Stammgäste des Weißer Almabtriebs können es kaum erwarten: Am Samstag, 11. Oktober, geht das leicht skurril anmutende Dorffest in die 18. Auflage
Almabtrieb in Köln-WeißBürokratie und Kosten gefährden das Event

Die „Radlerband“ reist eigens aus dem Allgäu an, um beim Weißer Almabtrieb für Stimmung zu sorgen.
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Es ist ein Fest mit fest verankerten Traditionen: Ab 12 Uhr stehen am Hof Lorbach, Am Treidelweg 1, die Oldtimer-Traktoren, die sich dort zahlreich treffen und knatternd die Wiese verlassen, um eine Runde zu drehen. Um 14 Uhr wird die festlich geschmückte Braunviehherde erwartet. Dem Glockenklang von Leitkuh Cleo folgend, erreichen dazu zunächst mit Blumen geschmückte Ponys und Pferde, mit großen und kleinen Reitern, den Hof. Danach geht es ab 15 Uhr ins Festzelt, wo die Radlerband am frühen Abend ordentlich einheizen wird, die jährlich dafür eigens aus dem Allgäu anreist. Eine echte Gaudi mit Speisen, Getränken und Unterhaltung für die Kinder.
Baugenehmigung kostet 1500 Euro
Nur einer kann sich daran nicht mehr erfreuen. Der Veranstalter selbst. „Ich bin nervlich und emotional am Ende. Ich bin Bauer mit einem laufenden Betrieb. Der Aufwand ist viel zu groß. Es wird immer mehr und mir hilft keiner.“ Der Aufwand, das ist nicht nur der Auf- und Abbau, den Lorbach mit zwei fest angestellten Mitarbeitern über eine Woche auf Trab hält. Es sind die organisatorischen Hürden, aber vor allem die städtischen Auflagen. 15 Jahre gab es diese nicht. Dann brauchte es für die Nutzung der eigenen Reithalle eine Baugenehmigung, die die „kurzfristige Umwidmung der Reit- in eine Eventhalle“ festhält. Vor drei Jahren funktionierte das nicht. Da musste extra ein Zelt neben der Reithalle aufgebaut werden, was weitere Kosten verursachte (wir berichteten). Geld wurde dazu unter anderem auch für Brandschutzgutachten und Fluchtwegepläne ausgegeben. Ein notwendiges Sicherheitskonzept, mit dem Bauer Lorbach durchaus einverstanden ist.
Doch wieso muss die Baugenehmigung jedes Jahr erneuert werden, wenn sich nichts ändert? Krapohl legte dem Bauaufsichtsamt einen Erlass des Heimatministeriums des Landes NRW von 17. Juni 2024 vor. Danach ist für eine vorübergehende Nutzungsänderung keine Genehmigung nötig. „Da wollte die Stadt nicht mitgehen.“ sagt der Architekt, der sich über die immer komplizierte Bürokratie ärgert. Der Weißer hat bei der Erstellung der Pläne geholfen, sämtliche Details von Tischen, Schankständen, der Bühne, Fluchtwege bis zu den Wassersprenklern eingezeichnet. „Eine Baugenehmigung für sechs bis sieben Stunden ist echt eine Lachnummer“, sagt der Architekt. Auf die muss dann vier bis fünf Monate gewartet werden. „Die Leute brauchen doch eine Planungssicherheit.“ Für sämtliche Gewerke von Security bis zur Musik aus dem Allgäu.
Die städtische Pressestelle widerspricht dieser Aussage, da man sich einem Erlass des Landes nicht widersetzen würde. Es gibt kein „Muss“ mehr, eine Baugenehmigung für diese temporäre Umnutzung der Scheune in eine Veranstaltungshalle zu beantragen. Bei Inanspruchnahme der Genehmigungsfreiheit erhöht sich allerdings deutlich die Eigenverantwortung der Veranstalter zur Abklärung und Einhaltung sämtlicher Sicherheitsaspekte (beispielsweise Brandschutz, Landschaftsrecht, Immissionsrecht usw.) auf der Veranstaltung", heißt es von städtischer Seite, die von einer "freiwilligen Antragstellung" spricht.

Der Almabtrieb in Weiß ist Tradition, er findet in diesem Jahr zum 18. Mal statt.
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Der Architekt kann sich über diese Aussage nur wundern. Die temporäre "freiwillige" Nutzungsänderung musste dieses Jahr überdies erstmalig digital eingereicht werden. Ein weiterer Aufwand. Hinzu kommen die Kosten. Für die jährliche Baugenehmigung verlangt die Stadt rund 1.500 Euro, sagt Lorbach. Da ist die Abnahme noch nicht inbegriffen. „Mein Hals hängt hier immer in der Schlinge. Wenn sich das Fest nicht refinanziert, geht es auf meine Tasche“, sagt der Bauer, dem die Veranstaltung mittlerweile schlaflose Nächte bereitet. „Wenn ich keine Hilfe bekomme, höre ich auf, auch wenn es mir schwerfällt. Das hier ist schließlich nur mein Hobby.“
Stromaggregate, die Halle, Heizungen würde er zur Verfügung stellen, wenn ihm etwa ein Verein unter die Arme greift. Einzig nicht verhandelbar ist die Radlerband. „Die muss bleiben“, so Lorbach. Die hat in diesem Jahr ein Geschenk für die Senioren im Gepäck, das eine neue Tradition hervorbringen könnte. Ab 15 Uhr spielt eine Blaskapelle, die ebenfalls aus dem Allgäu anreisen wird. Lorbach: „Die Senioren hatten sich noch mehr Heimatliches am Nachmittag gewünscht.“