Kann Trumps „Friedensplan“ wirklich ein Ende des Krieges in der Ukraine bringen? Das wollte Caren Miosga von ihren Gästen wissen.
Debatte bei „Caren Miosga“Militärexpertin zerlegt Trumps „Friedensplan“ – Laschet kritisiert Skeptiker

Militärexpertin Claudia Major hält wenig von dem von der US-Regierung vorgelegten Friedensplan für die Ukraine. (Bild: ARD/Thomas Ernst)
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US-Präsident Donald Trump hat einen Friedensplan für die Ukraine vorgelegt. Doch der Inhalt führte bereits zu Spekulationen über einen möglichen russischen Einfluss auf das Papier. Seit Sonntag verhandeln Unterhändler aus den USA und Europa in Genf über den Plan. Europa hatte zuvor einige Punkte verändert. Die europäischen Verhandlungsteilnehmer lehnen zum Beispiel Gebietsabtretungen durch die Ukraine ab. US-Außenminister Marco Rubio lobt die Aussprache, sagt aber nichts Substanzielles zu den europäischen Ideen. Kann der Plan wirklich den Frieden für die Ukraine bringen? Caren Miosga hat das Thema ihrer Talkshow kurzfristig geändert und diskutiert am Sonntagabend im Ersten mit ihren Gästen darüber.
„Jeder in der Ukraine weiß, dass es früher oder später schmerzhafte Zugeständnisse am Russland geben wird“, sagt Kriegsberichterstatter Paul Ronzheimer von der „Bild“-Zeitung. „Eines ist klar: Wir erleben seit Monaten, wenn nicht seit Jahren, dass die Russen zwar nicht schnell vorankommen, aber langsam Territorium gewinnen.“ Nun sei die Frage, was verhandelbar sei und was nicht. Für Wolodymyr Selenskyj gehe es um alles: um seine eigene politische Zukunft, möglicherweise gar um sein Leben, so Ronzheimer. Außerdem sei der ukrainische Präsident politisch angeschlagen, nachdem in seiner Regierung ein Korruptionsskandal aufgedeckt worden sei. Schließlich sei auch die Gesellschaft in der Ukraine gespalten: Es gebe Menschen, die weiterkämpfen wollen, jedoch mache sich auch Kriegsmüdigkeit breit.
Ronzheimer: Plan ist „alles, was Putin möchte“
Unklar sei, ob es für den Plan eine russische Vorlage gegeben habe, sagt Claudia Major. „Für uns Europäer ist es auch relativ egal, weil sich die Europäer dazu verhalten müssen. Denn in diesem Plan geht es nicht nur um die Ukraine, sondern es geht auch um Europa.“ Den US-Vorstoß will die Militärexpertin eigentlich gar nicht einen „Plan“ nennen, denn das Dokument sei „wirklich schlampig formuliert und nicht durchdacht“. Doch, wie man es auch nennt: Viele der Punkte „betreffen Europa direkt“. So gebe es Elemente, die Russland eine Mitsprache an den europäischen Sicherheitsregeln geben würden. „Da steht zum Beispiel, dass die NATO keine neuen Mitglieder aufnehmen darf“, erläutert Major.

Caren Miosga (zweite von links) diskutierte mit ihren Gästen über die Chancen auf ein Endes des russischen Angriffskriegs in der Ukraine. (Bild: ARD/Thomas Ernst)
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In der Ukraine gehe man davon aus, dass der Plan in Russland geschrieben worden sei, sagt Ronzheimer, der sich noch vor kurzem in dem Kriegsland aufgehalten hat. Die Details darin seien „alles, was der russische Präsident Wladimir Putin möchte, wohin Russland immer wollte“.
Dem CDU-Außenpolitiker und ehemaligen Kanzlerkandidaten Armin Laschet ist es ein Anliegen, Bundeskanzler Friedrich Merz in ein positives Licht zu rücken. „Ich finde es gut, dass es auch dem Bundeskanzler, der am Freitag der Einzige war, der vor dem G-20-Gipfel in Südafrika mit Donald Trump sprechen konnte, gelungen ist, die Europäer wieder zusammenzuführen, verhandlungsfähig zu machen, in Genf gemeinsam aufzutreten“, sagt er.
Major: Trumps Plan „atmet immer noch den russischen Willen“
Der Plan, so dessen Kritiker, enthalte weitreichende Zugeständnisse an Russland, aber nur vage Sicherheitsgarantien für die Ukraine. So darf sich die NATO laut dem Papier nicht erweitern, die ukrainische Armee soll auf 600.000 Soldaten begrenzt werden. Außerdem soll Russland langsam wieder in die Weltwirtschaft integriert werden sowie sich einen erheblichen Teil des ukrainischen Staates einverleiben dürfen. Neben den Gebieten, die bereits von Moskau kontrolliert werden, soll die Ukraine auch Gebiete abtreten, die noch nicht besetzt worden sind. „Das bedeutet generell, dass eine Grenzverschiebung durch einen Krieg gerechtfertigt wird“, analysiert Claudia Major.

Caren Miosga endete kurzfristig das Thema ihrer Sendung am Sonntag. (Bild: ARD/Thomas Ernst)
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Russland versuche, „auf diplomatischem Weg das zu bekommen, was sie militärisch nicht erreichen konnten. Das würde Russland in eine deutlich bessere Position bringen für mögliche spätere Angriffe Richtung Charkiw und andere ukrainische Gebiete.“ Das Dokument atme letztlich immer noch den russischen Willen, die Ukraine zu kontrollieren - inklusive eines zunehmenden Einflusses auf Europa.
Armin Laschet ist weit optimistischer. Der Vertrag sei eine Grundlage für einen kommenden Frieden in der Ukraine, bekundet er. „Immerhin: Man redet ja darüber.“ Es gebe den Vertrag und „noch ein paar Bemerkungen, wie wir es anders formulieren“, glaubt der Politiker.
Europa fehlen die Druckmittel
Paul Ronzheimer greift ein: „Nicht nur ein paar“, sagt er. Laschet lenkt ein: „Viele substanzielle Punkte.“ Ronzheimer erklärt, die Europäer seien zum Beispiel gegen die russische Besetzung des Donbas. „Sie sagen, da machen wir nicht mit.“ Auch Claudia Major spricht von „himmelweiten Unterschieden“ zwischen dem Originaldokument und jenem, das die europäischen Forderungen einschließt.

„Bild“-Journalist Paul Ronzheimer sieht in Trumps Plan keinen wirklichen Friedensanreiz. (Bild: ARD/Thomas Ernst)
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Überraschend sei, dass man überhaupt über Verhandlungen mit Europa spreche, findet Ronzheimer. „In Wahrheit hat Europa kein einziges Druckmittel“, sagt der Journalist. „Wir tun auf der einen Seite so, als würden wir die Ukraine wahnsinnig unterstützen, was wir monetär vor allem tun, aber nicht mit allem was wir haben.“ So seien bestimmte Waffen nicht geliefert worden und russisches Öl komme weiter nach Europa. „Dinge, bei denen man noch härter hätte sein können, sind nicht passiert. Gleichzeitig sagt man dann bei diesem Plan, dass sei alles ganz schlimm, was Trump tut. Wir müssen uns mal entscheiden, was wir eigentlich wollen. Wenn wir wirklich Einfluss nehmen wollen, müssen wir ganz anders agieren.“
Laschet stimmt zu: „Das liegt an dem Habitus der Europäischen Union. Wir reden ja auch nicht mit Russland. Die Amerikaner reden, kommen mit Ergebnissen, und wenn wir eine Idee haben, sagen wir die den Amerikanern, damit die die möglicherweise einbringen. Wir sind selbst kein aktiver Akteur, sondern haben bestenfalls einen Kenntnisstatus in Brüssel. Aber es ist keine Strategie da, die bei einigen Punkten agiert.“
„So werden wir nicht weiterkommen“: Laschet kritisiert Skeptiker
Deutschland hätte allerdings auch in Vorleistung gehen und Friedensvorschläge machen können, so Claudia Major. Gleichzeitig fehlten der EU die Mittel. Man habe sich zum Beispiel entschieden, die eingefrorenen russischen Vermögenswerte nicht freizugeben. „Jetzt rächt sich, dass die Europäer gerade im militärischen Bereich nicht investiert haben.“ Die russische Strategie sei, mit Verhandlungen das zu erreichen, was militärisch unmöglich wäre. Gleichzeitig beobachte man in Moskau, wie sich die USA und Europa zerstreiten. Für Russland sei das eine Win-Win-Situation, und aus Moskau seien noch keine Signale gekommen, dass man den Vertrag unterschreiben wolle.
„Ich bin sehr skeptisch“, sagt auch Ronzheimer. Russland werde einen solchen Vertrag nicht unterschreiben, vor allem dann nicht, wenn sich Europa durchsetze und sich Russland nicht die schon im Sommer geforderten Gebiete in der Ukraine einverleiben könne. „Ich glaube nicht, dass es aus russischer Sicht ein interessanter Vorschlag ist“, fügt Claudia Major hinzu. „Aus russischer Perspektive gibt es keinen Grund, den Krieg zu beenden.“
Laschet kritisiert Majors und Ronzheimers Pessimismus: „Jetzt schon, beim Erarbeiten des Plans, davon auszugehen, dass es die Russen eh nicht machen, so werden wir keinen Millimeter weiterkommen“, sagt er. Wichtig sei, dass man jetzt verhandelt und die Amerikaner bei der Stange hält. Jede Chance müsse genutzt werden, um diesen Krieg zu beenden.
Ob mit dem Plan von US-Präsident Trump der Krieg in der Ukraine wirklich beendet werden kann, ist weiter fraglich. Zwar hat Kremlchef Putin Bereitschaft signalisiert, Gespräche auf Grundlage des US-Vorstoßes zu führen, doch vergleichbare Bemühungen sind schon in der Vergangenheit ergebnislos versandet. (tsch)

