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BeethovenhalleEin Rundgang über die Bonner Endlosbaustelle

Lesezeit 4 Minuten

Blick in das künftige Orchesterstudio der Beethovenhalle in Bonn. 

Bonn – Am Ende des einstündigen Rundgangs über ihre größte Krisen-Baustelle, die Beethovenhalle, äußert sich die Bonner Oberbürgermeisterin Katja Dörner äußerst zurückhaltend. Es sei „interessant und hilfreich, sich mit eigenen Augen zumindest einen Eindruck zu verschaffen“, sagt die Grünen-Politikerin. „Politisch arbeiten wir hart daran, das Projekt zu einem Erfolg zu führen.“

Dass das Konzerthaus aus dem Jahr 1959 nach der Sanierung ein Schmuckstück wird, steht außer Frage. Nur wann und zu welchem Preis? Beim Rundgang hält Projektleiter Lutz Leide vom städtischen Gebäudemanagement, der seit 1. Februar 2020 die Verantwortung übernommen hat, an den Daten fest, die zu Jahresbeginn von der Stadt kommuniziert wurden. Demnach ist die Eröffnung nach der Sommerpause 2024 geplant, und auch die zuletzt genannten Gesamtkosten von 166,2 Millionen Euro sollen nicht überschritten werden.

Eigentlich sollte die Sanierung im Jahr 2018 abgeschlossen sein

Bis vor wenigen Tagen sah es ganz und gar nicht danach aus. Dörner, die ihr Amt nach der Wahl im September 2020 von Ashok-Alexander Sridharan (CDU) übernahm, musste Mitte März mitteilen, dass die Fertigstellung der Beethovenhalle „nach aktuellen Erkenntnissen gefährdet“ sei. Zur Erinnerung: Als die Sanierung 2016 begann, war von zwei Jahren Bauzeit und Kosten von 61,5 Millionen Euro die Rede. „Was von außen so einfach aussieht, stellt sich im Innenverhältnis manchmal mehr als schwierig dar“, sagt Leide dazu. Diese leidvolle Erfahrung habe man in Köln mit der Opernsanierung ja auch machen müssen.

Hinter den Kulissen haben das Städtische Gebäudemanagement und das Büro der Oberbürgermeisterin fieberhaft an einem Rettungsplan gearbeitet, der am heutigen Donnerstag oder spätestens am Montag, falls die Sitzung wegen der vielen Tagesordnungspunkte dann fortgesetzt werden muss, im Stadtrat vorgestellt und werden soll.

Die Bonner Oberbürgermeisterin Katja Dörner (Grüne)

Der Plan: Ein externer Gutachter soll ausstehende finanzielle Forderungen des Architekturbüros Nieto Sobejano Arquitectos (NSA) und des Planungsbüros für die technische Gebäudeausrüstung an die Stadt prüfen und eine Summe vorschlagen, der sich beide Seiten unterwerfen. Darüber hinaus sollen Teile der Großbaustelle, bei denen die Planungen noch nicht abgeschlossen sind, für maximal sechs Monate stillgelegt werden. Das betrifft vor allem die Lüftungsanlage auf dem Dach des Konzerthauses, die deutlich schwerer ist als die Konstruktion tragen kann.

„Wir halten das für sinnvoll, damit am Ende nicht Dinge zurückgebaut werden müssen“, sagt Thomas Schmidt, Fraktionsgeschäftsführer der Grünen und Vorsitzender des Projektbeirats. Deshalb habe man dem Vorschlag zugestimmt.„Noch haben wir im Budget einen Puffer von mehr als zwei Millionen Euro.“ Auch der Zeitplan ließe sich dann gerade noch halten.

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So könnte dem Beethoven-Orchester also doch ein neues Studio als Heimstatt zur Verfügung stehen. Fünf Meter tiefer gelegt, vor Hochwasser geschützt, mit der positiven Folge, dass der große Saal an den hundert Tagen im Jahr, in denen das Orchester dort probt, nicht mehr für andere Veranstaltungen blockiert ist. Ins neue Studio wird eine Hubbühne eingebracht, die so flexibel ist, dass sie auf zwei verschiedenen Ebenen auch als Kammermusiksaal oder Seminarraum dienen kann.

„Das war unser Ziel“, sagt die beim städtischen Gebäudemanagement für den Denkmalschutz verantwortliche Constanze Falke. Dafür sei man einen denkmalpflegerischen Kompromiss eingegangen und habe das alte Studio mit seinem 1950er-Jahre-Charme geopfert. Die Besucher des neuen Kammermusiksaals werden durch die alten Türen von 1959 eintreten und innen in der Neuzeit angekommen sein. Diese Abgrenzung zwischen 1959 und 2020 wird auch von außen sofort sichtbar. Die Architekten haben die neuen Bauabschnitte des Konzerthauses schlicht in Beton gehalten, die alten von 1959 werden restauriert, wo es geht.

Bald gibt es auch mehr Toiletten – das klingt profan, ist es aber nicht

Das gilt auch für die beiden Fluchtreppenhäuser mit den klassischen Glasbaustein-Wänden und den schmalen Geländern, die wie alles aus den 1950ern derzeit voll im Trend liegen. Für das Publikum waren sie bisher nicht zugänglich, künftig werden sie häufig genutzt werden – in den Konzertpausen. „Da hatten wir bisher immer das Problem, dass es im Erdgeschoss nur eine Toilettenanlage gab“, sagt Konstanze Falke. „Jetzt haben wir eine zweite geschaffen, die über das Treppenhaus erreichbar ist.“ So werde es endlich sichtbar und gebe dem Gebäude eine höhere Wertigkeit. Klingt profan, ist es aber nicht.