Chor des Bach-Vereins KölnVon Klang-Klischees befreit

Lesezeit 2 Minuten
Neuer Inhalt

Christoph Siebert 

Köln – 2022 ist ein Heinrich-Schütz-Jahr: Im November jährt sich der Todestag des größten deutschen Komponisten vor Bach zum 350. Mal. Lange bevor um 1920 die Wiederentdeckung des weitgehend vergessenen Meisters begann, hatte sich Johannes Brahms für Schütz eingesetzt, seine Werke studiert und aufgeführt. Auch sein eigenes Schaffen wurde von der Musiksprache des älteren Kollegen beeinflusst.

Das könnte Sie auch interessieren:

Das wollte der Chor des Bach-Vereins Köln bei seiner Aufführung von Brahms’ geistlichem Hauptwerk „Ein deutsches Requiem“ mit einem ausführlichen Vorprogramm zeigen, von dem leider coronabedingt nur wenig übrig blieb: die Schütz-Motette „Selig sind die Toten“ und ein archaisierender „Begräbnisgesang“ des jungen Brahms, in dem sich Vokal- und Bläser-Chor wie ein Trauerzug kleinschrittig voran tasteten.

Intensiv am Chor-Profil gefeilt

Was deutlich hörbar blieb, war der Ansatz, das „Requiem“ aus den üblichen romantischen Klangklischees zu befreien und stärker an die protestantische Singtradition anzuschließen.

Christoph Siebert, als künstlerischer Leiter des Bach-Vereins seit 2020 im Amt, hatte intensiv an einem Chor-Profil gefeilt, das weg von der trägen Masse und hin zu lichter Beweglichkeit strebte. Wichtiger als ein strömender, die Phrasen mit weitem Atem füllenden Klang war dem Dirigenten eine scharfe Artikulation, eine musikalische Charakterisierung über das klar geformte Wort.

Die gut 60 Sängerinnen und Sänger lösten das mustergültig ein; auch bezüglich Homogenität und Höhensicherheit, Intonation und Präzision glückte ihnen eine Leistung, die über gut geschulten Laiengesang deutlich hinauswuchs.

Dem waltenden Musizierideal entsprach auch das Spiel des Originalklang-Ensembles concerto classico frankfurt, dessen Bratschen und Celli schon die Orchester-Einleitung rau und spröde schnarren ließen - fernab jener nazarenischen Weihestimmung, die man an dieser Stelle üblicherweise erlebt. Die Solisten Susanne Müller (Sopran) und Matthew Brook (Bariton) trugen das ihre zum Eindruck einer emotional eher gemessenen, dafür aber lebendig mitteilenden Darstellung bei.

Kräfte zusammen geführt

Christoph Siebert hatte - den äußeren Umständen geschuldet - bislang noch wenig Gelegenheit, seine Handschrift als neuer Chorleiter des Bach-Vereins zu zeigen. Mit seiner Souveränität im Zusammenführen der Kräfte, der hohen Sorgfalt im Detail, dem subtilen Ausspielen von Nahtstellen und Übergängen ist ihm das hier umso eindrucksvoller gelungen.

KStA abonnieren