Stadt verliert Silber-SchatzKölner Traditionsgeschäft gibt nach 60 Jahren auf

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Nur ein Löffel an der Fassade ist geblieben. 

Köln – Der Abgang war still und leise – und die Veränderung könnte symbolischer nicht sein. Das Besteckhaus Glaub an der Zeughausstraße/Komödienstraße hat nach über 60 Jahren zugemacht. Nur noch ein großer Löffel an der Fassade zeugt noch von der Geschichte des Hauses. Köln hat ein weiteres Traditionsgeschäft verloren. 

In die Räume ist ein Tattoo-Studio eingezogen, das liegt jetzt im Trend. Hermann Freiß (71) hat 30 Jahre lang bei Glaub gearbeitet, seit dem Tod von Anita Glaub 2018 war er Inhaber. Er musste Hals über Kopf die markante Walnussholzeinrichtung aus dem Jahr 1958 abbauen und in seiner Heimat, dem Windecker Ländchen, unterstellen. In seinem Keller und in Garagen sind die vielen Hundert Besteckteile nun aufbewahrt.

Kein Nachfolger für Besteckhaus Glaub

„Bis zum Frühjahr war die Welt noch in Ordnung, da dachte ich, es würde jemand die Nachfolge antreten.“ Doch der Interessent sagte kurzfristig ab und Freiß musste alles ausräumen, bevor der neue Mieter einzog.

Er hofft jetzt, für die schönen Stücke noch Käufer zu finden. Auch rufen ihn Kunden an, die nach Reparaturen und Bestellungen fragen. „Das ist für mich im meinem Alter alles sehr anstrengend. Ich bin am Strampeln ohne Ende“, sagt er.

Freiss

Hermann Freiß 2015 mit Anita Glaub. Sie verstarb 2018.

So wie es zuvor schon sehr anstrengend für ihn war, den Laden zu führen. „30 Meter Schaufenster mussten bestückt werden. Das ganze Silber muss gepflegt und geputzt werden, das läuft ja ständig an. Wenn man hinten fertig ist, fängt man vorne wieder an.“

Glaub hatte 500 verschiedene Besteckmuster vorrätig, dazu Spezielles wie Austerngabeln, Spargel-Zangen, Kaviarbesteck mit Perlmutt, Wachtelbeinhalter, Schneckenzange und Sardinenheber. Alles für die Aussteuer und das große Familienfest. Und ein bisschen für die feine Gesellschaft.

Bodo Glaub gründete das Geschäft 1950

Die Qualität des Bestecks könne man im Mund fühlen, sagt Freiß. Einen guten Löffel erkenne man am schmalen Rand der Löffellaffe, also des vorderen Teils. Die Laffe müsse bei der Herstellung sorgfältig immer wieder ausgewalzt werden. „Sonst schiebt man die Suppe ja nur vor sich her.“

Als Bodo Glaub das Geschäft 1950 gründete und 1958 an die Zeughausstraße/Komödienstraße zog, da war solch ein ausgesuchtes Sortiment noch gefragt. Glaub sammelte besondere Schätze für sein Besteckmuseum, zum Beispiel ein massiv-goldenes Besteck, bei dem allein der Kaffeelöffel 37 Gramm wiegt.

Der Gründer starb 1995. Schon damals hatten sich die Zeiten geändert. Aussteuer war längst out. Bestecke werden nicht mehr fürs Leben, sondern eher nach der jeweiligen Mode gekauft. Jeder Deko-Laden bietet preisgünstige Messer und Gabeln an. Kaum jemand braucht noch alles 24-mal. Und keiner hat mehr Lust, Silber zu putzen.

Kein Bedarf mehr für Silberbesteck

„Der Bedarf ist einfach nicht mehr da. Da bin ich ganz realistisch“, sagt Freiß. Die silbernen Zeiten sind vorbei. Die Erinnerung soll aber erhalten bleiben. Inzwischen hätten sich Kölner Archive gemeldet, das Buchstabenmuseum in Berlin habe Interesse an dem markanten Glaub-Schriftzug. „So wie die Messerindustrie in Solingen die Wupper runtergegangen ist, geht es in Köln mit dem Silber den Rhein runter. Da kann man nur sagen: Es war einmal.“

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