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Enttarnung durch BöhmermannDas ist der rechte YouTuber hinter ‚Clownwelt‘

Lesezeit 4 Minuten
Das Foto zeigt Jan Böhmermann & Das Rundfunk Tanzorchester Ehrenfeld in der Lanxess Arena.

Im ZDF Magazin Royal hat Jan Böhmermann einen rechten Influender enttarnt. Jetzt wird er bedroht.

In der aktuellen Folge ZDF Magazin Royale hat Jan Böhmermann den rechten Influencer ‚Clownie‘ enttarnt. Aber wer ist dieser Mann eigentlich?

Am Freitag hatte Jan Böhmermann in seiner TV-Sendung „ZDF Magazin Royale“ den Betreiber des rechten YouTube-Kanals ‚Clownswelt‘ enttarnt.„Wer im Internet vor 227.000 Abonnent_innen die Wahrheit sagt, ‚Clownswelt‘, der kann doch auch sein Gesicht zeigen. Also, wer steckt hinter der Maske?“, sagte der Wahl-Kölner Jan Böhmermann dazu und machte Klarnamen, Wohnort, Beruf und weitere Informationen, zur Identifizierung des rechten Influencers, der sich bisher hinter einer Kunstfigur namens ‚Clownie‘ versteckt hat, publik.

Unter diesem Alias hetzt der 29-Jährige Marc-Philipp L. seit fast vier Jahren über seine Kanäle ‚Clownswelt‘ und ‚KetzerKirche‘ auf YouTube, Twitch und Telegram gegen Politiker, queere Personen, Frauen oder den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. L. setzt sich dabei auf eine überspitzte, polemische Art mit gesellschaftspolitischen Themen auseinander, oft postet er Reaction-Videos, reagiert also in kurzen Clips auf den Content anderer Kanäle. Er selbst nennt seine Beiträge „Beleidigungen“, sieht sich als „Vorfeld der AfD“.

Der Verfassungsschutz stuft die Partei seit vergangener Woche als gesichert rechtsextrem ein, L. will die AfD, die bei der Bundestagswahl 2025 zweitstärkste Kraft geworden ist, noch erfolgreicher machen. Seine Videos wurden fast 70 Millionen mal aufgerufen.

Immer wieder veröffentlicht L. auf seinen Kanälen Fotos und Namen derer, die er in seinen Videos angeht. Er selbst jedoch blieb bis Freitag anonym. So anonym, dass selbst seine Familie, Freunde und Bandkollegen nichts von den Aktivitäten L.s im Netz gewusst haben. Mitglied der Heavy-Metal-Band „Power Game“ ist L. wohl nicht mehr.  Die Band gab nach der Enttarnung L.s Netz-Pseudonym die Trennung von L. „aufgrund unüberwindlicher persönlicher Differenzen“ auf ihrem Instagram-Account bekannt.

Das Vorgehen von Böhmermann kommt erwartungsgemäß nicht überall gut an; für die AfD und Medien aus dem Spektrum der Neuen Rechten wie Tychis Einblick oder Nius ist Böhmermanns-Enttarnung nur ein Beleg dafür, dass die „zerstörerische Art & Weise, mit der ÖRR-Medien gegen kritische Stimmen vorgehen“ ‚Clownswelt‘ und ähnliche Kanäle unverzichtbar machen. Im Netz kursierten schnell die vermeintliche Kölner Adresse Böhmermanns und die angeblichen Namen seiner Kinder.

‚Clownswelt‘ als Teil des rechten Angerverse

Der Enttarnung des Betreibers von ‚Clownswelt‘ geht eine Recherche Böhmermann und der Wochenzeitung Die Zeit voraus. Diese zählen Marc-Philipp L., wie etwa auch Aron P., der unter dem Namen ‚Shlomo Finkelstein‘ auf YouTube bekannt wurde und zurzeit unter anderem wegen Volksverhetzung eine Haftstrafe verbüßen muss, zum sogenannten ‚Angerverse‘. Damit wird im Netz eine Gruppe radikaler, meist junger Männer bezeichnet, die mit ihren Videos voll Hass und Hetze das Weltbild Jugendlicher prägen wollen. Behörden bemerken von diesen Aktivitäten selten was, auch die Betreiber der Social Media-Plattformen unternehmen kaum etwas gegen die oft als Satire-Kanäle getarnten Accounts. Marc-Philipp L. jedoch war den Behörden bekannt und wurde bereits vom Verfassungsschutz beobachtet.

Die Corona-Pandemie hat Marc-Philipp L. verändert

Der 29-Jährige aus Ostwestfalen soll sich während der Corona-Panemie verändert haben, berichtet Die Zeit und beruft sich dabei auf Bekannte des YouTubers. Er habe mit den Folgen der Pandemie nicht gut umgehen können, heißt es. Immer wieder habe er die Maßnahmen infrage gestellt, angefangen, an der Wissenschaft zu zweifeln.

Nach einem Wechsel des Studiengangs habe er sein Studium an der Universität Osnabrück kurz vor dem Ende abgebrochen.Bekannte wollen nach und nach bemerkt haben, wie sich L.s Einstellungen veränderten und er dabei mehr und mehr auf Verschwörungserzählungen zurückrief.

So habe L. behauptet, dass Trans-Personen krank seien und psychologische Behandlung benötigen würden. Hormone im Leitungswasser würden dazu führen, dass Männer homosexuell werden würden, habe L. geglaubt. Er habe die Einstellung vertreten, dass sich Frauen in Beziehungen um Kinder und Haus zu kümmern hätten oder dass schwarze Menschen und People of Color krimineller seien als weiße Personen.

Bekannte berichten der Zeitung, Marc-Philipp. L. habe sich als sogenannter Alpha-Mann gesehen, Frauen hätten sich ihm unterzuordnen, so L.s Überzeugung. Parallel soll er begonnen haben, online nach Frauen Ausschau zu halten.

Die neuen Ansichten und Einstellungen hatten Folgen, Kommilitonen sollen sich distanziert haben und immer weniger Freunde an seiner Seite geblieben sein. L. habe sich mehr und mehr aus der anologen in die Online-Welt verabschiedet und soll dort in rechte Kreise abgerutscht sein.