Zu teuer, zu wenig effektivScharfe Kritik an Metropolregion Rheinland

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Der Lobbyverband Metropolregion Rheinland hat seinen Sitz in Köln.

Köln – Als vor vier Jahren 23 Kommunen und Landkreise gemeinsam mit Industrie, Handels- und Handwerkskammern sowie dem Landschaftsverband Rheinland (LVR) den Verein Metropolregion Rheinland gründeten, ging es ihnen im Kern darum, die Region mit gebündelten Kräften im Wettbewerb erfolgreicher zu machen. Die Mitglieder erwarten nun sichtbare Resultate, zumal mit den ehemaligen Politikerinnen Kirsten Jahn (Grüne) und Ulla Thönnissen (CDU) gleich zwei sehr gut bezahlte Geschäftsführerinnen an der Spitze des Vereins stehen. Aus den Reihen der Delegierten ist jetzt Kritik laut geworden, denn es gibt erhebliche Zweifel daran, dass der Verein seinen Zweck auch tatsächlich erfüllt, obwohl gleichzeitig viel Geld fließt. Selbst Austrittsgedanken machen bereits die Runde.

„Dass wir als eine der wirtschaftlich bedeutsamsten Regionen Europas eine Gesellschaft wie die Metropolregion Rheinland brauchen, steht außer Frage — mit der aktuellen Aufstellung kann aber niemand zufrieden sein“, sagt SPD-Fraktionschef Christian Joisten, der die Stadt Köln beim Verein als Delegierter vertritt. Es werde viel Geld investiert, ohne dass wahrnehmbare und gewinnbringende Ergebnisse für die Region geliefert würden. „Wenn sich inhaltliche Ausrichtung und Gesamtaufstellung nicht dramatisch ändern, ist nicht auszuschließen, dass am Ende auch die Existenzfrage gestellt wird“, sagt Joisten. Die SPD wolle einen Beitrag dazu leisten, damit es nicht soweit kommt.

Metropolregion-Rheinland

Der CDU-Landtagsabgeordnete Oliver Krauß, Stimmführer für den Rhein-Sieg-Kreis in der Metropolregion, kann nicht erkennen, welchen Mehrwert der Verein bislang erbracht hat. „Die Grundidee ist vollkommen richtig, aber das muss auch mit Leben gefüllt werden“, sagt er. Das sei auch deshalb wichtig, weil die Finanzierung größtenteils über öffentliche Mittel funktioniert — der Steuerzahler kommt also letzten Endes dafür auf. Es bedürfe nun einer offenen Diskussion darüber, wie es inhaltlich weitergehen soll.

Verein Metropolregion Rheinland kostet 650.000 Euro allein für Miete und Gehälter 

Das zur Verfügung stehende Budget des Vereins liegt bei rund einer Million Euro. Die beteiligten Kammern tragen ein Drittel des Betrags — die Kommunen und Kreise teilen die weiteren zwei Drittel gleichmäßig unter sich auf. Darin enthalten sind auch die 150.000 Euro, die für die 300 Quadratmeter großen Büroflächen des Vereins in der 18. Etage des Köln-Triangle-Hochhauses in Deutz anfallen.

Neben den 150.000 Euro für die Miete entfallen weitere 500.000 Euro auf die Gehälter und die dazugehörigen, gesetzlich vorgeschriebenen sozialen Aufwendungen. Mehr als die Hälfte des zur Verfügung stehenden Budgets ist somit bereits für diese Fixkosten verplant.

Die Budgetplanung für das laufende Jahr sieht vor, dass ein Verlust in Höhe von 620.000 Euro entstehen würde. Dieser soll über Rücklagen ausgeglichen werden, etwa aus Mitteln, die für das Projekt Rheinland Digital zur Verfügung stehen sowie aus der Reserve zur Sicherung der Liquidität. Somit ergibt sich rechnerisch ein Überschuss von knapp 76.000 Euro, obwohl die Höhe der geplanten Ausgaben bei 1,6 Millionen Euro liegt.

Beschlüsse ohne persönliche Zusammenkunft

Wie zu erfahren war, stieß einigen Mitgliedern auf, dass sie sowohl die Budgetplanung als auch das Arbeitsprogramm für das laufende Jahr in einem Umlaufverfahren absegnen sollten. Das bedeutet, dass das Kontrollorgan Beschlüsse ohne persönliche Zusammenkunft auf einem schriftlichen Weg fasst. Begründet wurde das mit der Corona-Pandemie — allerdings entfällt somit auch die Möglichkeit zum direkten Austausch und zur offen diskutierten Kritik.

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Für Irritation sorgt außerdem der Umstand, dass die Mitglieder des Vereins bereits seit Februar 2020 auf eine Arbeitsbilanz der Geschäftsführung warten. Diese Evaluation sollte laut Satzung zwingend damals vorgestellt werden, Jahn und Thönnissen baten jedoch um ein Jahr Aufschub. Nun soll es am 26. März eine Infoveranstaltung geben, bei der die „ersten Ergebnisse der Evaluation ausführlich“ dargestellt werden sollen, um „die Mitglieder adäquat am Evaluationsprozess zu beteiligen“.

Zu den derzeitigen Projekten der Metropolregion Rheinland zählen unter anderem eine Studie zum Güterverkehr, ein Projekt zur Förderung von Lehrkräften in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik sowie ein Programm zur Prämierung innovativer Unternehmen in der Region. Außerhalb der Pandemie vertritt der Verein die Mitglieder zudem auf diversen Messen — allein dafür sind im Budget 150.000 Euro veranschlagt.

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Die ehemaligen Politikerinnen Ulla Thönnissen (links) und Kirsten Jahn sind Geschäftsführerinnen des Vereins. 

Aus den Reihen der Mitglieder ist zu hören, dass die bisherige Bilanz doch „eher dürftig“ sei und man sich deutlich mehr von dem Verein erwartet habe. Das Thema Mobilität sei zudem eines, das bereits sehr gut abgedeckt werde, etwa vom Zweckverband Nahverkehr Rheinland und dem Verkehrsverbund Rhein-Sieg. Das Ziel der Metropolregion dürfe es nicht sein, sinnlose Parallelstrukturen zu bilden, sagt ein Kritiker. Es gebe in diesem Land genug gut funktionierende Metropolregionen, die besser aufgestellt seien.

Der Verein Metropolregion Rheinland äußerte sich am Freitag auf Anfrage zunächst nicht.

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