Die französische Elektropop-Sängerin Oklou ist der Star der Stunde. Jetzt gab sie ihr erstes Köln-Konzert in der Live Music Hall.
Sängerin OklouAuf allen Jahresbestenlisten – und jetzt live in Köln

Marylou Mayniel alias Oklou im Konzert
Copyright: IMAGO/Martin Müller
Ein Keyboard-Akkord verhallt in Dauerschleife, eine Trompete spielt darüber eine Melodie, strahlend hell, wie aus einem Konzert von Johann Sebastian Bach. Hinter einem weißen Tuch wandert ein Lichtlein, bis Marylou Mayniel aus dem Laken hervorlugt. Sie trägt eine Stirnlampe, die jetzt direkt ins Publikum leuchtet. Man sieht, wie sie sich auf den Rand des langen Tisches setzt, an dessen einem Ende ein einsamer Musiker Klangdaten abruft, aber ihr Gesicht wird vom Schein verschluckt.
Sie vokalisiert, in der hohen Lage singend, die Trompeten-Melodie, dann löst sich der begleitende Akkord ins elektronische Ungefähr auf, in kurze, schmatzende Impulse. Die Französin greift zur Bassflöte. An die hat sie ein Leselicht geklemmt und in dessen Licht kann man jetzt endlich auch ihr Gesicht betrachten, sonst bleibt es heimelig-düster in der ausverkauften Live Music Hall. Ein einfacher Effekt, aber er vermittelt sehr effektiv das Märchenhafte der Musik, die Mayniel unter dem Künstlernamen Oklou veröffentlicht, man spricht ihn übrigens „Okay-Lou“ aus.
Schüchterne Meisterschaft
Schon vor zehn Jahren hatte Oklou ihre erste EP, vor fünf Jahren, pünktlich zur Pandemie ihr erstes Mixtape veröffentlicht, das eigentlich ein Debütalbum war. Es reichte nur zum gut gehüteten Geheimtipp, zu Remix-Aufträgen von Caroline Polachek und Dua Lipa. Der lange Anlauf erklärt die schüchterne Meisterschaft ihres tatsächlichen Debüts „Choke Enough“. Das erschien im Februar dieses Jahres, kurz vor der Geburt ihres ersten Kindes, weshalb die Tour zum Album nun mit einiger Verspätung stattfindet. Diesmal allerdings ist das Timing perfekt: In den vergangenen Tagen tauchte „Choke Enough“ auf den vorderen Plätzen etlicher Jahresbestlisten auf – von der altehrwürdigen „New York Times“ bis zum Auskenner-Magazin „Pitchfork“ – und Billie Eilish erklärte gegenüber der britischen „Vogue“ Oklou sei die erste Künstlerin seit Langem, die sie wirklich begeistere.
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Diese Begeisterung lässt sich in der Ehrenfelder Halle leicht nachvollziehen. Die 32-Jährige veranstaltet ein reizvolles Weg-Da-Spiel mit ihrem Publikum, verschwindet mal fast völlig im Dunkel, taucht mit einem entzückenden Kompliment an die Fans wieder auf – „Ihr seid ja richtig synchron“, lobt sie nach einem spontanen Handylampenschwenken der Menge, „ihr seid süß, so süß wie mein Baby!“ Woraufhin sie ein weiteres verträumtes Wiegenlied für Menschen, die auf der Schwelle zum Erwachsenenleben noch zögerlich kippeln, singt. Zum Titelstück trägt sie eine verspiegelte Tarnkappe, die den auf sie gerichteten Scheinwerferspot in tausend Sternchen bricht. Aber jetzt zieht das Tempo an und Oklou tanzt zu grellweißem Stroboskoplicht auf dem Tisch, singt mit Autotune-verzerrter Stimme davon, das Gaspedal ganz durchtreten zu wollen, einen Unfall produzierend, nur um sich ein wenig lebendiger zu fühlen.
Man fühlt sich in diesem Moment jedoch sehr gut aufgehoben und überhaupt ist Marylou Mayniel auf ihre zurückhaltende Art eine Expertin des Spannungsaufbaus zwischen entgegengesetzten Polen: Ihre Lieder schmecken nach der künstlichen Süße des Hyperpop, jenes Mikrogenres, das die ungleich extrovertiertere Charli XCX im vergangenen Jahr mit ihrem „Brat“-Welterfolg mit einiger Verspätung in den Mainstream überführte. Oklous Sounds blubbern wie unter Wasser getaucht. Aber gleichzeitig sind ihre Tracks von großer kompositorischer Klarheit – man hört ihnen die Konservatoriumsausbildung der Musikerin an – und ihre Tonfolgen klingen manchmal eher nach Barockschloss als nach Techno-Club.
Aber das Neue ist ja immer nur eine Variante der Vergangenheit, da muss man sich nur einmal Oklous „Tiny Desk Concert“ auf Youtube anschauen, mit klassischem Chor und Vibrafon. Oder die Kölner Zugabe, für die sie und ihr Mitstreiter zu akustischen Gitarren greifen, ohne dass die Musik weniger nach süßen Zukunftsträumen klingen würde.

