Bahn-Chef bei „Hart aber fair“„Ein Zug, der nicht fährt, kann nicht unpünktlich sein“

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haf Bahn

Die Runde zur Bahn bei „Hart aber fair“.

  • „Klimaretter oder Nervenkiller – was kann die Deutsche Bahn?“ hat Frank Plasberg gefragt.
  • Die Gäste waren Richard Lutz (Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bahn), Anton Hofreiter (Fraktionschef Bündnis 90/Grüne), Micky Beisenherz (Comedy-Autor), Judith Henke (regelmäßige Bahnfahrerin) und Bernd Althusmann (niedersächsischer Verkehrsminister).

Los ging es direkt mit dem üblichen Bashing. 42 Prozent der Fernzüge fahren mit technischen Mängeln. 42 Prozent. Und jeder aus der Runde durfte sein persönlich schlimmstes Bahnerlebnis ausbreiten. Comedy-Autor Micky Beisenherz bezeichnete die Bahn auf seinem Instagram-Kanal unlängst als „rollenden Haufen Scheiße“, wobei er später hinzufügte, dass das so nicht stimmt, denn die Bahn rollte in seiner Anekdote ja nicht mal, sondern stand nur.

Und wenn sie rollt, kommt sie häufig zu spät. Laut Berechnungen der Bahn selbst erreicht sie aber ihre eigentlichen Pünktlichkeitsziele. Moderator Frank Plasberg wies darauf hin, dass es sich bei der Erhebung um einen Taschenspielertrick handele. Denn ein Fernverkehrszug gilt erst dann als verspätet, wenn er mehr als fünf Minuten zu spät ist. Und ausgefallene Züge werden komplett aus der Statistik gestrichen. Bahnchef Lutz sagte dann allen Ernstes: „Ein Zug, der nicht fährt, kann auch nicht unpünktlich sein.“

Deutsche Bahn „fährt jahrelang auf Verschleiß“

Ihm Sprang Anton Hofreiter, Fraktionschef der Grünen im Bundestag, zur Seite. Die Verantwortung für die ganzen Mängel der Bahn sieht er nicht beim Bahnchef, sondern bei der Bundesregierung: „Jahrelang wurde auf Verschleiß gefahren.“ Seit 1990 seien 6.000 Kilometer Bahnschienen stillgelegt worden. Dazu die ständigen Probleme, wenn das Wetter extremer wird, wie kürzlich während des Sturmtiefs „Mortimer“. Regelmäßig sorgen auf den Gleisen liegende Bäume für Verspätungen und Zugausfälle. „Das kann man natürlich nicht vorher wissen. Die Bäume schleichen sich heimlich an und werfen sich dann auf die Gleise“, kommentierte Hofreiter.

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Damit die ganzen Probleme gelöst werden (über das rudimentär funktionierende W-LAN war zu diesem Zeitpunkt noch nicht mal gesprochen worden), sollen jetzt 156 Milliarden Euro in die Deutsche Bahn investierte werden. Schließlich ist sie ja ein Eckpfeiler der allerorten ausgerufenen Klima-Revolution. Für Hofreiter ist es zu wenig: „Es soll nur der Status quo erhalten werden. Seit Jahren geht das so. Es werden große Reden geschwungen, aber passieren tut trotzdem nichts. Ich sage dazu gerne: verbale Offenheit bei vollkommener Verhaltensstarre.“

Comedy-Autor Beisenherz fragte zwischendurch leise, ob die Zahl 156 Milliarden überhaupt viel sei – worauf leider keiner antwortete. Und sprach dann einen weiteren wichtigen Punkt an. „Die Bahn muss vor allem das attraktivste Verkehrsmittel werden, wenn eine Mobilitätswende gelingen soll. Aktuell nimmt man sie nur, wenn man viel Zeit hat und nicht stressanfällig ist.“

Nachdem die Diskussion beendet war, stellte man sich unweigerlich Fragen: Wie wird sie denn jetzt besser, die Deutsche Bahn? Mit mehr Geld? Mit mehr Wettbewerb (darüber war auch kurz gesprochen worden? Mit besserem Personal? Mit besser Ausrüstung? Mit mehr Schienen? So richtig beantwortet wurde keine dieser Fragen. Vielleicht wusste auch niemand der Gäste eine Antwort.

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