Generalsanierung„Das Grabmal kann erstmals seit Jahrzehnten hautnah erlebt werden.“

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Abbau Figuren Kran

Die Figuren werden mit dem Kran abgebaut

köln – Für die kleine Mädchenfigur genügten noch drei Männer, um sie von ihrem Stammplatz und über das Geländer direkt daneben zu heben. Für die steinerne Frau waren schon fünf Helfer, eine Sackkarre und ein Flaschenzug nötig. Auch wenn es sich nur um einen Torso handelt: Mehr als 200 Kilo bringt die rund 2000 Jahre alte Dame immer noch auf die Waage.

Das Poblicius-Grabmal im Römisch-Germanischen Museum (RGM) wird derzeit auf die anstehenden Bauarbeiten vorbereitet. In zwei Jahren soll die Generalsanierung des veralteten Gebäudes aus dem Jahr 1974 beginnen, dafür werden die Exponate derzeit an sichere Orte verfrachtet. Die Herzstücke der seit Ende 2018 geschlossenen Ausstellung, das Dionysos-Mosaik und das Poblicius-Grabmal, jedoch müssen bleiben. Zum größten Teil jedenfalls: Drei der vier Figuren in der Mitte des 15 Meter hohen Grabmals wurden am Donnerstag gut gepolstert abtransportiert.

Der Zufallsfund am Chlodwigplatz war eine Weltsensation

Ihre Standsicherheit ist nicht so ausgeprägt wie die der zentralen Männerfigur, die wahrscheinlich Lucius Poblicius darstellt und an ihrem Ort stehen bleibt. Für ihn, den schwerreichen Ex-Legionär und Unternehmer, wurde das Denkmal etwa 40 nach Christus vor den Toren der römischen Stadtmauer errichtet.

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Im 19. Jahrhundert, aber vor allem durch Amateurarchäologen in den 1960er Jahren waren Teile des Bauwerks wieder zutage getreten. Der Zufallsfund am Chlodwigplatz war eine Weltsensation. „Das ist das am besten erhaltene und rekonstruierte Grabmal der gesamten Provinz Niedergermanien“, so Marcus Trier, Direktor des RGM. Rund zehn Prozent beziehungsweise 130 Steine der Originalsubstanz seien erhalten, der Rest sei Rekonstruktion.

Theoretisch könnten auch Mosaik und Grabmal im Vorfeld der großen Baustelle in Sicherheit gebracht werden, so der Berliner Restaurator und Bildhauer Thomas Lucker: „Aber die Wahrscheinlichkeit, dass Sie dabei viel zerstören, ist relativ groß.“ Vom gigantischen Aufwand einmal abgesehen. Nach Luckers Konzept werden die antiken Kunstwerke deshalb geschützt.

Odendahl: „Das Grabmal kann erstmals seit Jahrzehnten wieder hautnah erlebt werden.“

Das Grabmal wird komplett eingerüstet und mit sogenannten Sandwich-Platten eingehaust, die es nicht nur vor Staub abschirmen, sondern auch eine Klimatisierung auf 18 bis 20 Grad und 55 Prozent Luftfeuchtigkeit ermöglichen. Zwar sei die Kalkstein-Architektur insgesamt standsicher, so der Experte. Dennoch seien Erschütterungen für solche Exponate „hochgradig problematisch“. Es werde deshalb messtechnisch überwacht: „Sobald bestimmte Grenzwerte überschritten sind, gibt es einen kurzen Baustopp und man diskutiert Maßnahmen, um sicherzustellen, dass nichts passieren kann.“

Das Dionysos-Mosaik, für das das Römisch-Germanische Museum einst gebaut wurde, ist bereits unter klimadichten Sandwich-Platten verschwunden. Zusätzlich wurde es mit einem Schwerlastgerüst ausgestattet, das es vor Beschädigungen schützt. Laut Uwe Odendahl, Geschäftsführer der ausführenden Gerüstbaufirma, kann das Gerüst eine Belastung von 500 Kilo pro Quadratmeter aufnehmen: „Damit ist das Mosaik optimal geschützt gegen alle möglichen Unbilden.“

Für Marcus Trier ist die Einrüstung des Grabmals eine so schnell nicht wiederkehrende Gelegenheit, es genau zu begutachten, zu reinigen und kleinere Reparaturen vorzunehmen: „Das Grabmal kann erstmals seit Jahrzehnten wieder hautnah erlebt werden.“

Geprüft wird auch die Stabilität der Eckfiguren auf dem Dach oberhalb der Poblicius-Figur, unter Umständen müssen auch sie vor Sanierungsbeginn abtransportiert werden. Dass die Aeneas-Figurengruppe an der Spitze des Dachs für immer verschwindet, steht hingegen schon jetzt fest. Denn sie ist rund 100 Jahre nach dem Grabmal entstanden und stammt eigentlich von einem anderen Bauwerk. Die Figurengruppe werde durch einen steinernen Pinienzapfen ersetzt, so Marcus Trier.

Beginn der Generalsanierung im Jahr 2024

Bisher seien allein 650 Steindenkmäler der Ausstellung ausgelagert worden. Der Rest der Bestände werde bis Ende des Jahres in Depots untergebracht. Bis zum Beginn der Generalsanierung 2024 finden vorbereitende Arbeiten statt. Unter anderem würden Wandverkleidungen entfernt, um Erkenntnisse über die Bausubstanz zu erhalten, so Stephanie Brans von der städtischen Gebäudewirtschaft. Das Museum soll von Grund auf modernisiert werden, auch die Inszenierung der Ausstellung wird überarbeitet.

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Zudem ist eine unterirdische Verbindung zur geplanten „Historischen Mitte“ vorgesehen. Der Baubeschluss ist für 2023 geplant. 2015 war noch mit Kosten von 41,7 Millionen kalkuliert worden. Nun liegt die Schätzung laut Brans bei rund 80 Millionen Euro. Ob es dabei bleibt, darf bezweifelt werden. „Risiken verbleiben, das sind im Moment vor allem die Baupreissteigerungen.“

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