Platz für 500 GeflüchteteNeue Unterkunft im Kölner Agnesviertel soll 2026 Betrieb aufnehmen

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Das Gebäude der ehemaligen Oberfinanzdirektion.

Das Gebäude der ehemaligen Oberfinanzdirektion.

Die Nutzung als Erstaufnahmeeinrichtung des Landes ist für einen Zeitraum von etwa zehn Jahren vorgesehen. Es gibt auch kritische Stimmen.

Die neue Unterkunft für geflüchtete Menschen in der ehemaligen Oberfinanzdirektion (OFD) im Kölner Agnesviertel soll am 1. Januar 2026 den Betrieb für zehn Jahre aufnehmen. Das geht aus einer Ausschreibung der Bezirksregierung Köln hervor, sie setzt die Pläne für das Land NRW um und sucht aktuell einen Generalplaner für Umbau und Instandsetzung.  

Bislang hatte die Bezirksregierung von „bis zu 500 Geflüchteten“ gesprochen, in den Unterlagen ist die Rede von „500 bis 700 Unterbringungsplätzen“. Laut eines Sprechers der Bezirksregierung soll es 500 Regelplätze geben, die Ausschreibung sei so formuliert, „um die Planungen möglichst flexibel zu halten“.

Nutzung der Kölner Unterkunft für zehn Jahre geplant

In der Ausschreibung heißt es: „Der Umbau soll in Anbetracht der nach wie vor steigenden Flüchtlingszahlen schnellstmöglich erfolgen. Ziel ist die Inbetriebnahme des Gebäudes spätestens Anfang 2026. Die Nutzung als Erstaufnahmeeinrichtung des Landes ist für einen Zeitraum von circa zehn Jahren vorgesehen.“

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Bislang war unklar, wann der Betrieb der Unterkunft starten soll. Nach den zehn Jahren soll das Gebäude an der Riehler Straße an das Land zur weiteren Verwendung zurückgegeben werden.

Die Stadt Köln hat keinen direkten Einfluss, weil es sich um eine Immobilie des Landes NRW handelt. In der Vergangenheit hatte die Kölner Politik gehofft, dass dort möglicherweise eine Schule oder Wohnungen entstehen könnten.

Innenstadt-Bezirksbürgermeister Andreas Hupke (Grüne) sagte: „Da wird so eine Einrichtung hingeknallt und die Kommune kann gucken, wie sie damit klarkommt.“ Er forderte maximale Transparenz. „Da muss die Bevölkerung mitgenommen werden, damit das Projekt gelingt und politische Dritte nicht daraus Honig saugen.“

Innenstadt-Bürgermeister Andreas Hupke.

Innenstadt-Bürgermeister Andreas Hupke.

Kurt Metelmann, Vorsitzender der Interessengemeinschaft Neustadt-Nord/Villen-Viertel, sagte: „Es bleiben eine ganze Menge Fragezeichen. Berichte über andere Erstaufnahmeeinrichtungen lesen sich nicht so erfreulich. Wir werden wachsam bleiben und versuchen darauf einzuwirken, dass die Beeinträchtigung des nachbarschaftlichen Zusammenlebens so gering wie möglich bleiben.“

Und Claus-Ulrich Prölß, Geschäftsführer des Kölner Flüchtlingsrates, sagte: „Wir halten den Standort für sehr geeignet, weil er mitten in der Stadt und nicht weit außerhalb liegt. Es braucht ein Gesprächsformat mit den Anwohnern, um mögliche Konflikte und Ressentiments im Vorfeld auszuräumen.“

Claus-Ulrich Prölß, Geschäftsführer des Kölner Flüchtlingsrates.

Claus-Ulrich Prölß, Geschäftsführer des Kölner Flüchtlingsrates.

Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ im vergangenen Juni berichtet hatte, will die Bezirksregierung zwei neue Erstaufnahmeeinrichtungen (EAE) in Köln bauen: Die eine für 500 Geflüchtete im Agnesviertel und eine für weitere 500 Geflüchtete auf der früheren Militärfläche Lager-Lind in Porz. In Porz will die Bezirksregierung Container aufstellen. Der Sprecher teilte mit: „Für den Standort Porz-Lind laufen erste Vorplanungen, denen auch entsprechende Vergabeverfahren folgen werden.“ Einen genauen Zeitpunkt kann er nicht nennen.

Im Vorjahr hatte der Sprecher erklärt, dass die Flüchtlinge in den Erstaufnahmeeinrichtungen ärztlich untersucht und ihre Daten erfasst werden. Demnach sollen sie dort durchschnittlich drei bis vier Wochen bleiben, bis sie in Zentrale Unterbringungseinrichtungen (ZUE) wechseln.

Keine Sanierung mehr seit den 1960er-Jahren

Die frühere OFD an der Riehler Straße befindet sich rund einen Kilometer vom Dom entfernt. Sie besteht aus drei Teilen. Erstens: dem denkmalgeschützten Altbau von 1908 bis 1911. Zweitens: einem benachbarten Hochhaus von 1968, das über eine Gebäudebrücke mit dem Altbau verbunden ist. Und drittens einer früheren Kantine aus den 1960er-Jahren, die ebenfalls per Brücke zum Altbau führt.

Seit 2021 stehen die Häuser leer, sie sind seit Ende 1960er-Jahren nicht grundlegend saniert worden. Für die neue Unterkunft will die Bezirksregierung nur den Altbau und die Kantine verwenden, im Hochhaus sollen nur die haustechnischen Anlagen erneuert werden.

Frist läuft Ende Januar aus

Laut Bezirksregierung soll der Generalplaner Tempo machen. „Die zu erbringenden Planungs- und Bauleitungsleistungen müssen sowohl dem Umstand der Zeitkritikalität als auch der vorgesehenen beschränkten Nutzungsdauer Rechnung tragen.“ Die Frist für interessierte Unternehmen läuft am 31. Januar ab.

Laut der Ausschreibung geht es um keine nachhaltige Sanierung, weil die Nutzung auf zehn Jahre begrenzt ist. Vor allem die Haustechnik, der Brandschutz, der Denkmalschutz sowie Schönheitsreparaturen sind demnach Schwerpunkte.

Die beiden neuen Standorte sollen zwei andere ablösen, unter anderem die Unterkunft an der Schönhauser Straße in Bayenthal. Dort wohnen aktuell 800 Geflüchtete. Laut des Sprechers muss der Standort zum Jahresende aufgegeben und zurückgebaut werden. Bis zum Start der Unterkunft in der früheren OFD fehlt also eine Unterkunft. Eine Anfrage dazu ließ die Bezirksregierung unbeantwortet.

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