Kristin Hersh gründete die Throwing Muses schon Anfang der 1980er. Im Gebäude 9 klang sie so drängend wie eh und je.
Throwing Muses in KölnKristin Hersh ist eine fast vergessene Rock-Ikone

Kristin Hersh von den Throwing Muses im Gebäude 9
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Da wehte der Hauch der Geschichte auf der Bühne des Gebäude 9: Kristin Hersh hat ihre Band Throwing Muses zusammen mit ihrer besten Freundin und Stiefschwester Tanya Donelly Anfang der 1980er Jahre in Rhode Island gegründet, zwei verkorkste Teenager, die schon bald eine treue Gemeinde anderer verkorkster Teenager um sich versammelten.
Nach einem schweren Autounfall begann Hersh überall seltsame Summtöne zu hören, sie nannte sie „Klanggespenster“ und übersetzte ihre auditiven Halluzinationen in Songs. Etwas Spukhaftes durchweht ihre Lieder bis heute, vielleicht ist es auch das Appalachen Erbe ihre Eltern, die aus Tennessee an die Ostküste gezogen waren – in Köln glaubt man es in ihrer faszinierend gealterten, kehlig-dröhnenden Stimme zu erkennen.
Die Throwing Muses hätten so groß werden können wie Nirvana
Die Mittachtziger waren die Säuglingsjahre des Indie-Rocks, die Throwing Muses zogen nach Boston, unterschrieben als erster US-Act bei der geschmackssicheren britischen Plattenfirma 4AD, brachten im Gegenzug die Pixies im Vorprogramm nach Europa. So groß wie die Labelkollegen oder, wer weiß, wie kurz darauf Nirvana, hätte Hershs Formation auch werden können, aber als weiblich geführte Band standen die Throwing Muses eben noch vor ganz anderen Hürden. Für Hersh kam noch eine frühe Schwangerschaft und mentale Probleme dazu. Und die Weigerung, ihre Kunst im Sinne der Marketingabteilung zu kompromittieren.
Alles, was diese ausmacht – die eher ungewöhnlichen Songstrukturen und Akkordfolgen, Hershs schroffe Gitarrenarbeit, ihre kryptisch-lakonischen, düster funkelnden Lyrics – spricht auch gegen die Zustimmung des Mainstreams. Das Publikum im Gebäude 9 darf die Früchte dieser Zurückweisung ernten.
Mit Pete Harvey am Cello, ihrem Partner (und Ex-Throwing-Muses-Bassisten) Fred Abong am Schlagzeug, und Dylan O'Connell, einem ihrer vier Söhne am Bass, spielt Hersh ein prallgefülltes Set aus den drei letzten Throwing-Muses-Alben und eingesprenkselten Hits und Obskuritäten – freilich unter Umgehung der popaffineren Singles.
Klassiker anno 1989 reihen sich nahtlos ins aktuelle Werk ein, ein Qualitätsabfall ist nicht zu spüren, die Show wirkt wie eine einzige, soghafte Beschwörung und nach anderthalb Stunden vermeint man selbst Klanggespenster zu hören, ein Sound aus alten Zeiten, so drängend wie eh und je.