Der neueste Tatort „Königinnen“ wagt sich tief ins bayerische Landleben hinein. Der Krimi thematisiert auch verschiedene Formen des Sexismus.
So wird der TatortWas weiß die Weißwurstkönigin von #MeToo?

Josef Gehrling (Wolfgang Fierek) und die bayrischen Königinnen
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Es wird es wieder ländlich im Tatort. Für die neueste Folge, die wie gewohnt am 28.10. um 22 Uhr in der ARD ausgestrahlt wird, begeben sich die beiden Münchener Kommissare Ivo Batic (Miroslav Nemec) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) zum Treffen der Produktköniginnen. Diese vertreten ihr Heimatdorf und eines ihrer landwirtschaftlichen Erzeugnisse, die sie auf dem Gipfeltreffen ordentlich bewerben, auch mit sich selbst. Sie tragen Krönchen, Kleider, Schärpen, die Karpfenkönigin kommt sogar mit einem Fischzepter. Und natürlich sind sie dabei ständig Männerblicken ausgesetzt, wenn es denn bei Blicken bleibt. Im Patriarchat ist man nur dem Namen nach Königin.
Der Grund für den Polizeibesuch ist der lebensbedrohlich verletzte Präsident des Bavaria-Bundes, Josef Gehrling (Wolfgang Fierek). Der entscheidet als Juror mit, welche der Königinnen am Ende in einem prestigeträchtigen Kalender landen. Erwischt hat ihn ein Bolzenschussgerät, mit dem man normalerweise Rinder für die Schlachtung betäubt, doch zum Verdruss des Pathologen ist er nicht tot und kann deswegen noch nicht fachgerecht untersucht werden. Viele Ergebnisse gibt es nicht, nur Folgendes: Eine tote Biene lag neben ihm, hatte ihm in die Hand gestochen, und als Allergiker war das an und für sich bereits ein großes Risiko für ihn.
Batic und Leitmayr gehen von München aufs Land
Die Ermittler bekommen dabei unerwartete Unterstützung von der Nördlinger Zwiebelkönigin Annelie (Daria Vivien Wolf), die als Polizeischülerin direkt bei der Ermittlung helfen möchte. Und wie sich herausstellt, war Gehrling ein #MeToo-Fall. Während Sylvia (Veronica Ferres), die nach Gehrlings Ausscheiden alleine für die Ausrichtung der Veranstaltung verantwortlich zeichnet, das abwimmeln will (die rote Linie werde ja ohnehin dauernd verschoben), berichten verschiedene Personen von Übergriffen auf die jungen Königinnen. Auch die bayerische Weißwurstkönigin Sina (Bernadette Leopold), die Kemptener Honigkönigin Toni (Lilly Wiedemann) und die Aichacher Spargelkönigin Luise (Phenix Kühnert) können etwas darüber erzählen, sind aber gegenüber den Ermittlern eher abweisend. Besonders die Weißwurstkönigin scheint etwas zu wissen, denn sie - wie die Zuschauer schon in der Eingangsszene des Krimis erfahren - war zur Tatzeit am Tatort.
Fazit zum Tatort der Königinnen
Großstadtbürger in die Welt der Landwirtschaft stolpern zu sehen, ist immer wieder interessant. Wenn selbst für die Münchener Ermittler der Besuch ins Land der bayrischen Königinnen wie eine kleine ethnografische Studie daherkommt, wie viel befremdlicher ist er dann für Zuschauer aus den nördlicheren Teilen Deutschlands.
Bekannt dürfte einem aber mittlerweile der Sexismus sein, den der Fall zum Hauptthema hat und in vielen seiner Formen zeigt. Das versucht er, ohne allzu großes Bayernbashing zu betreiben, ein Dorf zeigt sich sogar offen für queere Positionen. Trotzdem wird das Schaulaufen an und für sich als ein Ereignis deutlich, dass völlig für den männlichen Blick lebt. Die Kameraführung setzt das immer wieder geschickt um, lässt auch sexistische Übergriffe im Hintergrund geschehen, die man fast übersehen könnte, holt sie dann später stärker in den Vordergrund.
So ein Krimi kann eigentlich nur mit starken weiblichen Figuren funktionieren, die auch unter sich darüber verhandeln, was eigentlich Sexismus ist. Das gelingt im Tatort „Königinnen“ gut, indem sie immer wieder als Siegerinnen aus Szenen hervorgehen, ohne die Übergriffe zu leugnen, denen sie ausgesetzt sind. Die Krimi-Elemente schwächeln dabei eher, wenn sich etwa ein finaler Twist zu früh ankündigt. So leidet zwar die Spannung etwas, aber alles in allem ist am Sonntagabend ein unterhaltsamer Gesellschaftskrimi zu sehen.