Kölner KünstlerinDie kleine große Welt von Inge Schmidt
Bergisch Gladbach – Vieles was Inge Schmidt macht, sieht nach Langeweile aus. Oder eben nach dem, was man so macht, wenn man gerade nichts Ordentliches mit sich anzufangen weiß. Praktischerweise scheint Schmidt dann immer ein Stück Pappe, etwas Draht oder einen Stift zur Hand zu haben. So geht die Zeit nicht verloren. Die Langeweile bleibt vertrieben und lässt erstaunliche kleine Kunstwerke zurück.
Jetzt ist eine große Auswahl dieser kleinen Werke im Kunstmuseum Villa Zanders zu sehen. Für die in Köln lebende Künstlerin war die Reise nach Bergisch Gladbach kurz, jedenfalls sehr viel kürzer, als sie dem größeren Teil des Kölner Kunstpublikums offenbar erscheint. Zwar kann die auf Papierkunst spezialisierte Villa Zanders selten mit Stars aufwarten. Aber Spektakuläres (im Kleinen) findet man hier mit großer Verlässlichkeit.
An Inge Schmidts falschen Giraffen ist alles richtig
Beispielsweise die „falschen Giraffen“, die Inge Schmidt als schönes Kuddelmuddel auf Papier gezeichnet hat. Für richtige Giraffen sind die Hälse arg kurz geraten, die Hörner lassen sich aber gut erkennen. Die Beine wiederum wachsen den schwarz-rot-goldenen Tieren kreuz und quer. Offenbar leben die Paarhufer auf diesem Blatt in Symbiose mit der organisch wuchernden Pflanzenwelt – falsch will einem das trotzdem nicht erscheinen.
Schmidts Zeichnungen sind zart und feingliedrig im Verhältnis zu ihren etwas grobianischen Skulpturen. Sie zaubert Masken aus dem Nichts (eine Werkreihe heißt „Minutenköpfe“) und kleine Kostbarkeiten aus billigen Materialien wie Wellpappe, Vierkanthölzern oder Schnüren. Sie verknotet Plastiktüten, setzt „abgenagte“ Holzstängel auf Podeste und knibbelt an Miniatur-Architekturen, die ein ordentlicher Windstoß wohl zum Fenster hinaus blasen würde.
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Die meisten dieser Bastelarbeiten sind auf anrührende Weise anlehnungsbedürftig. Sie suchen die starken Schultern der Museumswände oder stützen sich auf fragile Falt- und Steckkonstruktionen. Selten erschloss sich ein rätselhaft anmutender Ausstellungstitel so schnell wie hier: „An der Wand und vor und neben“. Am besten versteht man dieses ins gebändigte Chaos driftende Werk vielleicht in Inge Schmidts prall gefülltem Atelier. Aber auch in der etwas aufgeräumteren Villa Zanders staunt man über ihr verschwenderisches Improvisationstalent.
„Inge Schmidt: An der Wand und vor und neben“, Kunstmuseum Villa Zanders, Konrad-Adenauer-Platz 8, Bergisch Gladbach, Di., Fr. 14-18 Uhr, Mi., Sa. 10-18 Uhr, Do. 14-20 Uhr, So. 11-18 Uhr, bis 24. Juli. Katalog 18 Euro.