Der „Karnevalsphilosoph“ Wolfgang Oelsner bedankt sich mit einer außergewöhnlichen Rede.
Rheinlandtaler für Wolfgang OelsnerMit dem Treuen Husar in die „Anderswelt“

Wolfgang Oelsner und Anne Henk-Hollstein mit dem Rheinlandtaler.
Copyright: Arton Krasniqi
Viel trauriger geht es eigentlich nicht: Da erfährt ein junger Mann fern der Heimat davon, dass seine große Liebe so krank geworden ist, dass sie sterben muss. Der Mann lässt alles stehen und liegen, fragt keinen um Erlaubnis und eilt nach Hause. Er kommt gerade noch rechtzeitig am Sterbebett der Geliebten an, um sich zu verabschieden. „Und als er zum Herzliebchen kam, ganz leise gab sie ihm die Hand. Die ganze Hand und noch viel mehr, die Liebe nahm kein Ende mehr“, berichtet die fünfte Strophe des Liedes vom Treuen Husar, die wohl kaum einer kennt.
Stattdessen schmettern die Kölnerinnen und Kölner seit über 100 Jahren das auf die erste Strophe radikal verkürzte Lied als Karnevalsmarsch. Eine traurige Ballade ist zur Hymne für ein ausgelassenes Volksfest geworden. Wer wissen will, wie so etwas Seltsames zu erklären ist, muss Wolfgang Oelsner fragen.
Karneval kann so viel mehr als Trallala.
Der gelernte Sonderpädagoge und Psychotherapeut ist besser unter der ungeschützten Berufsbezeichnung „Karnevalsphilosoph“ bekannt. Und ein solcher belässt es nicht bei ein paar Dankesworten, wenn er eine der wichtigsten Ehrungen der Region bekommt. Zusammen mit der „Stadtkapelle Köln“ und der Band „Knippschaff“ nahm der exzellente Redner sein Publikum im Rheinlandsaal des Landschaftsverbands in Deutz mit in die Tiefen der „Anderswelt Karneval“.
Die virtuose Stadtkapelle schmetterte den Marsch, so wie ihn der Militärkapellmeister Heinrich Frantzen 1924 komponiert hat. Dann sang Ex-Bläck Fööss Sänger Kafi Biermann mit der Band Knippschaff den kompletten Text des alten Volksliedes so leise und fein arrangiert, dass manchem im Saal die Tränen kamen. So spürte jeder, was Oelsner meint, wenn er vom „Wechselbad der Gefühle“ berichtet, in dem Melancholie auf Lebenslust trifft. „Karneval kann so viel mehr als Trallala, er kann auch Substanz.“
Ein Streiter für die „Brauchkultur“
Der Geehrte machte mit seiner Rede und den von ihm mitgebrachten Musikgruppen aus der Verleihung des Rheinlandtaler des Landschaftsverbandes etwas ganz Besonderes. Viele Weggefährten aus den Bereichen Kultur und Brauchtum – Oelsner selbst spricht immer von „Brauchkultur“ – waren gekommen, um den klugen Autor zu feiern, darunter Musiker der Bläck Fööss, mit denen Oelsner vor Kurzem in der Flora die Revue „Usjebomb un opjebaut“ gestaltet hatte, Ex-Bandmitglieder Bömmel Lückerath und Erry Stoklosa, der Kabarettist Jürgen Becker und der „Bergische Jung“ Willibert Pauels.
Die Liste seiner Ehrenämter, die die Vorsitzende der Landschaftsversammlung Anne Henk-Hollstein und der Kölner Bürgermeister Ralph Elster aufzählten, war lang und sie beschränkten sich keineswegs nur auf den Karneval. Der ehemalige Leiter von Kölner Förderschulen ist zum Beispiel auch ein engagierter Streiter für mehr Inklusion. Seit vielen Jahren hilft er im Förderverein der „Villa Kunterbunt“, dem Therapiehaus für psychisch kranke Kinder.
Henk-Hollstein übergab ihm den Rheinlandtaler für „außergewöhnliche Verdienste um die kulturelle Vielfalt und die Besonderheiten unserer Region“. Der Autor des vielleicht besten Standardwerks über den Kölner Karneval, das „Fest der Sehnsüchte“, habe den Karneval „mit einer Mischung aus Humor, Intellekt und Leidenschaft zu einem faszinierenden Forschungsobjekt gemacht und uns allen gezeigt, dass hinter all den bunten Kostümen und den fröhlichen Melodien eine tiefe Bedeutung steckt“. Oelsner mache bewusst, „mit welchem kulturellen Schatz wir es zu tun haben“. Er trage dazu bei, dass eine regionale Tradition auch „künftig Brücken bauen kann“.