Für 400 Euro die StundeDie Villa Boisserée kann jetzt jeder mieten

Lesezeit 4 Minuten
Ein Mann mit dunklem Haar und blauem Jackett steht vor einer großen Villa mit Säulen und Terrassentüren mit Rundbögen.

Nima Akbarpour ist Eigentümer der Villa Boisserée

Köln hat eine neue Eventlocation: Die repräsentative Villa Boisserée am Rheinufer. Ein wenig Kleingeld sollten Interessenten schon haben, ein Tag kostet 5000 Euro. 

Die Villa Boisserée am Gustav-Heinemann-Ufer wurde in den vergangenen Jahrzehnten von der Agentur „Intercom“ als Bürogebäude genutzt. Im Dezember 2021, mitten in der Pandemie, wechselte sie den Besitzer. Die Veranstaltungsagentur „Intercom“ verkaufte die alte Villa und zog in den Rheinauhafen. Der neue Eigentümer heißt Nima Akbarpour, seit 2007 ist er Geschäftsführer der Firma „IFS -Financial Partners“  ein Finanzdienstleister für medizinische Berufe und Immobilien. Er vermietet die Prachtvilla. 

„Mit der Villa habe ich ein Stück Geschichte gekauft, ein historisches Gebäude aus dem Jahre 1901, das die beiden Weltkriege unbeschadet überstanden hat und ein Wahrzeichen für Köln ist. Der Erhalt und die Würdigung der Villa liegt mir am Herzen. Wir möchten bewusst eine Zielgruppe ansprechen, die sich mit der Eventlocation identifizieren kann“, sagt der 39-jährige neue Eigentümer der Villa Boisserée.

Villa Boisserée

Villa Boisserée

Gemietet werden kann die Villa stunden- und tageweise oder auch länger. Die Stunde kostet 400 Euro, ein ganzer Tag 5000 Euro. Die Räume sind großzügig, rund 1500 Quadratmeter verteilen sich auf zwei Etagen, mit Terrasse und Balkon und Blick auf den Rhein. Das Treppenhaus ist aus Marmor, von der Decke hängt ein imposanter Kristalllüster. Die Räumlichkeiten werden leer vermietet, jeder Kunde kann seine individuellen Gestaltungswünsche umsetzen.

Bislang fanden in der Villa Boisserée bereits Fotoshootings für Brautmoden, eine große Show der Kosmetikfirma L’Oréal, die Vorstellung der neuen Schmuckkollektion von „Purelei“, eine Präsentation der Turnschuhmarke Snipes und eine Vernissage mit Werken des kanadischen Künstlers Rio statt. 

Interview mit Boris Becker fand in der Villa Boisserée in Köln statt

„Unser erster Kunde war Sat1. Der Vorspann für das erste Interview mit Boris Becker nach seiner Haftentlassung wurde in der Villa gedreht. Mit dem Moderator Steven Gätjen haben wir für den Opener in der Villa eine Art Becker-Museum simuliert“, erzählt Dimitri Vaingolts, Leiter der Eventlocation. „Wir hoffen alle sehr, dass das positive Ambiente der Villa und die Strahlkraft des Gebäudes auch Boris Becker einen guten Neuanfang bescheren wird.“

Ein Mann im weißen Polohemd und Jeans steht im marmornen Treppenhaus.

Dimitri Vaingolts leitet die Eventlocation.

Der neue Eigentümer, Nima Akbarpour, und Dimitri Vaingolts kennen sich aus der Schulzeit. Beide haben in Köln-Deutz auf dem Gymnasium in der Schaurtestraße Abitur gemacht. Während des Studiums trennten sich dann ihre Wege, der eine studierte Finanz-Ökonomie der andere wurde Finanzfachwirt. Seit 2007, dem Gründungsjahr des Unternehmens IFS, arbeiten die Schulfreunde wieder zusammen. Beim Konzept der neuen Eventlocation haben beide sehr genaue Vorstellungen.

Villa Boisserée soll exklusiven Club beherbergen wie im Hotel Adlon

„Wir wollen hier in der Villa ganz bewusst keine öffentlichen Veranstaltungen, wir möchten uns die Interessenten vorher anschauen. Jeder ist willkommen, kann die Location besichtigen, dann gehen wir in nähere Gespräche. Das Haus bietet Platz für maximal 180 bis 190 Personen, hat Platz für eine großzügige Bühne. Die Bestuhlung und Einrichtung kann flexibel gestaltet werden“, so Vaingolts.

Ein großzügiges Treppenhaus ist zu sehen, Menschen mit Gläsern stehen im Raum unten und auf der Treppe. Bilder hängen an der Wand, Skulpturen sind aufgestellt.

Gäste in der Villa anlässlich einer Vernissage

Der neue Eigentümer möchte aus der Villa Boisserée aber mehr als nur eine Eventlocation machen, mittelfristig plant er hier auch, einen exklusiven Club nach dem Vorbild des China-Clubs im Berliner Adlon Hotel zu etablieren. Allerdings mit einem gravierenden Unterschied: während die Mitglieder im China-Club eine Aufnahmegebühr von 10.000 Euro und einen jährlichen Beitrag von 2.000 Euro zahlen müssen, soll die Mitgliedschaft im Kölner Club kostenlos sein.

Ein Raum mit Parkett, Terrassentüren und hohen Blumenvasen ist zu sehen.

Vom Bankettsaal aus sieht man den Rhein.

„Die gängige Praxis: ‚Du kannst nur rein, wenn Du Geld hast‘ möchte ich nicht. Allein das Geld zum Entscheidungskriterium zu machen, finde ich sehr klischeehaft. Es gibt viele interessante Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Kunst und Literatur, die eine Botschaft haben, die aber nicht unbedingt auf der Bestseller-Liste stehen. Genau diese Frauen und Männer sollen ohne Aufnahmegebühren und ohne jährliche Beiträge in dem Kölner Club Mitglied werden können“, sagt der Eigentümer und fügt hinzu: „Ich habe diese alte Villa mit dem Ziel gekauft, daraus eine Kommunikation- und Begegnungsstätte zu machen, einen Ort, an dem ich den Menschen großartige Momente bescheren möchte.“

Wer die Villa nicht mietet oder zu den angedachten 2000 Mitgliedern des geplanten Clubs zählt, kann dennoch Hoffnung haben, die Räumlichkeiten der Villa am Kölner Rheinufer einmal von innen zu sehen. Denn Kunstausstellungen renommierter Galerien bleiben weiter im Programm und als Höhepunkt planen die beiden Betreiber der Villa auch einen Weihnachtsmarkt, zu dem der Eintritt frei sein soll. Man darf also gespannt sein.


Die Villa Boisserée wurde 1906/07 von Sulpiz Boisserée, dem Inhaber des Dampfsägewerks am Kölner Rheinufer, für seine Frau Louise erbaut. Der Architekt ist unbekannt, aber der Baustil orientiert sich am französischen Maison de Plaisance des 18. Jahrhunderts. Die Hauptfassade zeigt Richtung Rhein. Im Zentrum des Hauses befindet sich eine aus Marmor gestaltete Treppenhalle. Im Erd- und Obergeschoss befinden sich je ein großer repräsentativer Saal und mehrere kleinere Räume, die von Louise Boisserée als Speise-, Schlaf und Ankleidezimmer genutzt wurden. Die Villa ist trotz Sanierung in der Nachkriegszeit weitgehend im Originalzustand erhalten geblieben. Neben dem Palais Oppenheim ist die Villa Boisserée die imposanteste Villa aus der Kaiserzeit am Rheinufer im Kölner Süden.

KStA abonnieren