VideobilderNeue Details zum Einsatz am Kölner Bahnhof – Linke reagieren mit Spott

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Die Polizei sperrte für den Vorfall den Bahnhofsvorplatz und die Domtreppen ab.

  • Der Fall sorgte für Aufregung: Die Kölner Polizei überwältigte am 4. Juni Männer in langen Gewändern am Kölner Hauptbahnhof, weil sie von einem möglichen Terroranschlag ausging.
  • Seitdem gibt es eine Debatte darum, ob der Einsatz verhältnismäßig war – die Männer waren unschuldig.
  • Nun hat die Polizei durch Videoaufnahmen neue Erkenntnisse zu den Vorgängen an jenem Tag. Der Kölner Polizeipräsident hat sich außerdem mit den zehn Männern getroffen.
  • Und die Linken haben eine sarkastische Empfehlung für die Kölner Polizei.

Köln – Eineinhalb Wochen nach dem umstrittenen Polizeieinsatz im Hauptbahnhof am Tag des Zuckerfests sind Details zum Vorgehen der Polizei bekannt geworden. Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ war ein Motorradfahrer als erster und zunächst einziger Polizist vor Ort, nachdem ein Augenzeuge per Notruf geschildert hatte, dass vor dem Bahnhof drei Männer in muslimischen Gewändern mehrfach „Allahu Akbar“ gerufen hätten und in den Bahnhof gerannt seien.

Der Motorradpolizist soll noch gesehen haben, wie die drei die Eingangshalle betreten hätten. Er lief ihnen hinterher. Nach den Zeugenangaben am Telefon habe der Beamte nicht ausschließen können, dass sie Sprengstoffgürtel trugen, hieß es. Er habe seine Waffe gezogen, dann habe er die Männer „zu Boden gesprochen“. Die drei legten sich auf den Bauch. Zwei Streifenpolizisten seien zur Verstärkung gekommen, gemeinsam habe man den Männern die Hände auf dem Rücken gefesselt.

Motorradpolizist zog Waffe

In diesem Moment soll ein vierter, ebenfalls in traditionellem Gewand gekleideter muslimischer Mann die Halle betreten haben. Er trug zudem eine schwarze Weste mit gefüllten Taschen. Auch ihn soll der Motorradpolizist angesprochen, festgehalten und durchsucht haben. Dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ sagte Polizeipräsident Uwe Jacob: „Meine Beamten gingen bei dem Einsatz ein hohes Risiko ein. Einige realisierten erst abends zu Hause, dass sie vielleicht nicht zu ihren Familien zurückgekehrt wären, hätte es sich um ein wirkliches Anschlagsszenario gehandelt.“

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Polizeipräsident Uwe Jacob

Polizeipräsident Uwe Jacob

Überwachungskameras am und im Bahnhof haben den Einsatz minutiös und in hoher Auflösung gefilmt. Am Mittwoch spielte die Polizei das Video den Mitgliedern des Polizeibeirats vor, einem Gremium aus Ratspolitikern. Auf fast alle sollen die Szenen großen Eindruck gemacht haben. Der Beiratsvorsitzende Gerrit Krupp (SPD) sagte danach: „Die Polizisten mussten in Sekundenbruchteilen entscheiden. Nach dieser Prämisse habe ich Verständnis für ihr Handeln.“ Genauso wichtig sei aber gewesen, dass die Polizei danach schnell klargestellt hätte, dass die Männer unschuldig waren.

CDU unterstützt Einsatz

Aus der CDU war zu hören, dass man das Vorgehen der Polizei „voll und ganz“ unterstütze. Die Grünen äußerten sich zurückhaltender: Man sehe die Vorgänge „im Spannungsfeld zwischen notwendiger Gefahrenabwehr und bürgerlichen Grundrechten an hochsensiblen öffentlichen Plätzen“.

Nur die Linke verurteilt das konsequente Einschreiten der Beamten auch weiterhin. Der Einsatz sei „völlig überzogen“ gewesen. Fraktionssprecher Jörg Detjen verfiel gar in Sarkasmus: „Ich empfehle der Kölner Polizei, im Hauptbahnhof ein Hinweisschild zu errichten: Vorsicht bei religiösen Feiertagen! Die Aussage »Gott ist größer« beziehungsweise »Allahu Akbar« hat zu unterbleiben.“

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Insgesamt hatte die Polizei bei dem Einsatz zehn Moslems im Bahnhof kontrolliert. Sechs von ihnen erschienen am Mittwoch auf Einladung von Polizeipräsident Jacob zum Gespräch im Präsidium – auch die drei, die auf dem Boden gefesselt worden waren. Es seien Menschen „mit Flüchtlingserfahrung“, berichtete ein Behördensprecher. Auch für sie sei der Einsatz nach eigenen Angaben ein „einschneidendes Erlebnis“ gewesen. Sie hätten niemals mit solchen Konsequenzen gerechnet.

Warum sie laut „Allahu Akbar“ gerufen haben sollen, sei in dem knapp einstündigen Gespräch nicht thematisiert worden. Jacob habe ihnen stattdessen erklärt, warum die Polizei so gehandelt hätte, wie sie handelte – und dass seine Beamten keine Wahl gehabt hätten.

Die Männer hätten Verständnis geäußert – und auf die Frage „Würden Sie das mit heutigem Wissen noch mal machen?“ mit „Nein“ geantwortet. Jacob lud sie ein, sich bei einem weiteren Treffen ein noch genaueres Bild von der Arbeit der Polizei Köln zu machen.

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