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„Rolling Stone“ mit neuer BestenlisteWer die Beatles vom Thron stürzt

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Titelblatt des deutschen „Rolling Stone“ 

New York – Der „Rolling Stone“ wird oft als Fachblatt alternder Rockisten verspottet, das sich hauptamtlich mit der Verehrung von Bob Dylan und Bruce Springsteen beschäftigt. Als die Musikzeitschrift vor 17 Jahren ihre Liste mit den 500 besten Alben veröffentlichte, bestätigte sie alle Vorurteile: Die Top Ten setzten sich in der Mehrzahl aus Beatles- und Dylan-Platten aus den 60ern zusammen, Marvin Gaye war als einziger Afroamerikaner vertreten, Frauen fehlten völlig.

Nun hat die amerikanische Ausgabe des „Rolling Stone“ eine neue 500er-Liste veröffentlicht. Und die schlägt, man kann hier nur seinen Hut ziehen, einen radikal neuen Kanon vor: „Sgt. Pepper’s“, die ehemalige Nummer Eins, ist auf den 24. Rang abgerutscht, an Stelle des Beatles-Albums führt jetzt Marvin Gayes „What’s Going On“ die Bestenliste an. Einzig „Pet Sounds“, das Meisterwerk der Beach Boys, ist auf Platz 2 verblieben, dann folgen unter anderem Joni Mitchell, Stevie Wonder, Prince und Lauryn Hill auf den ersten zehn Plätzen.

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Sind das nur politische Korrekturen? Ein „Wir haben verstanden“ im Kampf um das aussterbende Print-Publikum? Mag schon sein. Doch es wäre viel schlimmer, ging Kritik nicht mit der Zeit. Es versteht sich fast von selbst, dass Marvin Gayes göttlich gesungenes, aber vor allem hochpolitisches Album uns heute mehr zu sagen hat, als die LSD-Träume der Beatles. Und dass die Missachtung von HipHop und Jazz, von Alben, die nach 1979 oder von Frauen veröffentlicht wurden, schon damals eine hochnotpeinliche Angelegenheit war.

Das Paradox jeden Kanons ist, dass er ewige Werte behauptet, dabei jedoch exakt die seiner Zeit wiedergibt. Aber das ist vielleicht das Beste, was er tun kann.