KulturpreisWie Gerhardt Haag und Kerstin Ortmeier Köln in Afrika bekannt machten

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Gerhardt Haag und Kerstin Ortmeier vom africologne-Festival  

Köln – Gerhardt Haag hatte über zehn Jahre lang immer wieder Burkina Faso besucht, als er dort im Februar 2010, auf der Grundsteinlegung von Christoph Schlingensiefs Operndorf, den Theatermacher Étienne Minoungou kennenlernte. Der leitete das Festival „Récréatrales“ in dem westafrikanischen Land, Haag in Köln das Theater im Bauturm: Die beiden Bühnenmenschen verstanden sich auf Anhieb und vereinbarten, zukünftig zusammenzuarbeiten.

Zurück in Köln fragte Haag Bauturm-Dramaturgin Kerstin Ortmeier, ob sie sich vorstellen könne, einige Produktionen auf dem „Récréatrales“-Festival dramaturgisch zu betreuen. Ortmeier sagte sofort zu, arbeitete sechs Wochen lang in Ouagadougou.

Die Erfahrung war so bereichernd, dass Haag und Ortmeier einen Antrag an die Bundeskulturstiftung stellten – die wiederum nahm die Kölner Initiative zum Anlass, ihren Fokus überhaupt erstmals auch auf Afrika zu richten.

Eine sportliche Entstehung

Bereits im Juni 2011 startete die erste Ausgabe von africologne: „Eine sportliche Entstehung“ nennt Haag das heute. Und ein echtes Kölner Alleinstellungsmerkmal.  Bis heute, so Haag, gebe es in ganz Deutschland kein vergleichbares Festival, auf dem die Produktionen afrikanischer Kulturschaffender in  Eigenverantwortung gezeigt werden. „Es geht es um einen kontinuierlichen Austausch auf Augenhöhe“, sagt Ortmeier. „Wir wollen Geschichten und  Perspektiven aus Afrika sichtbar machen.“ 

Am Montag wurden Ortmeier und Haag vom Kölner Kulturrat als „Kulturmanager:innen des Jahres 2021“ ausgezeichnet.  Das war überfällig. Längst haben sie das Festival zu einer Plattform für transnationalen künstlerischen Austausch weiterentwickelt, haben als Träger den Verein afroTopia gegründet. „africologne lädt nicht nur ein“, sagt Ortmeier, „sondern produziert und coproduziert auch.“

Austausch zwischen den Kontinenten

Was als reines Theaterfestival anfing ist heute ein afro-europäisches Netzwerk für Theater-, Tanz-, Performance- und Medienkunst. Das zudem über ein Dialogforum den Ideenaustausch zwischen den Kontinenten befördert. Dazu gehören die nach jeder Vorstellung angesetzten Gespräche: Dem Publikum, so Ortmeier, soll so ein Perspektivwechsel ermöglicht werden. Im Laufe der Jahre habe das Kölner Festival auch auf dem afrikanischen Kontinent an Bekanntheit gewonnen. Erst neulich, erzählt die Festivalleiterin, habe sie in der Elfenbeinküste einen Künstler aus Guinea-Bissau kennengelernt, der, als sie sich vorstellte, ausrief: „Ah, du bist africologne!“ Inzwischen wenden sich Journalisten oder Kuratoren an africologne, wenn sie afrikanische Ansprechpartner oder Inszenierungen suchen. „Es kommen auch sehr viele Bewerbungen, von Produktionen, die bei uns auftreten wollen“, so Haag.

Was die Wahrnehmung vor Ort angehe, sei allerdings noch Luft nach oben: „Wir sind eben eine Grasswurzelinitiative, die es schwer hat, nach oben durchzudringen.“ Man sei zwar sehr dankbar für die Fördergelder des Landes und der Stadt Köln, vor allem, weil es sich um Projekt- und Konzeptionsförderungen handelt, die Planungssicherheit schaffen. Aber man operiere mit sehr geringen Summen, und einem dementsprechend kleinen,  überarbeiteten Team. 

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Ein internationales Festival, sagt Haag, sei so  kaum dauerhaft auf die Beine zu stellen: „Da muss in den nächsten zwei, drei Jahren ein deutlicher Schritt passieren.“ Momentan erstreckt sich africologne über verschiedene Spielorte, vom Schauspiel Köln bis Odonien, mit der Alten Feuerwache als Zentrale. Die Hoffnungen von Ortmeier und Haag ruhen auf dem Umzug der Städtischen Bühnen an den Offenbachplatz und der Umwandlung des Mülheimer Depots in ein Produktionshaus der Freien Szene: „Dann könnten wir dort“, schwärmt Haag, „für zehn Tage unsere Zelte aufschlagen.“

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