Ein Captain mit StilPatrick Stewart wird 80 Jahre alt

Patrick Stewart Patrick in der Serie „Star Trek: Picard“
Copyright: dpa
Während draußen im Weltraum die Endschlacht gegen die Borg tobt, hat er in seiner Kajüte die „Grande messe des morts“ von Hector Berlioz aufgelegt. Und während er dem Getümmel aus dem Halbdunkel schweigend nachsinniert, trinkt er sein unvermeidliches Lieblingsgetränk aus dem Replikator: „Earl Grey, heiß!“ Jean-Luc Picard ist ein Captain mit Stil. An diesem Montag wird Sir Patrick Stewart alias Enterprise-Captain Picard 80 Jahre alt.
Entschlossenheit, Substanz und Tiefgang
Die Entscheidung der US-Serienmacher, gegen den Widerstand von Star-Trek-Vater Gene Roddenberry den englischen Shakespeare-Darsteller Stewart zum Nachfolger des legendären Enterprise-Ur-Käpt'n William Shatner alias James T. Kirk aus den 60er Jahren auf die Brücke zu holen, war Gold wert. Wo Shatner/Kirk für den reinen mutig-waghalsigen Tatmenschen stand, steht Picard für Entschlossenheit, Substanz und Tiefgang zugleich. Einem wie ihm kann man das Überleben der Menschheit anvertrauen.
Dabei hat auch ein Captain Picard durchaus Ecken und Kanten: ein Mann mit Geschichte, mit Verletzungen, tiefen Gefühlen und unterdrückter Leidenschaft. Um das glaubhaft auf die Mattscheibe zu bringen, braucht es schon einen Klasseschauspieler. Dafür durfte Stewart seine britische Aussprache behalten und musste nicht auf Amerikanisch umerzogen werden.
Das könnte Sie auch interessieren:
Dass er Härte und emotionale Achterbahnfahrten zugleich verkörpern kann, ist bei Patrick Stewart auch biografisch angelegt. Am 13. Juli 1940 in Yorkshire geboren, wurde er als Kind häufig von seinem kriegstraumatisierten Vater verprügelt.
Früher Schulabbruch
Ein Grund auch, warum er sich nach frühem Schulabbruch und frühen Jahren als Journalist für die Schauspielerei entschied: „Ich wollte nicht mehr Patrick Stewart sein. Ich wollte jemand anderes werden“, sagte er in einem Interview. Seit 1966 ist er Darsteller der Royal Shakespeare Company, bis 1982 im Schauspieler-Kernteam und auch nach seiner Picard-Karriere immer wieder in Stratford-upon-Avon und im Londoner Westend.
Jahre, nachdem er 2003 den Picard an den Nagel gehängt hatte, wurde er noch einmal befördert: vom Captain der Sternenflotte zum Ritter Ihrer Majestät. Die Queen machte aus dem Soldatensohn im Juni 2010 „Sir“ Patrick Stewart, Offizier des Order of the British Empire. Und Picard als geheimnisvoller Professor Charles Xavier aus den „X-Men“ wurde später tatsächlich Professor – für Schauspielerei.
Stewarts meistgesprochene Frage als Captain Picard war wohl: „Wie lang wird das dauern?“, meist gefolgt von dem Befehl: „Machen Sie es so!“ Die Antwort in seinem Fall war: 2003, nach 16 Jahren, hielt er die Rolle des Picard für auserzählt – und zugleich schienen Picard und er miteinander verwachsen. „Kein Hollywood-Regisseur wollte mehr diesen glatzköpfigen Briten mit der tiefen Stimme casten, weil der doch Picard war und niemand anderes sein konnte“, sagte er später der „Times“. 2018 jedoch überraschte er die Fangemeinde mit einem Comeback aus dem Ruhestand.
Die Mission stimmt
In der Serienfortsetzung „Star Trek: Picard“ ist der pensionierte Captain der Enterprise ein alter Mann auf einem Weingut, der sich doch wieder reaktivieren lässt – weil die Mission stimmt: Stewart wollte keine Sternenflotten-Uniform mehr tragen. Dafür soll er eine Flüchtlingskrise im All lösen, ohne Segen oder Unterstützung der Sternenflotte oder der Enterprise.
Eine Rolle, die durchaus seinen politischen Überzeugungen entspricht. Traditionell unterstützt Stewart die Labour Party. Von Donald Trump fühlt sich der Wahl-New-Yorker um den Multilateralismus betrogen, von Boris Johnson um seinen Status als EU-Bürger, auf den er „sehr stolz“ gewesen sei. An beiden verachtet er ihre geplant eingesetzten Lügen.
Mit 80 Jahren kann Patrick Stewart auf eine reiche Lebenserfahrung zurückblicken. Der berühmte Trekkie-Gruß des Vulkaniers Spock lautet: „Live long and prosper“ („Lebe lang und in Frieden“). Dem Jubilar zwischen Weltraum und Pensionierung möchte man mit seinen eigenen, stets entschlossenen Worten zurufen: “Machen Sie es so!“ (kna)