Kulturtipps für den DezemberDas empfieht Yilmaz Dziewior, Direktor des Kölner Museum Ludwig

Lesezeit 4 Minuten
Yilmaz Dziewior steht vor einem Kunstwerk, das ihn zweifach spiegelt.

Yilmaz Dziewior im Museum Ludwig

In unserer Serie geben Kölner Kulturprominente Ausgehtipps. Für den Dezember empfiehlt der Direktor des Museums Ludwig seine liebsten Ausstellungen, Lesungen und Theateraufführungen in Köln und er erläutert, warum er sich vom neuen Leiter des NS-Dokumentationszentrums einiges erhofft.

Ich gehe sehr gerne in die anderen Kölner Museen, denn es gibt wenige Städte, in denen man die ganze Kulturgeschichte, von den römisch-germanischen Anfängen über das Mittelalter bis in die Gegenwart, derart präsentieren kann. Häufig besuche ich die Eröffnung, denn ansonsten, so meine Erfahrung, laufe ich Gefahr, die Ausstellung zu verpassen.

Außerdem treffe ich dort viele Menschen, und es ist immer gut, sich auszutauschen. Ich kann also nur wärmstens empfehlen, die Kölner Museen zu besuchen. Ansonsten bin ich gerne in den Off-Räumen der Kunstszene. Ich schätze etwa die Räume am Ebertplatz, die Temporary Gallery oder auch Melange, dort sehe ich die nächste Generation, sowohl bei den Künstlerinnen und Künstler wie auch bei den Kuratorinnen und Kuratoren. Gerade die Temporary Gallery verdient mit ihrem anspruchsvollen Programm mehr Aufmerksamkeit als sie derzeit bekommt.

Bei der Documenta haben wir ja erlebt, dass der Vorwurf des Antisemitismus in der Kunstwelt ein großes Thema ist
Yilmaz Dziewior

Sehr gespannt bin ich, wie sich das NS-Dokumentationszentrum unter seinem neuen Leiter Henning Borggräfe entwickeln wird. Ich fände es spannend, wenn im NS-DOK auch zeitgenössische Kunst zu sehen wäre. Bei der Documenta haben wir ja erlebt, dass der Vorwurf des Antisemitismus in der Kunstwelt ein großes Thema ist, insbesondere im Spannungsfeld mit den Themen Kolonialismus und Rassismus. Das NS-DOK wäre in einer guten Position, diese Diskussionen differenziert zu reflektieren.

Auch das Programm der Akademie der Künste der Welt finde ich hinsichtlich der Themen Kolonialismus und Rassismus sehr gut, genau wie die Arbeit des Rautenstrauch-Joest-Museums. Ich habe das Gefühl, dass die verschiedenen Kulturinstitutionen der Stadt aus ihren jeweiligen Blickwinkeln auf diese miteinander verbundenen Themen schauen. Beim Museum Ludwig kommen wir dezidiert von der zeitgenössischen und modernen Kunst, die Akademie eher von einem diskursiven Feld und das RJM aus einer ethnologischen Perspektive. In diese Diskussionen könnte das NS-DOK hervorragend hinein passen.

Der Kölner Musiker Chilly Gonzales sitzt in weißen Bademantel am Klavier und hämmert wuchtig in die Tasten.

Chilly Gonzales auf der Bühne

Schauspiel

Ich versuche, zu möglichst vielen Premieren im Schauspiel Köln zu gehen, was mir leider nicht immer gelingt. Ein Muss ist für mich das Gastspiel von Trajal Harrells „The Köln Concert“ am 6. Dezember. Es ist natürlich schon ausverkauft, aber mit viel Glück gibt es zurückgegebene Karten an der Abendkasse. Sehr empfehlen kann ich auch die letzte Vorstellung von Rainald Goetz‘ „Reich des Todes“ am 3. Dezember. Ich bin schon lange ein großer Goetz-Fan, Stefan Bachmanns Inszenierung hat mich begeistert.

Ausstellung

Dank dem Engagement des Vereins Art Asyl und Zilkens Fine Art Versicherung gibt in Köln derzeit eine tolle private Ausstellungsinitiative: „Worth Fighting For“ zur ukrainischen Kunst. Dieses Projekt wurde von Pinchuk-Centre in Kiew organisiert, gemeinsam mit dem von Bart de Baere geleiteten Museum für moderne Kunst in Antwerpen. Ich fand es eine mutige Geste von de Baere, dem Pinchuk Centre im Krieg Kunstwerke zu leihen. Jetzt ist die Ausstellung noch bis zum 14. Dezember in der Oskar-Jäger-Straße 97-99 zu sehen, wiederum dank privatem Engagement.

Die Skulptur eines toten Pferds liegt mit den Beinen nach oben in der Ausstellung Worth Fighting For

Blick in die Ausstellung Worth Fighting For

Bemerkenswert ist auch die neue Ausstellung „Game of No Games“ im Kölnischen Kunstverein mit künstlerischen Positionen, die man früher „Outsider Art“ nannte, also Kunst von Menschen mit Behinderungen und anderen Lebenswirklichkeiten. Wir kooperieren ja gerade selbst für die „Grüne Moderne“ mit dem Kölner Kunsthaus KAT 18, von dort haben wir die schönen Vasen bekommen. Mir gefällt die große Selbstverständlichkeit, mit der im Kunstverein Positionen gezeigt werden, die es immer schwer hatten, überhaupt als Kunst wahrgenommen zu werden. Selbst ich kannte vieles nicht, was dort gezeigt wird.

Lesung & Konzert

Am 3. Dezember liest Serhij Zhadan, der aktuelle, aus der Ukraine stammenden Friedenspreisträger des Deutschen Buchhandels, im Literaturhaus Köln, das wird sicherlich interessant. Gleiches gilt für Robert Menasse, der am 15. Dezember im Stadtgarten zu Gast im Literarischen Salon von Navid Kermani und Guy Helminger ist. Chilly Gonzales braucht eigentlich keine Empfehlung, aber ich erwähne ihn trotzdem. Ein cooler Musiker mit fantastischer Bühnenshow, der weit mehr ist als eine lokale Größe. Er spielt am 29. Dezember in der Philharmonie.

KStA abonnieren