„Unvertretbar lange Staus“Stadt will Ehrenfeldgürtel an Nußbaumer Straße einspurig umbauen

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Der Ehrenfeldgürtel (links im Bild) und die Nußbaumer Straße (rechts) auf einer 3D-Ansicht, die aus Google Earth generiert wurde. Foto: Google Earth/Image Landssat/Copernicus

Der Ehrenfeldgürtel (links im Bild) und die Nußbaumer Straße (rechts)

Die KVB-Haltestelle Nußbaumer Straße in Ehrenfeld wird barrierefrei, auch der Gürtel wird dabei umgebaut. Wie viele Autospuren fallen weg?

Die Stadt Köln will den Autoverkehr um die KVB-Haltestelle Nußbaumerstraße herum deutlich reduzieren. Das Verkehrsdezernat schlägt den politischen Gremien vor, eine einspurige Verkehrsführung in beide Richtungen zu beschließen. Fest steht bereits die Anhebung der Bahnsteige an der Haltestelle, sodass diese künftig barrierefrei ist. Im Zuge des Umbaus der Haltestelle soll auch die nähere Umgebung umgestaltet werden.

Zuletzt gab es hierfür noch zwei realistische Optionen aus den ursprünglichen Untersuchungen: Variante A und Variante C. Aus dem aktuell in beide Richtungen zweispurigen Bereich des Ehrenfeldgürtels zwischen Subbelrather Straße und Nußbaumer Straße soll in Variante A eine jeweils einspurige Straße werden. In Variante C würde die Stadt zumindest in Richtung Innenstadt die zwei Spuren erhalten.

Stadt Köln will eine Autospur, obwohl ein Gutachten zwei Spuren präferiert

Der Vorschlag ist umstritten, denn ein Gutachten, das die Stadt selbst in Auftrag gegeben hat, kommt zu dem Schluss, dass Variante C aus verkehrsplanerischer Sicht die bessere Lösung ist. Die Gutachter der „Bernard Gruppe“ kommen zu dem Schluss, dass Variante A regelmäßig zu Stau führen würde. Auf dem Parkgürtel geht das Gutachten bei der einspurigen Straße morgens von bis zu 560 Metern Stau aus, abends sind es demnach 342 Meter.

Variante C schneidet deutlich besser ab: 141 Meter könnte es sich auf dem Parkgürtel morgens stauen, 75 Meter abends. Der mögliche Rückstau auf der Abfahrt der Autobahn 57 wäre demnach in beiden Varianten gleich groß. Unter dem Strich müssten Autofahrer bei Variante A rund eine halbe Minute an den Knotenpunkten warten, bei Variante C wären es laut Gutachten etwa 20 Sekunden. Die möglichen Staus, die bei Variante A entstehen könnten, sind laut Gutachten „unvertretbar lang“.

Trotzdem will die Verwaltung an Variante A, die auch vom Verkehrsausschuss des Stadtrates in der bisherigen Planung als „Vorzugsvariante“ erklärt worden ist, festhalten. „Die Verwaltung kann die Untersuchungsergebnisse des Gutachters inhaltlich nachvollziehen. Auch die Schlussfolgerung in Bezug auf die eintretenden Leistungsfähigkeitsdefizite […] ist folgerichtig“, teilte die Stadt dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ auf Anfrage mit. Zwei Gründe würden dennoch gegen die Empfehlung der Gutachter sprechen.

Zum einen geht die Verwaltung auf Grundlage einer Mobilitätserhebung aus dem Herbst 2022 davon aus, dass der Rückgang des Autoverkehrs schneller geht als bisher prognostiziert. „So wurden im ‚Umweltszenario‘ des Gutachtens für das Jahr 2030 MIV-Anteile von stadtweit 24 Prozent unterstellt. Da bereits im Jahr 2022 der Anteil bei nur noch 25 Prozent lag, ist von einem Unterschreiten der 24 Prozent im Jahr 2030 auszugehen“, heißt es. Zum anderen werde sich der Einbahnstraßen-Verkehr, den es während des Umbaus ohnehin geben wird, etablieren. Die Stadt will im Zuge der Verkehrswende auch an der Nußbaumer Straße „einen Anreiz für aktive Mobilität“ schaffen. Und dabei sollen die Ausbesserungen für Fußgänger und Radfahrer helfen, die mit einer Fahrspur weniger möglich sind.

Kölner Stadtrat: Grüne wollen nur eine Autospur, CDU und SPD zwei

Die Entscheidung liegt beim Stadtrat. Und die Ratsmehrheit aus Grünen, CDU und Volt ist sich nicht einig. „Wir favorisieren die Variante A“, sagt Lino Hammer (Grüne), der Vorsitzende des Verkehrsausschusses. „In Köln fahren immer mehr Menschen mit dem Fahrrad, gehen zu Fuß oder nutzen den ÖPNV. Da sich diese Entwicklung fortsetzt, müssen wir die notwendige Infrastruktur schaffen. Wir planen nicht für die Vergangenheit, sondern für die Zukunft“, sagte er.

Wir planen nicht für die Vergangenheit, sondern für die Zukunft.
Lino Hammer (Grüne) verteidigt die einspurige Planung der Verwaltung

Teresa De Bellis (CDU) spricht sich für Variante C aus, der Vorschlag der Verwaltung sei „inakzeptabel“. „Ich kann nicht verstehen, dass man Stau provoziert, wenn es auch andere Möglichkeiten gibt. Man will die Menschen mit aller Macht zur Verkehrswende zwingen.“ Eine endgültige Entscheidung zum Thema hat ihre Fraktion allerdings noch nicht getroffen. Aus der Opposition des Stadtrates wird sie unterstützt. „Wir machen den ersten Schritt vor dem zweiten und werden für die Beibehaltung der zweispurigen Straßenführung auf dem Ehrenfeldgürtel stimmen. Mit dieser Entscheidung verhindern wir lange Staus und erheblich zu erwartende Schleichverkehre durch benachbarte Straßen“, sagte etwa Lukas Lorenz (SPD). Auch die FDP kündigte an, für Variante C zu stimmen.

Im Verkehrsausschuss, der als nächstes Gremium eine Empfehlung für den Beschluss abgeben wird, haben CDU, SPD und FDP eine Mehrheit. Im Stadtrat, der den Beschluss fassen muss, würden zwei weitere Stimmen zur Mehrheit fehlen. Es ist durchaus denkbar, dass sich die Politik gegen die Empfehlung der Verwaltung und für die des Gutachtens entscheidet – und damit für zwei Autospuren in Richtung Stadt.

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