Kölner phil.Cologne„Man kann viele gute Dinge tun, die nichts mit Lohnarbeit zu tun haben“

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Autorin Sara Weber musste ihren Job wegen Überlastung kündigen und hat ein Buch darüber geschrieben.

Autorin Sara Weber musste ihren Job wegen Überlastung kündigen und hat ein Buch darüber geschrieben.

Nadia Shehadeh und Sara Weber diskutieren bei der phil.Cologne über die Arbeit der Zukunft.

Was kommt vor dem Vergnügen? Arbeit. Und die hat ein immer größeres Image-Problem: Denn die jüngere Generation träumt nicht nur von der Vier-Tage-Woche und frühen Feierabenden, sondern fordert dies zunehmend vehement ein. „Ist die Arbeitswelt kaputt?“, war der phil.Cologne-Abend in der Comedia zu diesem höchst relevanten Thema überschrieben. „Wir landen im kollektiven Burn-Out, wenn wir nicht weniger arbeiten“, sagt Sara Weber, die ihren Job bei einem digitalen Netzwerk 2021 wegen Überlastung gekündigt hat und gerade beim Kölner Kiwi-Verlag das Buch „Die Welt geht unter, und ich muss trotzdem arbeiten?“ veröffentlicht hat. 

Sie betrachtet Künstliche Intelligenz als große Chance, in vielen Arbeitsbereichen Überstunden abzubauen und Produktivitäten zu steigern, um sich endlich auf die Berufe konzentrieren zu können, für die Menschen immanent wichtig bleiben werden: Erziehung, Medizin oder Pflege etwa. „Der Arbeitskräfte-Mangel existiert in diesen Berufen doch nur, weil sie so schlecht bezahlt sind, zu wenig wertgeschätzt werden und die Überlastung viel zu hoch ist“, sagt sie. Dies könne und müsse sich ändern. „Ein halbwegs öder halber Tag zuhause ist immer noch besser als ein Tag auf der Arbeit“, behauptet die Soziologin Nadia Shehadeh, die in ihrem neuen Buch „Anti-Girlboss: Den Kapitalismus vom Sofa aus bekämpfen“ dafür plädiert, Lohnarbeit nicht mehr derart zu überhöhen wie bislang. Denn meist werde nur diese wertgeschätzt und bezahlt, während – mehrheitlich für Frauen –, auch Pflegearbeit und Sorgearbeit hinzukämen.

„Man kann viele gute Dinge tun, die nichts mit Lohnarbeit zu tun haben“, so Shehadeh, die in ihrem Buch darüber schreibt, warum und wie sie nur so viel arbeitet, wie sie unbedingt muss. Ihre Thesen sind provokant, unterhaltsam, kommen mitunter allerdings schlicht daher – so wie auch der Tipp an die Zuhörenden, es doch mal mit „systematischem Lügen“ auf der Arbeit zu probieren. Dass der Fokus mehr auf die Zufriedenheit von Arbeitnehmenden gelegt werden muss: Darin sind sich die Autorinnen zu recht einig. 

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