Monika Gruber in der Lanxess-ArenaDas dürfte selbst manchem Stammtisch zu plump sein

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Monika Gruber steht in der Lanxess-Arena und zeigt eine Fußmatte, auf der steht: „Wer gendert, braucht gar ned erst klingeln!“

Monika Gruber steht in der Lanxess-Arena und zeigt eine Fußmatte, die sie vertreibt.

Die bayerische Komikerin Monika Gruber tritt zum ersten Mal seit 15 Jahren in Köln auf und vermengt Privates und Politisches, Harmloses und Hetze auf erstaunliche Art und Weise.

Ganz am Ende ihres Auftritts in der Lanxess-Arena wird Monika Gruber plötzlich versöhnlich. Das Schöne in der Demokratie sei doch, dass man anderer Meinung sein und streiten könne, dass man einsehen könne, dass der andere genauso recht hat wie man selbst. Wer wollte da widersprechen? 

Das Problem ist nur, dass sie sich in den 90 Minuten zuvor exakt gegenteilig verhalten hat. Nun ist ein Comedy- oder Kabarettprogramm natürlich nicht der Ort für Austausch, aber so wie „die Gruberin“, wie sich selbst nennt, gegen alle wütete, die eben nicht ihrer Meinung sind, wird das mit dem Dialog doch verdammt schwierig.

In ihrer bayerischen Heimat füllt die 52-Jährige auch die großen Hallen.  Dafür reicht es in Köln nicht ganz. 3000 Menschen sind nach ihrer Aussage in die Arena gekommen, um sie bei ihrem ersten Auftritt in der Stadt seit 15 Jahren zu sehen.

Viel ist in der Zwischenzeit passiert. Sie hat Karriere als Kabarettistin und Schauspielerin gemacht, viel Geld verdient und Preise gewonnen. Die große Bühne schien für das älteste von drei Kindern, aufgewachsen auf einem Bauernhof in Tittenkofen, vermutlich unendlich weit weg. Doch die gelernte Fremdsprachensekretärin erkämpfte sich ihren Weg an die Spitze, es war sicher ein steiniger.

Gruber ist über die Jahre von der Komikerin zur Aktivistin geworden

Aber statt mit Gelassenheit auf die Welt zu schauen, ist ihr Erregungspotenzial erstaunlich hoch. Zuletzt machte sie vor allem durch ihre politischen Aussagen auf sich aufmerksam. Sie schimpfte gegen Corona-Maßnahmen, gendergerechte Sprache und organisierte eine Demo gegen „Heizungsideologie“ in Erding, bei der auch Markus Söder und Hubert Aiwanger sprachen.

Gruber ist über die Jahre von der Komikerin zur Aktivistin geworden. In ihrem Programm „Ohne Worte!“, das sie noch bis zum 8. März spielt, vermengt sie Privates und Politisches, Harmloses und Hetze auf erstaunliche Art und Weise. Sie ist sehr präsent, schnell und laut. Sie nimmt sich selbst gern auf die Schippe, da wird sie einem fast sympathisch. Ihr Bayerisch klingt sympathisch-harmlos, Ton und Inhalt ihrer Botschaft sind es hingegen ganz und gar nicht.

Wenn man eine Meinung habe, die vom vermeintlichen Mainstream abweiche, sei es schnell vorbei mit der Toleranz, herrsche blanker Hass, sagt sie. Dabei repräsentiert sie doch den Mainstream, wie sich in der Halle zeigt, in der ihr alle zujubeln. Mögen ihre Aussagen auch noch so krude sein, sie kann sie auf den großen Bühnen unbehelligt äußern. 

Und Gruber tut das oft erstaunlich beiläufig. Sie erzählt launige Geschichten vom Strand im letzten Kroatien-Urlaub oder von Abenden mit ihren Freundinnen, und dann geht es plötzlich gegen die Grünen, die sie ganz offensichtlich hasst - allen voran Robert Habeck -, gegen gendergerechte Sprache oder Transsexuelle. Und das auf einem erstaunlich enttäuschenden „Ihr seid doof“-Niveau.

Eine Fußmatte gegen gendergerechte Sprache

In ihrem Fanshop und in der Halle kann man für 24,90 Euro eine Fußmatte erwerben mit dem Aufdruck „Genderfreie Zone. Wer gendert, braucht gar ned erst klingeln!“ Drei Euro gehen an die Seniorenhilfe. Na immerhin, das ist doch nett, denkt man noch - und dann sagt sie: „Wir Deutschen neigen dazu, die ganze Welt alimentieren zu wollen, aber unsere eigenen Senioren lassen wir hungern, frieren und Flaschen sammeln.“

Und so geht es munter weiter. Ihr 16 Jahre alter Neffe wisse nicht, wer Goethe, Mozart und Shakespeare waren und den Text der Nationalhymne habe er sicher auch nicht gelernt, aber er wisse, „dass es offiziell in Deutschland 62 Geschlechter gibt“. Den Kindern werde heute in der Schule erzählt, sie könnten sich mit 14 Jahren einfach so den Penis entfernen lassen, ohne Einwilligung der Eltern.

„Das ist Ideologie und hat in den Klassenzimmern unserer Kinder nichts verloren.“ Großer Jubel in der Halle. Dass eine solche Aussage schlicht falsch ist, interessiert hier niemanden. Und dann schiebt sie allen Ernstes hinterher: „Ich bin der toleranteste Mensch der Welt. Bei mir darf jeder alles sein.“ Hört sie sich denn selbst gar nicht zu?

Da ist auch viel Geraune in ihrem Programm

Es sei ja in Ordnung, dass man manche Sachen nicht mehr sagen dürfe, sagt sie an anderer Stelle. Dann heiße es eben nicht mehr Z-Schnitzel, das sie natürlich ausspricht, sondern Schnitzel ohne festen Wohnsitz. Das dürfte selbst manchem Stammtisch zu plump sein. 

Ständig haut Gruber Sätze raus wie „Wir haben zu wenig Menschen, die arbeiten wollen“, „Lehrer ist kein Beruf, sondern eine Diagnose“ und „Einige haben Abitur, andere kommen aus Chorweiler“. Männer mit Dutt und Bart sind „weichgespülte Hipster-Trottel, vorne Alm-Öhi, hinten Fräulein Rottenmeier“. Und Klimaaktivisten, die sich an ein Bild kleben, würde sie gerne mal einen Silvesterböller in den Hintern schieben. Sieht so Dialog aus?

Da ist auch viel Geraune. Etwa wenn sie von den Bauern spricht, deren Beruf hierzulande abgeschafft werden solle, das sei ja offensichtlich politisch so gewollt. Man müsse das Thema nur mal googeln, da erfahre man interessante Dinge.

„Wenn der letzte Landwirt verschwunden ist, fressen wir alle Pressspannplatten aus Tofu, die in einem Chemielabor von einem Lebensmittelkonzern von einem feinen Herrn Bezos oder Herrn Musk oder Herrn Gates zu etwas Schnitzelartigem gepresst wurde“, ruft sie ins Publikum. Das Soja komme aus China, verbrauche Unmengen von Wasser und sei so nachhaltig wie ein rumänisches Braunkohlekraftwerk. Da sind dann die Verschwörungserzähler auch nicht mehr weit.

Doch es gibt auch marginalisierte Gruppen, die sich ihrer Unterstützung sicher sein können - Männer zum Beispiel. „Ich mag keine Pseudo-Feministinnen, die immer per se von toxischer Männlichkeit reden. Das ist Sexismus, wenn man sich selber erhöht, indem man das andere Geschlecht herabwürdigt. Es ist doch super, dass es Männer gibt.“ Und dann fordert sie das Publikum auf, für alle Männer zu applaudieren. Endlich sagt es mal eine.

Sind das wirklich die Themen, die unser wohlstandsverwahrlostes Plem-Plem-Land, wie sie es nennt, beschäftigen sollten? Man hat noch von keinem tapferen Verweigerer gendergerechter Sprache gehört, der von Aktivistinnen und Aktivsten zusammengeschlagen wurde. Trans Menschen zum Beispiel werden hingegen häufig Opfer von Angriffen. Deshalb ist, das, was sie macht, nicht nur eklig, sondern auch gefährlich. „Ich sage das, was ich denke, aber ich denke auch das, was ich sage“, sagt sie am Ende des Abends. Schlimm genug.

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