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WDR Sinfonieorchester mit „Musik der Zeit“Diese Orchesterwerkstatt sollte regelmäßig stattfinden

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Zu sehen ist Johannes Kalitzke bei den Wittener Tagen für Kammermusik im Ruhrgymnasium am 23.04.2016. 

Der Kölner Dirigent Johannes Kalitzke sprang als Juror der Orchesterwerkstatt ein.

Die Orchesterwerkstatt des WDR fördert junge Komponistinnen und Komponisten. Sie stammen aus Polen, Frankreich, Südkorea, Deutschland und Mexiko.

Peng! Gleich zur Eröffnung knallt das Orchester wuchtige Schläge in den Sendesaal. Der Apparat stampft wie ein wütender Troll, gerät dann aber auf Glatteis und aus dem Tritt. Die Akzente zerfallen zu polyrhythmischem Wackeln, die Akkorde zerfließen wachsweich zu Glissandi. Miquel Urquizos „Der Abgrund der Erinnerung“ eröffnete hochenergetisch das Konzert der Orchesterwerkstatt des WDR Sinfonieorchesters.

Die vom Landesmusikrat NRW initiierte Veranstaltung zur Förderung junger Komponistinnen und Komponisten fand seit 2009 zunächst zweimal mit dem Gürzenich Orchester unter Leitung des damaligen GMD Markus Stenz statt. 2013 übernahm das WDR-Sinfonieorchester. Nach Akademien 2015 und 2018 mit Abschlusskonzerten im Konzertsaal der Hochschule für Musik und Tanz Köln fand die Veranstaltung nun erstmalig in der WDR-Reihe „Musik der Zeit“ inklusive Live-Übertragung statt.

WDR Sinfonieorchester mit „Musik der Zeit“

Zunächst nur landesweit gab es diesmal vierzig internationale Bewerbungen. Ausgewählt wurden Stücke von sechs Komponierenden im Alter von Mitte zwanzig bis Anfang dreißig aus Polen, Frankreich, Südkorea, Deutschland und zwei aus Mexiko. Die Jury bildeten WDR-Solocellist Oren Shevlin, WDR-Redakteur Patrick Hahn, Komponistin Brigitta Muntendorf, Flötist André Sebald und der Schweizer Dirigent Baldur Brönnimann. Da letzterer krankheitsbedingt absagte, übernahm kurzfristig Johannes Kalitzke.

Der 1959 in Köln geborene Dirigent und Komponist sah die wichtigste Lektion der Arbeitsphase in der Erkenntnis des Unterschieds von vorgestelltem und erreichtem Klang. Gemeinsam feilte man zwei Tage lang an Notation, Spielbarkeit, Aufführungspraxis, Instrumentation und dynamischer Feinabstimmung. Alle sechs Stücke zeugten von hohem handwerklichem Können und orchestraler Fantasie. Der mit reichlich Schlagwerk großbesetzte Apparat durfte blühen, funkeln, hämmern und aus allen Registern brausen. Doch zumeist klang er, wie man ihn auch sonst schon gehört hat.

So war die Orchesterwerkstatt des WDR

Als Entsprechung zu lichtdurchfluteter Glasmalerei entfaltete Soyoung Kim in „Foramen“ ein Crescendo an Stärken, Farben, Bewegungen. Żaneta Rydzewska gestaltete „Frost“ als eisige Landschaft mit klirrenden Flageoletts, kaltem Rauschen, sirrenden Mehrklängen und über dunklen Eisflächen-Bässen verwehten Streicher-Flocken. Der 1998 in Witten geborene Marc L. Vogler ließ in „Monotono“ denselben Zentralton nicht eintönig, sondern höchst vielseitig verschiedene Rhythmen, Farben und Kräfte entfalten, vom leisen Singen bis zu ekstatischem Trommeln und Rasen.

Insgesamt zeigten die Auswahlwerke vor allem Klangfarbenvielfalt und dezente Programmatik. Keine Rolle spielten dagegen Material- und Formexperimente sowie alternative Umgangsweisen mit dem großen Kollektiv jenseits der Autoritäten Partitur und Dirigent. Orchester kann noch viel mehr, es muss nur erdacht und gemacht werden. Das WDR Sinfonieorchester sollte seine Werkstatt daher unbedingt regelmäßig durchführen.