Seit diesem Jahr liegt die Federführung der ARD Auslandskoordination beim WDR. Die Korrespondenten über ihre Arbeit in einer schwierigen Zeit für die freie Presse.
ARD Auslandskorrespondenten„Der Druck auf uns alle wird größer“

Gudrun Engel leitet seit Juli 2022 das ARD-Studio in Washington
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Die weltweite Lage der Pressefreiheit ist auf einem historischen Tiefstand, wie eine aktuelle Untersuchung von „Reporter ohne Grenzen“ zeigt. In 90 von 180 beobachteten Ländern ist die Situation laut dem Report für Medienschaffende „schwierig“ oder „sehr ernst“. Gründe dafür seien vor allem eine fragile Sicherheitslage, zunehmender Autoritarismus und ökonomischer Druck. All das trifft auch die rund 100 Korrespondentinnen und Korrespondenten der ARD in den knapp 30 weltweiten Studios - seit Beginn dieses Jahres unter der Federführung des Westdeutschen Rundfunks.
„Uns ist klar, dass der Druck auf uns alle größer wird“, sagt Gudrun Engel, die das ARD-Studio in Washington leitet. Trump hält sie und ihr Team beschäftigt, täglich ordnen sie neue innen- und außenpolitische Entscheidungen ein, sprechen mit Menschen vor Ort. Ihre Arbeitsbedingungen haben sich unter seiner Regierung spürbar verändert: „Wir werden in ständiger Verunsicherung gehalten, wie lange unsere Visa noch gültig sind. Ich habe schon fünfmal die Warnung bekommen, dass ich den Pass fürs Weiße Haus entzogen bekomme. Es gibt regelmäßig Aufforderungen, uns in den sozialen Medien beim Secretary of State zu melden, wenn wir in einer Art und Weise berichten, die dort als unangenehm empfunden wird.“
Digitale Angebote der Auslandsberichtserstattung sollen ausgebaut werden
Katrin Vernau, Intendantin des WDR, betont bei dem digitalen Pressegespräch, dem neben Engel vier weitere Auslandskorrespondenten aus der ganzen Welt zugeschaltet sind, die Auslandsberichterstattung sei essenzieller Bestandteil des öffentlich-rechtlichen Informationsauftrages: „Genau hier wird der Mehrwert für unser Publikum auch greifbar. Informationen aus erster Hand sind einfach durch nichts zu ersetzen.“ Jörg Schönenborn, WDR-Programmdirektor und jetzt auch Leiter der ARD-Auslandskoordination, sieht die Auslandsberichterstattung als „tragende Säule“ des Zugewinns, den die ARD in den vergangenen Jahren beim jüngeren Publikum erreichen konnte - der Instagram-Kanal der Tagesschau hat beispielsweise inzwischen 6,3 Millionen Abonnenten. Deshalb will er „Ressourcen und Kräfte in den Studios behutsam von Fernsehen und Radio in die digitalen Angebote lenken.“
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Sicherheit als oberste Priorität
Eine der Hauptaufgaben neben der Koordination zwischen den verschiedenen Sendeanstalten und Studios sei es außerdem, Schutz und Sicherheit zu organisieren, etwa durch vermehrte Sicherheitstrainings. Christian Limpert, Tel Aviv-Korrespondent, bereitet sich mit seinem Team beispielsweise aktuell auf eine mögliche Berichterstattung aus dem für internationale Medien noch immer blockierten Gazastreifen vor. Denn: „Die eigene Sicherheit geht immer vor“, betont Limpert und erzählt, wie er und sein Team sich während des Krieges mit dem Iran auch aus ihren mit Schutzräumen ausgestatteten Wohnungen zurückziehen mussten. „Das ist für uns alle das Wichtigste, dass wir nichts riskieren für ein Bild oder eine Information.“

ARD-Korrespondent Vassili Golod steht während einer bei Recherchereise 2023 neben Viktoria. Die Frau lebte 15 Kilometer entfernt von der Grenze zu Russland, den Kontakt zu ihren Verwandten dort hat sie abgebrochen.
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Das unterstreicht auch Ukraine-Korrespondent Vassili Golod, der seit 2023 aus dem neu gegründeten Studio mitten in Kiew vom Angriffskrieg auf die Ukraine berichtet - während des Gesprächs muss er wegen Strommangels seine Technik nachjustieren. Im Gegensatz zu großen US-amerikanischen Nachrichtensendern wie CNN betreibe die ARD aus eben diesen Sicherheitsgründen kein „Frontline Reporting“ aus dem Schützengraben, sondern zeige die Entwicklungen im gesamten Land. Dafür sei eine dauerhafte Präsenz vor Ort besonders wichtig: „Wir sind auch in Phasen da, in denen andere weg sind.“
Die Herausforderungen im Auslandsjournalismus sind zahlreich und vielfältig, wie Gudrun Engel sagt: „Ein Teil der Kollegen ist mit der schusssicheren Weste unterwegs und wird ganz wortwörtlich beschossen. An anderen Stellen geht es eher um psychologische Kriegsführung.“ All das könne man nur vernünftig begleiten, beobachten und einschätzen, wenn man immer vor Ort sei. Bis jetzt ist es für sie und ihr Team bei Drohungen geblieben - Drohungen, von denen sich Engel nicht einschüchtern lassen will: „Wir halten uns nach wie vor und unerschrocken an alle Standards und berichten, was ist.“

