SporthochschuleTränen der Freude und des Frusts beim Eignungstest in Köln

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Köln – Die Stimmung ist gedämpft. Um 6.30 Uhr stehen die Kandidaten vor dem Schwimmzentrum und warten darauf, dass die Eignungsprüfung zur Aufnahme an der Sporthochschule beginnt. Immer wieder wird in der Warteschlange hinter den medizinischen Masken gegähnt.

Die Anspannung ist greifbar. Viele sind still, andere hibbelig. Einige laufen rastlos umher, reden leise mit Freunden oder Familienmitgliedern, die sie begleiten. Die Begleitpersonen werden bei den Leistungstests nicht dabei sein. Sie dürfen die Sportstätten wegen Corona nicht betreten.

Corona-Schnelltest ist Pflicht beim EIgnungstest in Köln

Die Asta-Helfer schon. Sie begleiten die Gruppen und stehen ihnen zur Seite. Die Helfer spielen Musik über eine Box und reden gelassen miteinander. Ihren Eignungstest haben sie lange hinter sich.

Plötzlich kommt Bewegung in Gruppe 5. Die Tests und Impfnachweise werden kontrolliert. Für einen jungen Mann gibt es den ersten Dämpfer. Er hat keinen Schnelltest gemacht, der ist aber vorgeschrieben. Heute brauchen auch Immunisierte (das heißt zweifach Geimpfte oder Genesene) einen Antigen-Schnelltest, der höchstens 24 Stunden zurückliegen darf. Ein Helfer zeigt dem nervös gewordenen Prüfling den Weg zum nächsten Testzentrum. Er hat Glück. Er wird es rechtzeitig zur ersten Disziplin schaffen.

19 Disziplinen werden überprüft

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erwarten 19 Disziplinen, darunter Tauchen, Schwimmen, 100-Meter-Lauf, Kugelstoßen, Hoch- oder Weitspringen, Turnen, eine Mannschafts- und eine Rückschlagsportart. Die Hochschule testet damit, wer sportlich breit aufgestellt ist – und sich gut genug vorbereitet hat. Die Durchfallquoten lagen in den vergangenen Jahren bei bis zu 50 Prozent.

Ada kassiert Defizit beim Kopfsprung

Ada Theilken möchte Sport- und Bewegungsvermittlung in Freizeit- und Breitensport (SBV) auf Bachelor studieren. Die 24-jährige Kölnerin nennt es: „Tanzen und Klatschen.“ Zwei-, dreimal habe sie schwimmen geübt, sie hofft, dass das reicht. Ada muss mit ihrer Angstdisziplin anfangen: Streckentauchen, 25 Meter. Keuchend steigt sie aus dem Wasser. Geschafft.

Eignungstest_Ada

Kandidatin Ada Theiken

Eine längere Pause gibt es nicht. Jetzt muss sie technisch sauber Brust- und Kraulschwimmen – beim Brustschwimmen fallen einige durch, weil sich beim Beinschlag die Beine kreuzen. Bei Ada haben die Prüfer nichts einzuwenden. Auch das Zeitschwimmen schafft sie.

Zwei Defizite erlaubt

Die Disziplinen haben sich kaum geändert – die Anforderungen für das Bestehen des Eignungstests sind in der Corona-Zeit allerdings angepasst worden. „Die Leute, die sonst nach einem Defizit rausgeflogen sind, können jetzt weiter machen“, sagt Gruppenleiter Stefan Reiff. Vor Corona durften sich die Teilnehmenden nur ein einziges Defizit erlauben. 19 von 20 Einzeldisziplinen mussten bestanden werden, sonst war der Traum vom Sportstudium vorbei.

Wer zum Beispiel den Hochsprung nicht schaffte und den Umschwung am Reck ebenfalls nicht, war raus. Jetzt müssen „nur“ noch 17 von 19 Disziplinen bestanden werden. Eine Disziplin, der Ausdauerlauf am Ende, wurde zudem gestrichen. „Die Bedingungen wurden an die Situation angepasst und erleichtert“, sagen Martin Jedrusiak-Jung, Rektoratsbeauftragter des Eignungstests, und Max Ragaller vom Prüfungsamt. Sie haben den heutigen Tag, wie bereits auch die Testtage in den Jahren davor, organisiert.

Erschwerte Vorbereitung durch Corona

Zwei Defizite seien auch deswegen zugelassen, weil die Übungsbedingungen durch Corona erschwert waren. Viele Sportstätten mussten zwischenzeitlich schließen. Eine gute Vorbereitung auf einige Disziplinen war fast unmöglich.

Ada konnte sich trotz Corona einigermaßen gut vorbereiten. Beim Sprung vom Ein-Meter-Brett patzt sie allerdings. Das Brett ist sehr weich eingestellt – die Kunst ist es, dosiert abzuspringen und die Körperspannung zu halten, um nicht zu überschlagen. Genau das passiert Ada jedoch beim zweiten Versuch. Drei Schritte anlaufen, mit zu viel Schwung abgesprungen. Der Kopfsprung wird in einem kurzen Moment zu einem Handstand in der Luft. Sie kassiert das erste Defizit.

Erste Tränen fließen

Erste Tränen fließen. Allerdings nicht bei Ada, die es locker nimmt, sondern bei einer anderen Teilnehmerin. Nachdem der erste Kopfsprung nicht ausreicht, ist ihre Angst vor einem zweiten Versuch zu groß. Auch sie kassiert ihr erstes Defizit.

Mit dem Kopf gegen die Hochsprunglatte

In der Leichtathletikhalle läuft es für Ada hervorragend. Die ehemalige Fallschirmjägerin meistert die Anforderungen locker. 100 Meter in 14,9 Sekunden. Die Vier-Kilogramm-Kugel stößt sie aus dem Stand leicht über die geforderten sieben Meter, auch die 1,20 Meter im Hochsprung sind kein Problem für sie.

Eignungstest_Kugelstoßen

Wackeldisziplin Kugelstoßen

Plötzlich hallt ein schepperndes Geräusch durch die Halle. Einige Köpfe drehen sich in Richtung Hochsprunganlage. Ein Teilnehmer ist beim Versuch, über die Latte zu springen, mit dem Kopf gegen die Metallstange gestoßen. Er fasst sich an die Stirn, schüttelt sich kurz. Es kann weitergehen. Er läuft in einer leichten Kurve an, springt mit einem Bein ab und überquert die Latte im so genannten Fosbury-Flop: Kopf zuerst über die Stange, dann folgt der Rücken. Am Ende ziehen die Beine nach. Einige Teilnehmer, die das nicht vorher geübt haben, scheitern beim Hochsprung.

Für Ada folgen Fußball, Turnen und Badminton. Die Technikdemonstration im Fußball verläuft problemlos. Das Spiel ist etwas schwieriger. Sie gibt alles, um den Ball zu bekommen und sich einzubinden. Obwohl Fußball nicht ihre Paradesdisziplin ist, besteht sie den Test.

Mehrheit der Prüflinge schafft es

Die Atmosphäre in der Turnhalle ist anders als in den anderen Sportstätten. Ruhiger und konzentrierter. Besonders der Sprung über das Pferd, „hat richtig Bock gemacht“, freut sich Ada. Kurz danach hat sie es beschafft: Mit einem Defizit beim Sprung vom Ein-Meter-Brett hat sie den Eignungstest geschafft – wie knapp zwei Drittel aller Teilnehmenden heute.

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Eine ausgelassene Feier – sonst nach der Prüfung durchaus üblich – fällt coronabedingt aus. Wenn die Pandemie ausklingt, kann Ada sie bald auf einer der als legendär geltenden Spoho-Partys nachholen.

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