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Taschen VerlagWas Sie über Christos Wunderwerke noch nicht wussten

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Der Triumphbogen wird verhüllt

Köln – Wie bei Eisbergen sieht man von den Werken der Verpackungskünstler Christo und Jeanne-Claude immer nur die Spitzen. Es sind grandiose Spitzen, immerhin, der verhüllte Reichstag, eine gerahmte Insel, ein Vorhang für ein Tal, aber was an Arbeit unter der schillernden Oberfläche liegt, sieht man ihnen niemals an. Dabei gehörten die oft Jahrzehnte währenden Vorbereitungen, die harte Überzeugungsarbeit und insbesondere die öffentlichen Diskussionen für die Künstler zum vollendeten Werk dazu.

Öffentlicher Streit gehörte für Christo und Jeanne-Claude zur Kunst dazu

Vor der Verhüllung des Berliner Reichstags debattierte der Deutsche Bundestag über das Projekt wie über einen nationalen Notstand und verlieh der Kunst damit eine Bedeutung, die sie sonst nur in längst verblichenen Utopien hatte. Die Sinnfrage wurde so lange hin und her gewendet, bis sie sich in einem Volksfest für Millionen auflöste.

Den Pariser Triumphbogen wollten Christo und Jeanne-Claude bereits seit dem Jahr 1961 verhüllen, die beiden hatten früh eine in der Land Art ungewöhnliche Vorliebe für moderne Wahrzeichen und überlaufene touristische Attraktionen entwickelt. Außerdem war Paris ihrer Heimatstadt, und hier hatten sie 1961 erstmals für größeres Aufsehen gesorgt, als sie eine Straße in Paris mit Ölfässern blockierten, um gegen den Bau der Berliner Mauer zu protestieren. Insofern wirkt es wie eine Fügung des Schicksals, dass der verhüllte Triumphbogen ihr Vermächtnis wurde – wenn auch nur posthum.

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Jeanne-Claude war im Jahr 2009 gestorben, Christo folgte ihr im Mai 2020, als die Planungen für Paris bereits sehr weit fortgeschritten waren – vollendet wurden sie unter der Regie von Christos Neffen Vladimir Yavachev. Zwischen dem 18. September und dem 3. Oktober 2021 besuchten sechs Millionen Menschen das in 25 000 Quadratmetern silbrig-blaues Polypropylengewebe und 3000 Meter rotes Seil gehüllte Nationaldenkmal. Es war, wie immer bei Christo und Jeanne-Claude, ein umstrittenes Spektakel, das hinterher niemand mehr missen wollte.

Zu diesem Spektakel gibt es jetzt einen angemessen opulenten, dreisprachigen Bildband des Kölner Taschen-Verlags, mit einführenden Beiträgen zu Leben und Werk des Künstlerpaars und großformatigen Abbildungen, von denen die allermeisten vom deutschen Fotografen Wolfgang Volz stammen. Volz arbeitete seit 1971 immer wieder mit den Künstlern zusammen, beim Verhüllten Reichstag in Berlin gehörte er zur Projektleitung. Für „Christo and Jeanne-Claude. L‘Arc de Triomphe, Wrapped, Paris“ lieferte er nun einerseits fantastische Postkartenmotive (der Triumphbogen in allen Farben des Tageslichts), aber auch Dutzende Aufnahmen aus der Vorbereitungszeit.

Zum Buch und zur Signaturstunde

Wolfgang Volz signiert das besprochene Buch am Donnerstag, 3. November, zwischen 17 und 19 Uhr im Kölner Taschen Store am Neumarkt 3.

„Christo and Jeanne-Claude. L‘Arc de Triomphe, Wrapped, Paris“, Taschen Verlag, dreisprachig, als limitierte Sammlerausgabe für 350 Euro erhältlich oder als „Volksausgabe“ für 25 Euro.

Der Taschen-Band ist also eine Dokumentation des gesamten Werks, nicht nur der Eisbergspitze. Unter die Oberfläche führen Aufnahmen in Fabriken und Ateliers, auf Baustellen und in Konferenzräumen, in denen stets ein engagierter Christo der Mittelpunkt des Geschehens ist. Selbstredend fehlt diesen Fotografien die Aura des fertiggestellten Werks, aber sie entzaubern dieses mitnichten. Ganz im Gegenteil: Erst mit ihnen wird die Weltwunderfabrik von Christo und Jeanne-Claude zu dem, was sie im Innersten zusammenhält.