Nach 56 JahrenAm Neumarkt geht das Licht aus – Kölner Lichthaus Remagen zieht um

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Remagen Köln

Ende des Jahres beginnt am Neumarkt der Ausverkauf.

  • Nach 56 Jahren verlässt das Lichthaus Remagen das 700 Quadratmeter große Geschäft am Kölner Neumarkt.
  • Ab 2021 wird die sechste Remagen-Generation mit neuen Geschäftsideen und an neuer Stelle weitermachen.
  • Für Heinrich Remagen ist das gleichzeitig ein Abschied vom Beleuchtungshaus.

Köln – Der Kölner Klerus soll sich lange gegen die Einführung der ständigen Straßenbeleuchtung gewehrt haben. Sie verstoße gegen die von Gott gesetzte Ordnung des Wechsels von Licht und Finsternis. Damals wurden Nachtschwärmer vom Leuchtemann nach Hause gebracht – bis Pioniere wie Gottfried Remagen der Nachtwächter-Ära ein Ende machten.

Remagen war Klempner von Beruf, gehörte zur Gilde der Blechschläger und kannte sich aus mit Rohren, Muffen, Flanschen. Deshalb gehörte er zu jenen, die ab 1840 in Köln nicht nur Wasser-, sondern auch die neuen Gasleitungen unter die Erde brachten.

Remagen-Generation zieht innerhalb von Köln um

Gottfried Remagen, dessen erstes Geschäfts- und Wohnhaus noch heute in der Lintgasse 20 steht, erkannte scharfsinnig, dass damit auch das Ende des blakenden Kerzen- und Petroleumlichts im Wohnzimmer gekommen war. Den wohlhabenderen Altstadt-Familien legte er Gaslicht in die gute Stube. „Eine Innovation vergleichbar der des Halogen-Lichtes“, sagt Heinrich Remagen.

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Das ist 175 Jahre und fünf Licht-Generationen her, und die Remagens stehen heute vor der nächsten Innovation. „Die Ära des Lampenladens, also des klassischen Einzelhandels, läuft aus. Ab 2021 wird die sechste Remagen-Generation im neuen Haus mit neuen Geschäftsideen weitermachen“, so Senior Heinrich. Er will seinen Söhnen Patrick und Oliver weiter beratend zur Seite stehen.

Remagen Team

Heinrich Remagen mit seinen Söhnen Patrick (l.) und Oliver

Aus Kölner Lampenladen wird Lichtplanungsbüro

Nach 56 Jahren verlässt das Lichthaus Remagen mit seinen zwölf Mitarbeitern das 700 Quadratmeter große Geschäft am Neumarkt und wird auf gleicher Fläche in einer neuen viergeschossigen Immobilie am Vogelsanger Girlitzweg als Lichtplanungsbüro wiedereröffnen.

„Wir werden unseren Kunden auch weiterhin jedes Beleuchtungsmittel beschaffen. Unser Kerngeschäft aber besorgen zukünftig Fachabteilungen, die neben Privatkunden insbesondere für Gewerbekunden Konzepte für Lichttechnik und -design, Gesundheit und Raumakustik anbieten. Es geht um ganzheitliche Raumqualität, vom Licht über Akustik bis zur Ausstattung mit ausgefallenem oder ergonomischem Mobiliar.“

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Für Heinrich Remagen ist das ein Abschied vom Beleuchtungshaus am Neumarkt, das sein Vater Artur im Mai 1964 in Anwesenheit von Oberbürgermeister Theo Burauen eröffnete. „Da war ich 13 und ich erinnere mich an unseren Schokoladen-Bomber, ein dunkelbrauner VW-Bully mit goldenem Schriftzug.“ Damals verkaufte Remagen auch Möbel und Kunstgewerbe, von der Decke hingen farbige Schirme, Trichter und Röhren und die Stehlampen trugen voluminöse Hauben.

Mit Zigaretten über die Runden

Vater Artur hatte das Geschäft nach der Rückkehr aus englischer Kriegsgefangenschaft neu aufgebaut. „Er hatte aus Ägypten eine Ladung Zigaretten mitgebracht, die den finanziellen Grundstock bildeten.“ Vor dem Krieg hatte Remagen am Neumarkt eine Leuchtenfabrik auf dem Grund, auf dem heute die Kreissparkasse sitzt. „Die Fabrik war zerbombt, aber aus dem verschütteten Lager in der Zeppelinstraße konnte mein Vater Leuchten bergen, mit denen er neu anfing.“

Neu anfangen musste 2010 auch Sohn Heinrich, nach einer Insolvenz infolge der Finanzkrise, die einen Großkunden wanken ließ. „Du fällst hin, siehst ein, dass du Fehler gemacht hast, und stehst wieder auf“, sagt Remagen. Für den großflächigen, innerstädtischen Leuchten-Einzelhandel sieht Remagen im Zeitalter des Internethandels keine gesicherte Zukunft. „Mit unseren Beratungs- und Planungsleistungen, insbesondere unsere Beratungen vor Ort, finden wir großen Zuspruch.“

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Ab 2021 geht es an neuer Stelle weiter

In kaum einer anderen Branche ist der technologische Wandel so intensiv spürbar wie im Licht- und Leuchtensektor. Das LED-Licht hat in rasanter Geschwindigkeit an Bedeutung gewonnen, allerdings auch für die Gesundheit, so Remagen: „Ich habe eine Elektrobiologen-Ausbildung gemacht als klar wurde, dass dieses überwiegend blaue LED-Licht nicht gut für uns ist. Unser Haus bietet auch ökologisch nachhaltige Alternativen an, insbesondere Glühlampen oder Halogenleuchten mit ausreichend Rotlichtanteilen. Zuviel Blaulicht aus LED-Lampen, Computern, Fernsehern führt zu schlechtem Schlaf und Schädigungen des Auges.“

Rabatte zum Jubiläum

Das Geschäft wird am Neumarkt fehlen – mit seinen Aktionen zum Thema Kunst und Licht oder den Passagen während der Möbelmesse Präsent bleibt Remagen allemal im Kölner Zentrum: das Lichtkonzept der Hohenzollernbrücke stammt von ihm. Zum Jubiläum lädt das Lichthaus noch einmal mit Aktionen und Rabatten ein. „Bis Mai bieten wir jeden Monat eine bestimmte Leuchtengattung für 17,5 Prozent Rabatt an. Zum Jahresende beginnt dann unser Abverkauf.“ Danach ist die 6. Generation dran. „So ein Geschäft führt man nicht, weil es eben ein Familienerbe ist“, sagt Heinrich Remagen. „Das geht nur, wenn man mit ganzem Herzen dabei ist. Und das sind meine Söhne.“

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