannt. Die Häuser stammen teils aus den Jahren 1951 bis 1954 und sind teils denkmalgeschützt. Sie stehen seit Jahren leer, nachdem Kaufhof und Karstadt sich ab 2018 etappenweise zusammengeschlossen haben und mittlerweile als Galeria firmieren.