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„Alte Liebe rostet nicht“Wolfgang Kerns Renault Rambler ist in Deutschland der erste seiner Art

5 min
Zunächst hielt Wolfgang Kern den Renault Rambler für einen Opel Admiral. Heute ist er Experte für den seltenen Franzosen mit den amerikanischen Genen.

Zunächst hielt Wolfgang Kern den Renault Rambler für einen Opel Admiral. Heute ist er Experte für den seltenen Franzosen mit den amerikanischen Genen.

Der Oldtimer des Kölners ist aus einer Kooperation von Renault und dem US-amerikanischen Autobauer AMC hervorgegangen.

Es steht Renault drauf, doch drin steckt unverkennbar amerikanische Entwicklungsarbeit. Der Oldtimer von Wolfgang Kern ist das erfolglose Produkt einer Kooperation zwischen dem US-Autohersteller AMC und dem französischen Autobauer Renault in den 1960er Jahren. Alle Teile wurden aus den USA in das Renault-Werk Brüssel geliefert, wo sie zusammengeschraubt wurden – fertig war der Renault Rambler.

  1. Typ: Renault Rambler
  2. Baujahr: 1965
  3. PS: 128
  4. Km/h max.: 160
  5. Zylinder: 6
  6. Hubraum: 3,3 Liter
  7. Verbrauch: 12-14 Liter
  8. Gebaute Exemplare: 2801
  9. Neupreis: 14 800 D-Mark
Allein auf weiter Flur: Der Renault Rambler von Wolfgang Kern ist in Deutschland ein Einzelstück.

Allein auf weiter Flur: Der Renault Rambler von Wolfgang Kern ist in Deutschland ein Einzelstück.

Während sich der Rambler in Übersee großer Beliebtheit erfreute, blieb es in Europa bei knapp 3000 gebauten Exemplaren. Zu teuer und zu amerikanisch. Auch Staatspräsident de Gaulle, für den der geräumige Sechszylinder eigentlich gedacht war, blieb lieber bei seinem Citroën DS. Wolfgang Kern, Dozent am Kaufmännischen Berufsförderungswerk Köln, ist also stolzer Besitzer eines echten Exoten.

Deshalb habe ich ihn:

Das ist Zufall. Ich fahre seit Jahrzehnten in das französische Département Somme. In meiner Stammkneipe erwähnte der Wirt eines Tages die Sammlung des Monsieur Bétrancourt. Ich sage: welche Sammlung? Ja, der Monsieur Bétrancourt, drei Kilometer von hier entfernt, der sammelt Oldtimer und Flugzeuge. Mit meiner Frau bin ich dann hingefahren. Da standen tatsächlich vier Hangars voller Flugzeuge und Autos. Dort habe ich ein verstaubtes Auto entdeckt, von dem ich dachte, es wäre ein alter Opel Diplomat oder Admiral. So etwas suchte ich schon ewig. Beim Näherkommen stellte sich heraus, dass das gar kein Opel war, sondern ein Renault Rambler.

Der US-amerikanische Hersteller AMC produzierte den Rambler hunderttausendfach, die baugleiche Variante von Renault lief nur rund 3000 Mal vom Band.

Der US-amerikanische Hersteller AMC produzierte den Rambler hunderttausendfach, die baugleiche Variante von Renault lief nur rund 3000 Mal vom Band.

Ich war völlig überrascht, dass Renault jemals so ein großes Auto gebaut hat. Der Museumsbesitzer erzählte uns, dass Renault in den 1960er Jahren versucht hatte, General de Gaulle den Rambler als Staatskarosse anzubieten, um den Citroën DS aus dem Elysée-Palast zu verdrängen. Allerdings blieb das Unterfangen erfolglos, weil das Klima zwischen Frankreich und den USA damals nicht so gut war. De Gaulle war der Rambler wohl zu amerikanisch. Wir haben uns aber schlagartig in dieses Auto verliebt und konnten es nach einiger Zeit dann auch kaufen.

Das kann er:

Wir hatten schon mehrere Mercedes-Oldtimer. Meine Frau ist Französin und freut sich, jetzt mal in einem halbwegs französischen Auto chauffiert zu werden. Insofern ist der Rambler gut für den Familienfrieden. Ansonsten ist es der erste Oldtimer, mit dem ich keine Rostprobleme hatte, weil er voll verzinkt war – damals eine Sensation. Man kommt mit den Leuten auch schnell ins Gespräch. Aber alle denken natürlich, es wäre ein amerikanisches Auto – bis sie auf den Renault-Schriftzug stoßen. Und ich würde sagen, er kann den gleichen Fahrspaß bieten wie ein Opel Diplomat. Bis auf ein paar Abstriche.

Obwohl dieser Wagen in Belgien montiert wurde, sind im Cockpit alle Schalter und Knöpfe englisch beschriftet.

Obwohl dieser Wagen in Belgien montiert wurde, sind im Cockpit alle Schalter und Knöpfe englisch beschriftet.

Das kann er nicht:

Der Motor bietet einen weichen Sechszylinder-Sound. Das ist schön. Aber dieses Auto ist mit seinen mehr als fünf Metern Länge nichts für enge Straßen und kleine Parklücken. Ab Werk hatte der Rambler keine Außenspiegel, die musste ich nachrüsten. Trotzdem ist der Wagen unübersichtlich. Noch dazu hat der Vorbesitzer an der Servolenkung gespart, was das Rangieren sehr anstrengend macht.

Sicherheit im Straßenverkehr kann er auch nicht bieten. Wir sehen das an den Kopfstützen: serienmäßig gab es keine. Man konnte zwar eine bestellen, aber nur für den Beifahrer, damit der bequem ein Nickerchen machen kann. Er kann auch nicht gut mit Regen umgehen. Es hätte gegen Aufpreis elektrische Scheibenwischer mit drei Geschwindigkeiten gegeben. Aber der Käufer hat leider auch daran gespart. Die serienmäßigen pneumatischen Scheibenwischer arbeiten sehr, sehr langsam.

Das habe ich für ihn getan:

Der Zustand war bedenklich. Am Motor drehte sich nichts mehr, ich musste ihn komplett instand setzen lassen. Alle Ersatzteile habe ich preiswert in den USA gefunden, wo der AMC-Rambler in hunderttausenden Exemplaren gebaut wurde. Ohne den amerikanischen Ersatzteilemarkt wäre ich aufgeschmissen gewesen. In Deutschland gab es gar nichts, außer ein paar Renault-Katalogen, wo das Auto abgebildet war.

Hilfreich bei der Restaurierung war auch der französische „Renault Rambler Club“, in dem ich natürlich das einzige deutsche Mitglied bin. Denn bei der Zulassung stellte sich heraus, dass es der erste Rambler in ganz Deutschland ist. Zuerst wollten sie ihn beim Straßenverkehrsamt gar nicht zulassen. Die sagten, dieses Auto gibt es nicht, das Kraftfahrtbundesamt kenne es auch nicht. Dann musste ich für jeden Mist TÜV-Berichte vorlegen, für die Stoßstangen, für die Kennzeichenbeleuchtung, für die seitlichen Auspuffrohre.

Mit großem Aufwand brachte Wolfgang Kern den Sechs-Zylinder-Motor des Renault Rambler wieder ans Laufen.

Mit großem Aufwand brachte Wolfgang Kern den Sechs-Zylinder-Motor des Renault Rambler wieder ans Laufen.

Für all das musste ich nachweisen, dass es ab Werk so konstruiert war und nicht nachträglich eingebaut wurde. Dreimal bin ich beim Straßenverkehrsamt vorstellig geworden, bis sie den Rambler endlich zugelassen haben. Zum Trost sagte man mir: Der Nächste, der jetzt einen Renault Rambler zulassen will in Deutschland, braucht nur fünf Minuten. Na toll.

Durch Zufall habe ich auch die Tochter des Erstbesitzers ausfindig gemacht. Sie hatte auf Facebook Fotos gepostet, wie der Motor des Ramblers gerade in Flammen aufgeht. Ihr Vater war Musiker und fuhr den Renault sehr lange, bis er schließlich spektakulär seinen Geist aufgab. Danach stand er sechs Jahre lang in der Halle des Flugzeug-Sammlers.

Das haben wir erlebt:

Der Rambler hatte 2023 einen großen TV-Auftritt. 17 Drehtage war er für den Kölner Tatort „Schutzmaßnahmen“ im Einsatz. Dass der Wagen Automatikgetriebe hat, war dabei ganz wichtig. Denn beim Dreh fährt Dietmar Bär, der den Kommissar Freddy Schenk spielt, keine Schaltwagen. Als Dankeschön haben Bär und Klaus J. Behrendt alias Max Ballauf innen auf der Klappe des Handschuhfachs ihre Autogramme hinterlassen.

Die Kölner Tatort-Kommissare Dietmar Bär und Klaus J. Behrendt veredelten den Deckel des Handschuhfachs mit ihren Unterschriften.

Die Kölner Tatort-Kommissare Dietmar Bär und Klaus J. Behrendt veredelten den Deckel des Handschuhfachs mit ihren Unterschriften.

Das haben wir vor:

Ich würde ihn nochmal als Tatort-Fahrzeug zur Verfügung stellen, falls die Anfrage käme. Ich wollte immer auch mal Kontakt zu Renault aufnehmen und fragen, ob sie den nicht zu Werbezwecken einsetzen wollen. Ansonsten hat der Flugzeug-Sammler aus Frankreich noch einen Rambler in der Cabrio-Version, diesmal aber von AMC und nicht von Renault. Der Zustand ist wirklich schlecht, das Verdeck hängt in Fetzen. Aber vielleicht bin ich eines Tages verrückt genug und leiere ihm auch das Cabrio aus dem Kreuz. Und dann werde ich auch das instand setzen – als mein allerletztes Oldtimerprojekt.