Frau platzt in Live-SendungRussin demonstriert mit Plakataktion im Staatsfernsehen

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Protestaktion Live-TV 1503

Mit einem Protestplakat hat eine Kriegsgegnerin im russischen Staatsfernsehen für eine Unterbrechung gesorgt.

Moskau – Russlands Präsident Wladmir Putin geht gegen Demonstranten in seinem Land hart vor. Verhindern kann er den Protest offenbar dennoch nicht, wie die Aktion einer russischen Frau am Montagabend vor laufender Kamera beweist.

Bilder auf Twitter zeigen die Protestaktion: Mitten während Russlands Hauptnachrichtensendung „Wremja“ des einflussreichen Fernsehsenders Perwy Kanal taucht die Frau plötzlich hinter der Moderatorin auf, in den Händen hält sie ein großes Plakat. Darauf steht die Botschaft: „Stoppt den Krieg. Glaubt der Propaganda nicht. Hier werdet ihr belogen“.

Zudem macht sie mit lauten Rufen ihrem Unmut gegen die russische Militäroffensive in der Ukraine Luft. „Stoppt den Krieg!“, ruft die Russin, anschließend wird die Live-Übertragung abgebrochen, es erscheint ein Bericht über Krankenhäuser.

Alles zum Thema Wolodymyr Selenskyj

Moskau verurteile am Dienstagmittag (15. März) die Protestaktion. „Was dieses Mädchen angeht, das ist Rowdytum“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Dienstag der Agentur Interfax zufolge. Der Fernsehsender müsse die Angelegenheit regeln, es sei nicht Aufgabe des Kreml. 

Protestierender drohen bis zu 15 Jahre Haft

Bei der Protestierenden handelt es sich um Marina Owsjannikowa, einer Mitarbeiterin des Senders. Sie sei den Angaben nach festgenommen worden, nun drohen ihr womöglich weitreichende Konsequenzen. Der Sender kündigte umgehend eine „interne Untersuchung“ des „Vorfalls“ an.

Laut der Nachrichtenagentur Tass könnte die junge Frau wegen „Diskreditierung des Einsatzes der russischen Streitkräfte“ strafrechtlich verfolgt werden. Das russische Parlament hatte vor kurzem ein Gesetz verabschiedet, das bis zu 15 Jahre Haft für die Verbreitung von „Falschnachrichten“ über das Militär vorsieht. Damit wurde auch die Bezeichnung des russischen Militäreinsatzes als „Krieg“ unter Strafe gestellt.

Demonstrantin hat russische Mutter und ukrainischen Vater

In einem zuvor aufgezeichneten Video, das von OVD-Info veröffentlicht wurde, erklärte die Demonstrantin, dass ihr Vater Ukrainer und ihre Mutter Russin sei. Deshalb ertrage sie es nicht, die beiden Länder verfeindet zu sehen.

„Leider habe ich in den vergangenen Jahren für Perwy Kanal gearbeitet und Propaganda für den Kreml gemacht. Dafür schäme ich mich heute sehr“, sagte sie. Ein Video des Vorfalls verbreitete sich schnell in den Online-Netzwerken. Zahlreiche Internetnutzer lobten den „außergewöhnlichen Mut“ der Frau.

Netz lobt Frau für ihren Mut – Selenskyj meldet sich zu Wort

Lobende Worte gab es aber auch von ganz anderer Seite. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erwähnte in einer Ansprache in der Nacht von Montag auf Dienstag die Frau als lobendes Beispiel für jene Russen, die „die nicht aufhören, die Wahrheit zu sagen“.

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In Russland sind seit Ausbruch des Krieges bereits hunderte Demonstrantinnen und Demonstranten festgenommen worden. Die russische NGO OVD-Info meldete, dass bei Antikriegsprotesten bisher 745 Menschen (Stand 13. Märzfestgenommen worden sind – vor allem in Moskau und Petersburg. Unabhängig überprüfen lassen sich diese Angaben nicht. (mit dpa)

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