German Film OfficeDeutsche Filme sollen in den USA deutlich bekannter werden

Blick auf den Dom im Dokumentarfilm „Oeconomia“
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Amerikanische Filme in deutschen Kinos, das ist der Normalzustand. US-Produktionen ziehen pro Jahr über die Hälfte der Zuschauer vor die große Leinwand. Deutsche Filme in USA erwirken solche Effekte nicht. Hier liegt der Marktanteil unterhalb der Marke von einem Prozent.
Der Wert kann sich minimal verbessern, wenn ein deutscher Film bei den großen amerikanischen Festivals in Sundance und Tribeca oder bei Verleihungen der Golden Globes und der Oscars Aufmerksamkeit erringen konnte. Hiesige Kassenerfolge spielen in amerikanischen Multiplex-Kinos keine Rolle, der Arthouse-Bereich hingegen hat sich seit Jahren als kleines, aber feines Nischenprodukt halten können. Um diese Entwicklung zu konsolidieren, wurde im Oktober letzten Jahres das German Film Office in New York eröffnet. Ziel ist es, deutsche Filme über gezielte Verleiharbeit buchstäblich sichtbar zu machen. Das erste Filmpaket, bestehend aus fünf Spielfilmen, vier abendfüllenden Dokumentarfilmen und vier Kurzspielfilmen wurde in diesen Tagen in englisch untertitelten Originalfassungen veröffentlicht.
Das German Film Office entstand aus einer Initiative des Goethe-Instituts und German Films, einer Service und Marketing GmbH mit dem Ziel, den deutschen Film weltweit zu bewerben und auf internationalen Märkten zu platzieren. Vor allem der US-Markt wurde als Bereich mit viel Entwicklungspotenzial erkannt. Sara Stevenson (45) ist Executive Director des German Film Office, davor war sie für das Filmprogramm des Goethe Instituts in New York zuständig: „Traditionell sind Filmprogramme des Goethe Instituts eher thematisch und historisch ausgerichtet mit Retrospektiven und Filmreihen, aber kein Marketing im engeren Sinn. Um das aktuelle deutsche Filmschaffen zu spiegeln, haben wir nun zusammen mit German Films das Filmpaket »Kino! Germany Now!« ins Leben gerufen, das wir Kinos hier in den USA anbieten.“ Der Reiz am neuen Vertriebsweg ist es, dass von interessierter Seite sowohl das Gesamtpaket als auch einzelne Titel abgerufen werden können.
Der in New York ansässige Verleih Kino Lorber macht die Filme für Arthouse-Kinos zugänglich, dessen zu Beginn der Pandemie ins Leben gerufene Plattform Kino Marquee wiederum bietet die Filme für virtuelle Auswertung an, wobei die Filme auch auf den Online-Plattformen der lokalen Kinos laufen können. Sara Stevenson sagt dazu: „Gerade der virtuelle Weg hat sich hier in den USA recht schnell etabliert, nachdem die meisten Kinos wegen Corona schließen mussten. Hier in New York sind die Kinos seit März 2020 nur noch virtuell geöffnet.“
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Burhan Qurbanis „Berlin Alexanderplatz“ hat als bislang einziger Film des ersten Filmpakets von „Kino! Germany Now!“ einen US-Verleih für sich finden können. Die anderen Spielfilmtitel sind das Migrantendrama „Exil“, das Liebesdrama „Es gilt das gesprochene Wort“, der Boxerinnenfilm „Gipsy Queen“ und der Heimat-Horrorfilm „Schlaf“. Unter den Dokumentarfilmen befindet sich neben der preisgekrönten Selbstfindungsstudie „Born in Evin“ auch der ultimative Geldfilm „Oeconomia“ der in Köln lebenden Filmautorin Carmen Losmann. Sara Stevenson sieht aufgrund der New Yorker Arthouse-Kultur gute Chancen für ein Publikum, das deutschen Filmen mit Interesse begegnet. Sie sagt aber auch: „New York sollte nicht mit dem Rest der Vereinigten Staaten von Amerika gleichgesetzt werden. Es besteht schon ein Unterschied darin, ob man mit dem Museum of Modern Art oder dem Lincoln Center zusammenarbeitet, die beide sehr kompetente und verlässliche Partner des Goethe-Instituts und von German Films sind, oder ob man ein Kulturangebot in einem abgelegenen Ort im Mittleren Westen aufzustellen versucht.“
Kassenerfolge aus dem deutschen Mainstream spielen in diesen Überlegungen keine Rolle. Sara Stevenson: „Ein Film wie »Fack Ju Göhte« wäre fürs »Kino! Germany Now!«-Programm nicht geeignet. Es ist schon wichtig zu verstehen, dass Leute, die hier in den USA einen deutschen Film anschauen, sich grundsätzlich für Arthouse-Kino interessieren und keine Angst vor Untertiteln oder anspruchsvollen Inhalten haben. Unser Programm kann natürlich anderswo laufen, die Titel sind aber vor allem für Programmkinos interessant, die »not for profit« arbeiten. In einem Multiplex-Kino wird ein Titel der Reihe eher nicht zu sehen sein.“

Sandra Hüller in „Schlaf“ von Michael Venus Salzgeber
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Aktuell operiert das German Film Office mit einem Programmbudget von 100.000 Euro, die je zur Hälfte von der Beauftragten für Kultur und Medien und dem Auswärtigen Amt zufließen. Nach derzeitigem Planungsstand soll „Kino! Germany Now!“ jedes halbe Jahr ergänzt und erweitert werden. Die Filme des ersten Pakets werden bis Juli verfügbar sein, dann erfolgt die erste Einschätzung zu Filmauswahl und Wirtschaftlichkeit. Sara Stevenson übt sich in Zuversicht: „Wir fangen ja erst an und haben noch keine Erfahrungswerte. Hier geht es noch ganz nach dem Prinzip des »Learning by doing«.“