„Schutz vor unerwünschten Gästen“Stadt Köln sucht für 217 Millionen Euro Sicherheitsdienst für Flüchtlingsunterkünfte

Lesezeit 4 Minuten
Das Bild zeigt eine Unterkunft für geflüchtete Menschen am Stadion, in dem Fortuna Köln spielt.

Die Unterkunft für geflüchtete Menschen am Südstadion.

Wer bewacht zukünftig die Kölner Flüchtlingsunterkünfte? Der Flüchtlingsrat fordert gut geschulte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Die Stadt Köln sucht aktuell für die nächsten fünf Jahre Sicherheitsdienstleister für knapp 160 städtische Unterkünfte für geflüchtete Menschen, Spätaussiedler oder Obdachlose. Die Verwaltung veranschlagt dafür ab Juli laut einer Ausschreibung 216,6 Millionen Euro, durchschnittlich also 43,3 Millionen Euro jährlich.

Demnach geht es um insgesamt rund 550 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich teils rund um die Uhr um die Sicherheit in den Unterkünften kümmern sollen. Ende Januar waren laut städtischer Statistik insgesamt 9906 geflüchtete Menschen in Köln untergebracht, allerdings nicht alle in Unterkünften der Stadt, auch die Bezirksregierung betreibt beispielsweise eine in Bayenthal.

Dezernent Rau: Schutz vor ausländerfeindlichen Motiven

Sozialdezernent Harald Rau sagte: „Sicherheitsmitarbeiterinnen und Sicherheitsmitarbeiter schützen die Unterkunft und die Menschen, die dort leben, vor unerwünschten Gästen. Das können Personen sein, die dort unbefugt übernachten wollen, kriminelle Absichten oder ausländerfeindliche Motive haben oder Geflüchtete propagandistisch beeinflussen wollen, um sie beispielsweise für radikale Ideen anzuwerben.“

Zum Vergleich: In den Jahren 2019 bis 2023 zahlte die Stadt Köln knapp 130 Millionen Euro für die Sicherheitsdienstleistungen, durch die Flüchtlinge aus der Ukraine wuchs aber ab 2022 der Bedarf an Unterkünften, unter anderem an „bewachungsintensiven Notunterkünften“. So wurden aus 20,8 Millionen Euro Ausgaben im Jahr 2021 knapp 35 Millionen Euro im Jahr 2023, die Stadt begründete das auch mit den Tarifabschlüssen im Sicherheitsgewerbe.

Der Kölner Sozialdezernent Harald Rau.

Der Kölner Sozialdezernent Harald Rau.

Zuschüsse von Bund und Land erhält die Stadt Köln laut eigener Aussage nicht, das hält Claus-Ulrich Prölß, Geschäftsführer des Kölner Flüchtlingsrates, für falsch. Prölß sagte: „Sicherheit geht vor. Es ist wichtig, dass die Menschen vor Ort sicher sind, und das ist eben personalintensiv. Das kostet richtig viel Geld. Es wäre Aufgabe des Landes, die Kommunen mit ausreichenden Mitteln auszustatten.“

Laut Verwaltung zahlt das Land zwar eine monatliche Erstattungspauschale von 1125  Euro für jeden untergebrachten geflüchteten Menschen. Doch der Betrag werde fast vollständig für die Kosten der Unterbringung und sozialen Betreuung verwendet. Für die Deckung der Bewachungskosten verbleibt demnach nichts. Einmalzahlungen von Bund und Land sind nicht separat für die Bewachungskosten vorgesehen.

In der Ausschreibung hieß es: „Gegenstand des Auftrags ist die Aufrechterhaltung und Herstellung von Ordnung und Sicherheit in den Einrichtungen, das Erkennen und Abwenden von Gefahren und Schäden in und an Gebäuden und Gesamtanlagen sowie der Schutz von Leib, Leben, Gesundheit und Eigentum der Bewohnenden und des vor Ort eingesetzten Personals.“

In größeren Unterkünften muss rund um die Uhr Sicherheitspersonal vor Ort sein, um die Vorgaben des Brandschutzes zu erfüllen. Laut Stadt braucht es ein Unternehmen, das seriös, freundlich und professionell auftrete, zudem ist eine Sachkundeprüfung der eingesetzten Menschen nötig.

Auch zur Kleidung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter äußerte sich die Verwaltung, sie wünscht sich unter anderem dezente Farbtöne: „Es dürfen keine Kleidungsstücke verwendet werden, die in der Öffentlichkeit negative Assoziationen auslösen, wie zum Beispiel Springerstiefel oder sogenannte 'Bomberjacken'. Hosen sind über den Schuhen und Hemden in den Hosen zu tragen.“

Prölß wünscht sich fortlaufende Schulungen

Prölß sagte: „Wichtig wäre uns, dass die Mitarbeiter fortlaufend geschult werden, beispielsweise in diskriminierungsfreier Kommunikation und interkultureller Kompetenz.“ Das sind laut seiner Aussage aber Kosten, die Sicherheitsfirmen häufig scheuten.

In der Ausschreibung verlangt die Verwaltung von den Firmen ein Schulungskonzept, darin nennt sie unter anderem Techniken zur Deeskalation. Das bestätigt auch die Stadt auf Nachfrage, sie teilt mit: „Großer Wert wird dabei auch auf die Qualität der Ausbildung des Personals gelegt, etwa werden Schulungen im Bereich interkulturelle Kompetenz verlangt.“

Claus-Ulrich Prölß vom Kölner Flüchtlingsrat.

Claus-Ulrich Prölß vom Kölner Flüchtlingsrat.

Die Verwaltung betont in der Ausschreibung: „Die Dienstleistung ist grundsätzlich mit eigenem Personal zu erbringen. Es ist der Auftragnehmerin ausschließlich mit der Zustimmung der Auftraggeberin gestattet, sich eines Nachunternehmens zu bedienen.“

Die Frage der Nachunternehmer ist seit vergangenem Herbst sensibel, weil das städtische Rechnungsprüfungsamt große Mängel im Zusammenhang mit den Sicherheitsfirmen an Karneval festgestellt hat, die die Stadt beauftragt hatte. Von 25 Nachunternehmen waren demnach elf dem zuständigen Ordnungsamt nicht bekannt.

Die Verwaltung verneinte, dass der Prüfbericht die Suche nach Personal für die Flüchtlingsunterkünfte erschwere. Es handelt sich demnach um unterschiedliche Herausforderungen. „Da es sich bei der Bewachung von Geflüchtetenunterkünften um eine längerfristige Aufgabe handelt und nicht um ein punktuelles mehrtägiges Ereignis, besteht kein solch erhebliches Rekrutierungsproblem für Bewachungsunternehmen“, teilte die Stadt mit.

KStA abonnieren