Streit in Köln-Zollstock eskaliertBürogebäude über Nacht in Schutthaufen verwandelt

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Ein Schutthaufen an der Stelle, wo ein vom Pflegedienst als Archiv genutztes Gebäude stand

Ein Schutthaufen an der Stelle, wo ein vom Pflegedienst als Archiv genutztes Gebäude stand

Zollstock – Birgit Hövel staunte nicht schlecht, als sie am 29. Juli das Gelände betrat, auf dem sie seit 28 Jahren einen Pflegedienst betreibt. Ein zweistöckiger Bau, in dem mehr als 150 ihrer Aktenordner lagerten, hatte sich über Nacht in einen Schutthaufen verwandelt. Dem ersten Schock folgte schnell die Einsicht, dass der Streit mit ihrer Vermieterin damit wohl endgültig eskaliert war. Diese hatte zunächst eine Mauer einreißen lassen, die Hövels Grundstück umgibt. Drei Wochen danach zerstörten Arbeiter dann das angrenzende Gebäude, vom Pflegedienst als Archiv für alte Akten genutzt. Erst die Polizei konnte sie davon abhalten, weitere Bauten auf dem Grundstück zu entfernen.

Hövel hat mittlerweile vor Gericht eine einstweilige Verfügung erwirkt. Die Eigentümerin betreibt auf dem Nachbargrundstück einen Abschleppdienst. Sie und ihre Mitarbeiter dürfen Hövels Gelände bis auf Weiteres nicht mehr betreten, sämtliche Einsprüche wurden abgelehnt. Hövel hat sich außerdem entschieden, an die Öffentlichkeit zu gehen. „Meine Mitarbeiter sind verunsichert“, sagt sie und was noch schwerer wiegt: Wegen des Streits konnte sie ihre Patienten zwischenzeitlich nicht zuverlässig versorgen, darunter auch solche, die regelmäßig Medikamente bekommen müssen. Ihren Firmensitz hat sie kurzfristig verlegt.

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Das Absurde: Hövel hatte ohnehin geplant, mit ihrem Betrieb zum Jahresende wegzuziehen.Das Grundstück, das Hövel und ihre elf Mitarbeiter bislang als Büro und Stützpunkt für die ambulante Pflege genutzt haben, liegt am Höninger Weg, eingekeilt zwischen zwei weiteren Grundstücken, die seit 2013 vom Abschleppunternehmen Christophorus genutzt werden.

Eigentümerin aller drei Grundstücke ist die Firmenchefin. Sie lässt über ihren Anwalt mitteilen, das Gebäude und die Mauer seien einsturzgefährdet gewesen. Sie verweist auf ein Gutachten aus dem Jahr 2014, das sie aber weder vor Gericht noch Hövel selbst vorlegt. Der Anwalt der Eigentümerin beruft sich außerdem auf mehrere Schreiben der Stadtverwaltung, die dieser Zeitung vorliegen und den baufälligen Zustand der Bauten belegen sollen. Er argumentiert mit „Gefahr im Verzug“, die sich aus der Prüfung durch das städtische Bauaufsichtsamt ergeben hätte.

Du Zufahrt zum Hof: Das Gebäude an der Straße wollte Hövel ohnehin zum Ende des Jahres aufgeben.

Du Zufahrt zum Hof: Das Gebäude an der Straße wollte Hövel ohnehin zum Ende des Jahres aufgeben.

Das lässt Petra Lenz-Voß, die Anwältin von Birgit Hövel, nicht gelten: „Wenn Gefahr für Leib und Leben bestanden hätte, hätte die Stadt von sich aus Maßnahmen vornehmen lassen müssen“, sagt sie. Eine zwischenzeitlich ergangene Anordnung der Stadt an Birgit Hövel wurde auf ihren Einspruch hin zurückgenommen. Davon abgesehen: Der Richter am Landgericht habe eindeutig festgestellt, dass die Eigentümerin in keinem Fall als „Vollstreckerin der Stadt“ auftreten könne.

Wie das Grundstück nach Jahresende genutzt werden soll, ob es neu vermietet wird oder ob die Eigentümerin es für eigene Zwecke nutzen will – diese Fragen lassen sie und ihr Anwalt unbeantwortet. Derzeit werden die Aufträge der Stadt für die Abschleppdienste neu ausgeschrieben. Vor kurzem endete die Frist für die Abgabe der Gebote. Das Unternehmen Christophorus ist bislang für den linksrheinischen Süden zuständig. Die Bedingungen für die jüngste Ausschreibung haben sich allerdings stark verändert. Mehr Unternehmen als bislang könnten zum Zug kommen.

Sie müssen unter anderem ausreichend Stellplätze für die sichergestellten Autos nachweisen. Ob es Pläne gibt, Hövels Grundstück dafür zu nutzen, wollen die Unternehmenschefin und ihr Anwalt auf Anfrage nicht kommentieren. Auffallend ist, dass in den Straßen der Umgebung immer wieder die geparkten gelben Lkw der Firma zu sehen sind. Das mag Zufall sein, aber auch Platzmangel auf dem bisherigen Grundstück wäre eine denkbare Erklärung.

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