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Kommentar

Satirischer Wochenrückblick
Stille Stunden in der Kathedrale

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Für zehn Tage Normalzustand in Köln: Der Fern- und Regionalverkehr fällt komplett aus.

Für zehn Tage Normalzustand in Köln: Der Fern- und Regionalverkehr fällt komplett aus. 

Warum die Bahn wenigstens nach Engelskirchen fährt und die KVB mit den Kunden Weihnachtsbingo spielt.

Das ist ein feiner Zug der Deutschen Bahn, für den wir uns kurz vor der Adventszeit nur bedanken können. Für die stillen und besinnlichen Stunden, die sie uns ab heute zehn Tage lang in der zweiten Kathedrale beschert, die Köln neben dem Dom zu bieten hat. Still liegt er da, der Hauptbahnhof, mit seiner prächtigen gläsernen Kuppel. Es fährt kein Zug nach irgendwo.

Unser Hauptbahnhof – endlich mal nur zum Genießen auf den menschenleeren Bahnsteigen. Mit einem einsamen Rotkäppchen, das den letzten ICE noch abfahren sehen wird und das mit jeder stillen Stunde, die verrinnt, den Glauben an das Gute im Menschen zurückgewinnt. Weil es weder beschimpft noch beleidigt wird, weil keine Türe blockiert ist, die einen Zug an der Abfahrt hindert.

Das Weihnachtswunder von Köln

Advent, Advent! Die Pünktlichkeit liegt bei hundert Prozent. Züge, die nicht fahren, haben keine Verspätung. Und das bei jedem Wetter.

Das ist das Weihnachtswunder von Kölle.

In seiner großen Güte hat es der Fahrdienstleiter Gottes ermöglicht, bei der gescheiterten Programmierung tausender Fahrstraßen, die vom Hauptbahnhof in alle Himmelsrichtungen führen, eine Station erreichbar zu halten, die für das Rheinland im Advent unverzichtbar ist.

Neben der S-Bahn wird auch das bescheidene Regional-Bähnchen nach Engelskirchen fahren. Damit die Kinder, die zu Tausenden ihre Wunschzettel ans Christkind schicken, im DB Navigator kontrollieren können, dass es diesen himmlischen Ort nicht nur gibt, sondern man sogar hinfahren kann. Um in den Wäldern des Oberbergischen einen Weihnachtsbaum zu schlagen und ihn mit dem Zug nach Kölle zu bringen.

Das ist nicht selbstverständlich. Wie oft tauchen auf den Anzeigetafeln der Bahn Städtenamen auf, die erreichbar sein sollten, aber noch nie einen Zug aus Köln gesehen haben. Weil sie vorher umdrehen, um die Zeit herauszuholen, die sie irgendwo verplempert haben. Krefeld zum Beispiel. Oder Koblenz. Das wird mit Engelskirchen nicht geschehen und ist noch nicht das Ende der frohen Botschaften.

Das Weihnachtsbingo der KVB

Die KVB überrascht Kölner und Touristen, die auf vollen Bahnsteigen auf den nächsten Zug warten, in Advent mit einem Weihnachtsbingo.

Und das geht so. Auf den schönen neuen Info-Bildschirmen läuft ab sofort ein Spruchband in Endlosschleife: „Die Bahnen fahren zurzeit in unregelmäßigen Abständen. Wir werden sie schnellstmöglich wieder nach Fahrplan einsetzen.“

Dazu werden Zahlen eingeblendet, die sich ständig verändern. Mal ist es die 1, dann die 3, die 4 oder die 5, die 7, die 9, die 12, die 13, die 16, die 17 und die 18. Eine Zusatzzahl gibt es nicht.

Die Spielregeln sind ganz einfach. Wem es gelingt, innerhalb der Gültigkeitsdauer die Rückseite seines Papierfahrscheins für das Stadtgebiet mit allen Ziffern zu füllen, muss erst „Bingo“ und anschließend einen Kontrolleur rufen, um die Richtigkeit seiner Angaben bestätigen zu lassen.

Was es zu gewinnen gibt, wollen Sie wissen? Nichts. Schließlich fährt die KVB schon seit Jahren ohne Gewähr.