„Viva Frida Kahlo“ soll uns die Künstlerin in einer Kölner Lagerhalle so nahe bringen wie nur möglich - das gelingt nur teilweise.
„Viva Frida Kahlo“ in KölnSchmerzensfrau mit spanischem Akzent

Blick in das Rundkino von „Viva Frida Kahlo“ in Köln
Copyright: Lukas Schulze
„Ich habe Schmerz in Schönheit verwandelt“, schrieb Frida Kahlo in ihr Tagebuch, und wer wollte der heute weltberühmten Malerin widersprechen? Als Kind erkrankte sie an Kinderlähmung, als junge Frau wurde sie bei einem Busunglück so schwer verletzt, dass sie die Folgen ihr Leben lang begleiteten und quälten. Immer wieder malte sie sich als stoisch erduldende Schmerzensfrau: mit offenem, mit Nägeln gespicktem Leib oder als von Pfeilen durchbohrten Hirsch. Sie war nicht die neue Muttergottes. Aber in ihrer mexikanischen Heimat (und nicht nur dort) wird sie wie eine Heilige verehrt.
Mit der VR-Brille erscheint Frida Kahlo zum Greifen nah
Jetzt soll uns die heroisch Leidende so nahekommen, wie noch nie – in einer „immersiven“ Erfahrungswelt in einer Lagerhalle in Köln-Ehrenfeld. Man soll die Wirklichkeit hinter sich lassen und sich dank VR-Brille und Rundkino-Erlebnis in Frida Kahlos Kunst und Leben verlieren. So lautet das Versprechen des Veranstalters, der am selben Ort und mit ähnlichem Konzept zuletzt 200.000 Besucher in Claude Monets impressionistischen Garten gelockt haben will. Erneut gibt es keine Originale zu sehen. Aber während man sich bei Monet noch fragen konnte, warum die Heerscharen nicht das halbe Geld für eine echte Museums-Experience investieren, gibt es Kahlo-Originale in Köln nicht um die Ecke.
Immerhin hat sich die Alegria Exhibition GmbH für „Viva Frida Kahlo“ die Bildrechte an 130 ihrer 143 Gemälde gesichert – man reist also beinahe durch das gesamte Werk. Auf den ersten Meter stellt sich allerdings eine gewisse Desillusionierung ein: Mit einer Zeitleiste, Kahlo-Zitaten und lebensgroßen Bildanimationen allein lässt sich die triste Lagerhallen-Anmutung schwerlich übertünchen. Im Pappmaché-Nachbau von Kahlos Garten mitsamt aztekischer Pyramide möchte man beinahe wieder kehrt machen – allerdings war auch das Original schon falsch.
Frida Kahlo spricht Deutsch mit spanischem Akzent
Immersiv wird es in einem Kino mit VR-Brillen. Eine zum Greifen nahe Kahlo singt uns ein trauriges Lied, dann sitzen wir unversehens in ihrem Krankenbett und fliegen durch eine aus Motiven ihrer Gemälde animierte Kulissenwelt. Dann schwebt man frei im Raum, zwischen Melonenscheiben in Größe von Planeten, fliegt ins Maul eines Skeletts und landet in einem Überfluss an Mexiko-Klischees. Aber am Ende dieses Schnelldurchlaufs durch einen populären Bilderkosmos denkt man sich doch: Der Aufwand hat sich gelohnt, wenn auch weniger wegen der Kahlo- als der Freizeitpark-Experience.
Das Herzstück des Kunsterlebnisses ist das Rundkino. Umschlossen von Kahlos zum Leben erweckten Bildern lernt man tatsächlich einiges über ihre Kunst, ihre Gedanken und Biografie. Die von Hochleistungsprojektoren angetriebene Animation ist kompetent gemacht, und auch die unter Kunsthistorikern eher verpönte Engführung von Kunst und Leben ergibt bei Frida Kahlo nicht nur Sinn – sie entspricht deren Kunstverständnis.
In Köln führt Kahlo selbst durch ihre Welt, vor allem mit Zitaten aus ihren Tagebüchern. Sie erzählt von ihren Eltern und ihren Verletzungen, vom Glück, in der Malerei ein Medium ihres Leids gefunden zu haben, von der Aufbruchstimmung der Moderne und ihrer Liebe zum Freiheitsmaler Diego Rivera. Ihr Nachleben in der Populärkultur wird ebenfalls, wenn auch kurz thematisiert. Man kommt also keinesfalls dümmer aus diesem Erlebnis heraus. Allein der spanische Akzent, den die Sprecherin der virtuellen Kahlo verleiht – den hat die zu Lebzeiten schon genug geplagte Künstlerin nicht verdient.
„Viva Frida Kahlo“, Alegria Exhibition Hall, Lichtstr. 15, Köln, Mo.-So. 10-21 Uhr, bis 11. Januar 2026. Eingang zur Ausstellung über Vogelsanger Straße/Heliosstraße.